Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

2) Henr. VII. -- Carl IV. 1308-1356.
sen, Brandenburg, so die erste Churverein schlos-
sen. Zufälliger Weise war Böhmen auch in den
nächstfolgenden Churvereinen nicht begriffen, wo-
mit schon frühzeitig der Grund dazu gelegt wur-
de, daß Böhmen endlich beynahe ganz aus dem
Besitze der churfürstlichen Vorrechte kam, und die
nachherigen Reichsgesetze, so oft von würklicher
Ausübung churfürstlicher Vorrechte die Rede ist,
immer nur von sechs Churfürsten sprechen. Viere
derselben, deren Länder meist am Rheine gelegen
sind, oder, wie man sie deswegen zu nennen pflegt,
die Rheinischen Churfürsten, von Mainz, Trier,
Cölln und Pfalz, haben nachher oft noch besondere
Vereine geschlossen, um über solche Gegenstände,
worin sie ein eignes gemeinsames Interesse haben,
einander gemeinschaftlich beyzustehen.

Jene erste Churverein machte gleich damalsVI.
dem ganzen Reiche Muth, daß nach der Rück-
kunft der Churfürsten von Rense zu Frankfurt
(1338. Aug. 8.) ein allgemeiner Reichsschluß ge-
fasset wurde, der die Erklärung enthielt: daß der-
jenige, der von den Churfürsten einmüthig oder
durch Mehrheit der Stimmen dazu erwehlt sey,
bloß vermöge dieser Wahl für den wahren Römi-
schen König und Kaiser zu halten sey, ohne weder
einer päbstlichen oder irgend jemand anders Be-
stätigung oder Einwilligung zu bedürfen; und
daß ein jeder, der sich hierwider etwas zu Schul-
den kommen laße, des Verbrechens der beleidig-
ten Majestät schuldig erklärt werden solle.

Ludewig, vielleicht in zu großer Zuversicht aufVII.
diese von den Churfürsten und vom ganzen Rei-

che

2) Henr. VII. — Carl IV. 1308-1356.
ſen, Brandenburg, ſo die erſte Churverein ſchloſ-
ſen. Zufaͤlliger Weiſe war Boͤhmen auch in den
naͤchſtfolgenden Churvereinen nicht begriffen, wo-
mit ſchon fruͤhzeitig der Grund dazu gelegt wur-
de, daß Boͤhmen endlich beynahe ganz aus dem
Beſitze der churfuͤrſtlichen Vorrechte kam, und die
nachherigen Reichsgeſetze, ſo oft von wuͤrklicher
Ausuͤbung churfuͤrſtlicher Vorrechte die Rede iſt,
immer nur von ſechs Churfuͤrſten ſprechen. Viere
derſelben, deren Laͤnder meiſt am Rheine gelegen
ſind, oder, wie man ſie deswegen zu nennen pflegt,
die Rheiniſchen Churfuͤrſten, von Mainz, Trier,
Coͤlln und Pfalz, haben nachher oft noch beſondere
Vereine geſchloſſen, um uͤber ſolche Gegenſtaͤnde,
worin ſie ein eignes gemeinſames Intereſſe haben,
einander gemeinſchaftlich beyzuſtehen.

Jene erſte Churverein machte gleich damalsVI.
dem ganzen Reiche Muth, daß nach der Ruͤck-
kunft der Churfuͤrſten von Renſe zu Frankfurt
(1338. Aug. 8.) ein allgemeiner Reichsſchluß ge-
faſſet wurde, der die Erklaͤrung enthielt: daß der-
jenige, der von den Churfuͤrſten einmuͤthig oder
durch Mehrheit der Stimmen dazu erwehlt ſey,
bloß vermoͤge dieſer Wahl fuͤr den wahren Roͤmi-
ſchen Koͤnig und Kaiſer zu halten ſey, ohne weder
einer paͤbſtlichen oder irgend jemand anders Be-
ſtaͤtigung oder Einwilligung zu beduͤrfen; und
daß ein jeder, der ſich hierwider etwas zu Schul-
den kommen laße, des Verbrechens der beleidig-
ten Majeſtaͤt ſchuldig erklaͤrt werden ſolle.

Ludewig, vielleicht in zu großer Zuverſicht aufVII.
dieſe von den Churfuͤrſten und vom ganzen Rei-

