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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
gar nicht absehen, wie dieses Schisma (so nannte
man diesen über die päbstliche Würde selbst ent-
standenen Zwist,) je gehoben werden sollte, da selbst
die Nationen nichts weniger als einig waren, wel-
chem von beiden Päbsten sie ihren Beyfall geben,
oder nach damaliger Art zu reden, Obedienz leisten
sollten. So waren natürlich Frankreich und Neapel,
wie auch außerdem noch Spanien und einige Teut-
sche Reichsstände, von der Obedienz Clemens des
VII., auf Urbans des VI. Seite hingegen der Kai-
ser nebst den meisten Teutschen und Italiänischen
Ständen und die Kronen England, Ungarn, Por-
tugall, nebst den Nordischen Reichen.


VI.

Wiclef gab zwar den guten Rath, wenn Ur-
ban mit Tode abgehen würde, an dessen Stelle
keinen andern Pabst wehlen zu laßen, da er glaub-
te, eine jede Nation könne mit ihrer kirchlichen
Einrichtung schon für sich fertig werden, ohne daß
man ein allgemeines sichtbares Oberhaupt der Christ-
lichen Kirche nöthig hätte. Doch dazu schien die
Welt noch nicht reif zu seyn; am wenigsten war
das nach dem Sinn der Cardinäle. So wie also
zu Rom oder Avignon ein Pabst starb, säumte das
dortige Cardinalscollegium nicht, einen andern an
seiner Stelle zu wehlen. Also folgten Urban dem
VI. (+ 1389.) zu Rom nach einander Bonifaz der
IX. (+ 1404.) und Gregor der XII., und zu Avi-
gnon Clemens dem VII. (+ 1394.) Benedict der XIII.


VII.

Endlich beschlossen doch einige weltliche Mächte,
beiden Päbsten ihre bisherige Obedienz aufzukündi-
gen, um zu einer einmüthigen neuen Pabstwahl
schreiten zu können. Benedict erhielt auch schon

eine

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
gar nicht abſehen, wie dieſes Schisma (ſo nannte
man dieſen uͤber die paͤbſtliche Wuͤrde ſelbſt ent-
ſtandenen Zwiſt,) je gehoben werden ſollte, da ſelbſt
die Nationen nichts weniger als einig waren, wel-
chem von beiden Paͤbſten ſie ihren Beyfall geben,
oder nach damaliger Art zu reden, Obedienz leiſten
ſollten. So waren natuͤrlich Frankreich und Neapel,
wie auch außerdem noch Spanien und einige Teut-
ſche Reichsſtaͤnde, von der Obedienz Clemens des
VII., auf Urbans des VI. Seite hingegen der Kai-
ſer nebſt den meiſten Teutſchen und Italiaͤniſchen
Staͤnden und die Kronen England, Ungarn, Por-
tugall, nebſt den Nordiſchen Reichen.


VI.

Wiclef gab zwar den guten Rath, wenn Ur-
ban mit Tode abgehen wuͤrde, an deſſen Stelle
keinen andern Pabſt wehlen zu laßen, da er glaub-
te, eine jede Nation koͤnne mit ihrer kirchlichen
Einrichtung ſchon fuͤr ſich fertig werden, ohne daß
man ein allgemeines ſichtbares Oberhaupt der Chriſt-
lichen Kirche noͤthig haͤtte. Doch dazu ſchien die
Welt noch nicht reif zu ſeyn; am wenigſten war
das nach dem Sinn der Cardinaͤle. So wie alſo
zu Rom oder Avignon ein Pabſt ſtarb, ſaͤumte das
dortige Cardinalscollegium nicht, einen andern an
ſeiner Stelle zu wehlen. Alſo folgten Urban dem
VI. († 1389.) zu Rom nach einander Bonifaz der
IX. († 1404.) und Gregor der XII., und zu Avi-
gnon Clemens dem VII. († 1394.) Benedict der XIII.


VII.

Endlich beſchloſſen doch einige weltliche Maͤchte,
beiden Paͤbſten ihre bisherige Obedienz aufzukuͤndi-
gen, um zu einer einmuͤthigen neuen Pabſtwahl
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[284/0318] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. gar nicht abſehen, wie dieſes Schisma (ſo nannte man dieſen uͤber die paͤbſtliche Wuͤrde ſelbſt ent- ſtandenen Zwiſt,) je gehoben werden ſollte, da ſelbſt die Nationen nichts weniger als einig waren, wel- chem von beiden Paͤbſten ſie ihren Beyfall geben, oder nach damaliger Art zu reden, Obedienz leiſten ſollten. So waren natuͤrlich Frankreich und Neapel, wie auch außerdem noch Spanien und einige Teut- ſche Reichsſtaͤnde, von der Obedienz Clemens des VII., auf Urbans des VI. Seite hingegen der Kai- ſer nebſt den meiſten Teutſchen und Italiaͤniſchen Staͤnden und die Kronen England, Ungarn, Por- tugall, nebſt den Nordiſchen Reichen. Wiclef gab zwar den guten Rath, wenn Ur- ban mit Tode abgehen wuͤrde, an deſſen Stelle keinen andern Pabſt wehlen zu laßen, da er glaub- te, eine jede Nation koͤnne mit ihrer kirchlichen Einrichtung ſchon fuͤr ſich fertig werden, ohne daß man ein allgemeines ſichtbares Oberhaupt der Chriſt- lichen Kirche noͤthig haͤtte. Doch dazu ſchien die Welt noch nicht reif zu ſeyn; am wenigſten war das nach dem Sinn der Cardinaͤle. So wie alſo zu Rom oder Avignon ein Pabſt ſtarb, ſaͤumte das dortige Cardinalscollegium nicht, einen andern an ſeiner Stelle zu wehlen. Alſo folgten Urban dem VI. († 1389.) zu Rom nach einander Bonifaz der IX. († 1404.) und Gregor der XII., und zu Avi- gnon Clemens dem VII. († 1394.) Benedict der XIII. Endlich beſchloſſen doch einige weltliche Maͤchte, beiden Paͤbſten ihre bisherige Obedienz aufzukuͤndi- gen, um zu einer einmuͤthigen neuen Pabſtwahl ſchreiten zu koͤnnen. Benedict erhielt auch ſchon eine

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/318>, abgerufen am 22.11.2024.