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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
den, als damals schon althergebracht, in der gol-
denen Bulle so beschrieben, wie sie noch jetzt bey
der Kaiserkrönung üblich sind. Die geistlichen
Churfürsten sollen das Gebet bey der Tafel ver-
richten, und die Siegel, deren sie sich bey ihren
Erzcanzlersausfertigungen zu bedienen haben, be-
kommen. Der Churfürst von Sachsen, als Erz-
marschall, soll in einen Haufen Haber reiten, und
ein silbernes Maaß voll Haber schöpfen. Der
Churfürst von Brandenburg als Erzkämmerer soll
dem Kaiser, um die Hände zu waschen, ein silbern
Waschbecken nebst einem feinen Handtuche, dar-
reichen. Der Churfürst von der Pfalz soll vier
silberne Schüsseln mit Speisen auf die kaiserliche
Tafel setzen. Der König in Böhmen soll dem
Kaiser einen silbernen Becher mit Wein und Was-
ser zum Trinken reichen.


XVI.

Bey diesen Dienstverrichtungen soll einem jeden
Erzbeamten ein von ihm belehnter Reichserb-
beamter
zur Hand gehen, und dafür das dabey
gebrauchte Pferd und Silbergeschirr zum Geschenke
haben, oder auch in Abwesenheit oder Verhinde-
rung des Churfürsten das Erzamt selbst verrich-
ten. Diese Erbbeamten müßen deswegen auch vom
Herrenstande seyn. Zur Zeit der goldenen Bulle
war schon das freyherrliche jetzt gräfliche Haus
Pappenheim in Besitz des Reichserbmarschallamts,
das es noch jetzt mit vielen Vorzügen in Mit-
besorgung der Polizey und anderen Anstalten in
völliger Uebung hat; wie deswegen bisher noch
bey allen Kaiserwahlen ein Graf von Pappenheim
in Person gegenwärtig gewesen, und beym Reichs-
tage noch immer eine Reichserbmarschallamtscanz-

ley

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
den, als damals ſchon althergebracht, in der gol-
denen Bulle ſo beſchrieben, wie ſie noch jetzt bey
der Kaiſerkroͤnung uͤblich ſind. Die geiſtlichen
Churfuͤrſten ſollen das Gebet bey der Tafel ver-
richten, und die Siegel, deren ſie ſich bey ihren
Erzcanzlersausfertigungen zu bedienen haben, be-
kommen. Der Churfuͤrſt von Sachſen, als Erz-
marſchall, ſoll in einen Haufen Haber reiten, und
ein ſilbernes Maaß voll Haber ſchoͤpfen. Der
Churfuͤrſt von Brandenburg als Erzkaͤmmerer ſoll
dem Kaiſer, um die Haͤnde zu waſchen, ein ſilbern
Waſchbecken nebſt einem feinen Handtuche, dar-
reichen. Der Churfuͤrſt von der Pfalz ſoll vier
ſilberne Schuͤſſeln mit Speiſen auf die kaiſerliche
Tafel ſetzen. Der Koͤnig in Boͤhmen ſoll dem
Kaiſer einen ſilbernen Becher mit Wein und Waſ-
ſer zum Trinken reichen.


XVI.

Bey dieſen Dienſtverrichtungen ſoll einem jeden
Erzbeamten ein von ihm belehnter Reichserb-
beamter
zur Hand gehen, und dafuͤr das dabey
gebrauchte Pferd und Silbergeſchirr zum Geſchenke
haben, oder auch in Abweſenheit oder Verhinde-
rung des Churfuͤrſten das Erzamt ſelbſt verrich-
ten. Dieſe Erbbeamten muͤßen deswegen auch vom
Herrenſtande ſeyn. Zur Zeit der goldenen Bulle
war ſchon das freyherrliche jetzt graͤfliche Haus
Pappenheim in Beſitz des Reichserbmarſchallamts,
das es noch jetzt mit vielen Vorzuͤgen in Mit-
beſorgung der Polizey und anderen Anſtalten in
voͤlliger Uebung hat; wie deswegen bisher noch
bey allen Kaiſerwahlen ein Graf von Pappenheim
in Perſon gegenwaͤrtig geweſen, und beym Reichs-
tage noch immer eine Reichserbmarſchallamtscanz-

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[250/0284] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. den, als damals ſchon althergebracht, in der gol- denen Bulle ſo beſchrieben, wie ſie noch jetzt bey der Kaiſerkroͤnung uͤblich ſind. Die geiſtlichen Churfuͤrſten ſollen das Gebet bey der Tafel ver- richten, und die Siegel, deren ſie ſich bey ihren Erzcanzlersausfertigungen zu bedienen haben, be- kommen. Der Churfuͤrſt von Sachſen, als Erz- marſchall, ſoll in einen Haufen Haber reiten, und ein ſilbernes Maaß voll Haber ſchoͤpfen. Der Churfuͤrſt von Brandenburg als Erzkaͤmmerer ſoll dem Kaiſer, um die Haͤnde zu waſchen, ein ſilbern Waſchbecken nebſt einem feinen Handtuche, dar- reichen. Der Churfuͤrſt von der Pfalz ſoll vier ſilberne Schuͤſſeln mit Speiſen auf die kaiſerliche Tafel ſetzen. Der Koͤnig in Boͤhmen ſoll dem Kaiſer einen ſilbernen Becher mit Wein und Waſ- ſer zum Trinken reichen. Bey dieſen Dienſtverrichtungen ſoll einem jeden Erzbeamten ein von ihm belehnter Reichserb- beamter zur Hand gehen, und dafuͤr das dabey gebrauchte Pferd und Silbergeſchirr zum Geſchenke haben, oder auch in Abweſenheit oder Verhinde- rung des Churfuͤrſten das Erzamt ſelbſt verrich- ten. Dieſe Erbbeamten muͤßen deswegen auch vom Herrenſtande ſeyn. Zur Zeit der goldenen Bulle war ſchon das freyherrliche jetzt graͤfliche Haus Pappenheim in Beſitz des Reichserbmarſchallamts, das es noch jetzt mit vielen Vorzuͤgen in Mit- beſorgung der Polizey und anderen Anſtalten in voͤlliger Uebung hat; wie deswegen bisher noch bey allen Kaiſerwahlen ein Graf von Pappenheim in Perſon gegenwaͤrtig geweſen, und beym Reichs- tage noch immer eine Reichserbmarſchallamtscanz- ley

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/284>, abgerufen am 17.05.2024.