che
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0269" n="235"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">2) Henr. <hi rendition="#aq">VII.</hi> &#x2014; Carl <hi rendition="#aq">IV.</hi> 1308-1356.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en, Brandenburg, &#x017F;o die er&#x017F;te Churverein &#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e war Bo&#x0364;hmen auch in den<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;tfolgenden Churvereinen nicht begriffen, wo-<lb/>
mit &#x017F;chon fru&#x0364;hzeitig der Grund dazu gelegt wur-<lb/>
de, daß Bo&#x0364;hmen endlich beynahe ganz aus dem<lb/>
Be&#x017F;itze der churfu&#x0364;r&#x017F;tlichen Vorrechte kam, und die<lb/>
nachherigen Reichsge&#x017F;etze, &#x017F;o oft von wu&#x0364;rklicher<lb/>
Ausu&#x0364;bung churfu&#x0364;r&#x017F;tlicher Vorrechte die Rede i&#x017F;t,<lb/>
immer nur von &#x017F;echs Churfu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;prechen. Viere<lb/>
der&#x017F;elben, deren La&#x0364;nder mei&#x017F;t am Rheine gelegen<lb/>
&#x017F;ind, oder, wie man &#x017F;ie deswegen zu nennen pflegt,<lb/>
die <hi rendition="#fr">Rheini&#x017F;chen Churfu&#x0364;r&#x017F;ten,</hi> von Mainz, Trier,<lb/>
Co&#x0364;lln und Pfalz, haben nachher oft noch be&#x017F;ondere<lb/>
Vereine ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, um u&#x0364;ber &#x017F;olche Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde,<lb/>
worin &#x017F;ie ein eignes gemein&#x017F;ames Intere&#x017F;&#x017F;e haben,<lb/>
einander gemein&#x017F;chaftlich beyzu&#x017F;tehen.</p><lb/>
          <p>Jene er&#x017F;te Churverein machte gleich damals<note place="right"><hi rendition="#aq">VI.</hi></note><lb/>
dem ganzen Reiche Muth, daß nach der Ru&#x0364;ck-<lb/>
kunft der Churfu&#x0364;r&#x017F;ten von Ren&#x017F;e zu Frankfurt<lb/>
(1338. Aug. 8.) ein allgemeiner Reichs&#x017F;chluß ge-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;et wurde, der die Erkla&#x0364;rung enthielt: daß der-<lb/>
jenige, der von den Churfu&#x0364;r&#x017F;ten einmu&#x0364;thig oder<lb/>
durch Mehrheit der Stimmen dazu erwehlt &#x017F;ey,<lb/>
bloß vermo&#x0364;ge die&#x017F;er Wahl fu&#x0364;r den wahren Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chen Ko&#x0364;nig und Kai&#x017F;er zu halten &#x017F;ey, ohne weder<lb/>
einer pa&#x0364;b&#x017F;tlichen oder irgend jemand anders Be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tigung oder Einwilligung zu bedu&#x0364;rfen; und<lb/>
daß ein jeder, der &#x017F;ich hierwider etwas zu Schul-<lb/>
den kommen laße, des Verbrechens der beleidig-<lb/>
ten Maje&#x017F;ta&#x0364;t &#x017F;chuldig erkla&#x0364;rt werden &#x017F;olle.</p><lb/>
          <p>Ludewig, vielleicht in zu großer Zuver&#x017F;icht auf<note place="right"><hi rendition="#aq">VII.</hi></note><lb/>
die&#x017F;e von den Churfu&#x0364;r&#x017F;ten und vom ganzen Rei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">che</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0269] 2) Henr. VII. — Carl IV. 1308-1356. ſen, Brandenburg, ſo die erſte Churverein ſchloſ- ſen. Zufaͤlliger Weiſe war Boͤhmen auch in den naͤchſtfolgenden Churvereinen nicht begriffen, wo- mit ſchon fruͤhzeitig der Grund dazu gelegt wur- de, daß Boͤhmen endlich beynahe ganz aus dem Beſitze der churfuͤrſtlichen Vorrechte kam, und die nachherigen Reichsgeſetze, ſo oft von wuͤrklicher Ausuͤbung churfuͤrſtlicher Vorrechte die Rede iſt, immer nur von ſechs Churfuͤrſten ſprechen. Viere derſelben, deren Laͤnder meiſt am Rheine gelegen ſind, oder, wie man ſie deswegen zu nennen pflegt, die Rheiniſchen Churfuͤrſten, von Mainz, Trier, Coͤlln und Pfalz, haben nachher oft noch beſondere Vereine geſchloſſen, um uͤber ſolche Gegenſtaͤnde, worin ſie ein eignes gemeinſames Intereſſe haben, einander gemeinſchaftlich beyzuſtehen. Jene erſte Churverein machte gleich damals dem ganzen Reiche Muth, daß nach der Ruͤck- kunft der Churfuͤrſten von Renſe zu Frankfurt (1338. Aug. 8.) ein allgemeiner Reichsſchluß ge- faſſet wurde, der die Erklaͤrung enthielt: daß der- jenige, der von den Churfuͤrſten einmuͤthig oder durch Mehrheit der Stimmen dazu erwehlt ſey, bloß vermoͤge dieſer Wahl fuͤr den wahren Roͤmi- ſchen Koͤnig und Kaiſer zu halten ſey, ohne weder einer paͤbſtlichen oder irgend jemand anders Be- ſtaͤtigung oder Einwilligung zu beduͤrfen; und daß ein jeder, der ſich hierwider etwas zu Schul- den kommen laße, des Verbrechens der beleidig- ten Majeſtaͤt ſchuldig erklaͤrt werden ſolle. VI. Ludewig, vielleicht in zu großer Zuverſicht auf dieſe von den Churfuͤrſten und vom ganzen Rei- che VII.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/269
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/269>, abgerufen am 22.11.2024.