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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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12) Friedrich der II. 1220-1235.
den Kaiser als ihren Regenten verehret hatten, jetzt
aber Fürsten und Grafen zu Landesherren bekom-
men, und den Kaiser nur als Oberherrn behalten
sollten. Dazu würde nach ächten Grundsätzen eines
allgemeinen Staatsrechts eine bloße Erklärung des
Kaisers nicht hinlänglich gewesen seyn. Klöster,
Ritterschaft und Städte hätten mit Recht behaupten
können, daß auch ihre Einwilligung dazu nöthig
wäre, so wie kein freyes Volk schuldig ist, eine
andere Regierungsform, als in die es gewilliget
hat, sich gefallen zu laßen. Ohne ihr Zuthun
würde auch schwerlich aus der Sache was gewor-
den seyn, da in ihnen selbst zugleich die vollzie-
hende Gewalt beruhete, so lange der Soldat kei-
nen besonderen Stand ausmachte.

Allein eben das beförderte hauptsächlich denVI.
Fortgang der ganzen Sache, weil die Landschaf-
ren
selbst ihren Vortheil dabey fanden, ihre
Landesregierung lieber in den Händen ihres Für-
sten oder Grafen, als in den Händen des Kai-
sers zu sehen. Ganz Teutschland war in sei-
nem Umfange zu groß, als daß nach der da-
maligen Art, Regierungsgeschäffte zu behandeln,
die kaiserliche Regierung einer jeden Landschaft glei-
che Vorsorge und Schutz hätte gewähren können.
Für den Umfang einer oder einiger Quadratmei-
len, auf die sich etwa eine Landschaft erstreckte,
war es eher möglich, von einem Landesherrn wahre
landesväterliche Vorsorge zu erwarten.

Umgekehrt konnte die kaiserliche Macht, wennVII.
sie absichtlich oder zufällig einer gewissen Landschaft
zur Last fiel, derselben unwiderstehlich fürchterlich

wer-

12) Friedrich der II. 1220-1235.
den Kaiſer als ihren Regenten verehret hatten, jetzt
aber Fuͤrſten und Grafen zu Landesherren bekom-
men, und den Kaiſer nur als Oberherrn behalten
ſollten. Dazu wuͤrde nach aͤchten Grundſaͤtzen eines
allgemeinen Staatsrechts eine bloße Erklaͤrung des
Kaiſers nicht hinlaͤnglich geweſen ſeyn. Kloͤſter,
Ritterſchaft und Staͤdte haͤtten mit Recht behaupten
koͤnnen, daß auch ihre Einwilligung dazu noͤthig
waͤre, ſo wie kein freyes Volk ſchuldig iſt, eine
andere Regierungsform, als in die es gewilliget
hat, ſich gefallen zu laßen. Ohne ihr Zuthun
wuͤrde auch ſchwerlich aus der Sache was gewor-
den ſeyn, da in ihnen ſelbſt zugleich die vollzie-
hende Gewalt beruhete, ſo lange der Soldat kei-
nen beſonderen Stand ausmachte.

Allein eben das befoͤrderte hauptſaͤchlich denVI.
Fortgang der ganzen Sache, weil die Landſchaf-
ren
ſelbſt ihren Vortheil dabey fanden, ihre
Landesregierung lieber in den Haͤnden ihres Fuͤr-
ſten oder Grafen, als in den Haͤnden des Kai-
ſers zu ſehen. Ganz Teutſchland war in ſei-
nem Umfange zu groß, als daß nach der da-
maligen Art, Regierungsgeſchaͤffte zu behandeln,
die kaiſerliche Regierung einer jeden Landſchaft glei-
che Vorſorge und Schutz haͤtte gewaͤhren koͤnnen.
Fuͤr den Umfang einer oder einiger Quadratmei-
len, auf die ſich etwa eine Landſchaft erſtreckte,
war es eher moͤglich, von einem Landesherrn wahre
landesvaͤterliche Vorſorge zu erwarten.

Umgekehrt konnte die kaiſerliche Macht, wennVII.
ſie abſichtlich oder zufaͤllig einer gewiſſen Landſchaft
zur Laſt fiel, derſelben unwiderſtehlich fuͤrchterlich

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[207/0241] 12) Friedrich der II. 1220-1235. den Kaiſer als ihren Regenten verehret hatten, jetzt aber Fuͤrſten und Grafen zu Landesherren bekom- men, und den Kaiſer nur als Oberherrn behalten ſollten. Dazu wuͤrde nach aͤchten Grundſaͤtzen eines allgemeinen Staatsrechts eine bloße Erklaͤrung des Kaiſers nicht hinlaͤnglich geweſen ſeyn. Kloͤſter, Ritterſchaft und Staͤdte haͤtten mit Recht behaupten koͤnnen, daß auch ihre Einwilligung dazu noͤthig waͤre, ſo wie kein freyes Volk ſchuldig iſt, eine andere Regierungsform, als in die es gewilliget hat, ſich gefallen zu laßen. Ohne ihr Zuthun wuͤrde auch ſchwerlich aus der Sache was gewor- den ſeyn, da in ihnen ſelbſt zugleich die vollzie- hende Gewalt beruhete, ſo lange der Soldat kei- nen beſonderen Stand ausmachte. Allein eben das befoͤrderte hauptſaͤchlich den Fortgang der ganzen Sache, weil die Landſchaf- ren ſelbſt ihren Vortheil dabey fanden, ihre Landesregierung lieber in den Haͤnden ihres Fuͤr- ſten oder Grafen, als in den Haͤnden des Kai- ſers zu ſehen. Ganz Teutſchland war in ſei- nem Umfange zu groß, als daß nach der da- maligen Art, Regierungsgeſchaͤffte zu behandeln, die kaiſerliche Regierung einer jeden Landſchaft glei- che Vorſorge und Schutz haͤtte gewaͤhren koͤnnen. Fuͤr den Umfang einer oder einiger Quadratmei- len, auf die ſich etwa eine Landſchaft erſtreckte, war es eher moͤglich, von einem Landesherrn wahre landesvaͤterliche Vorſorge zu erwarten. VI. Umgekehrt konnte die kaiſerliche Macht, wenn ſie abſichtlich oder zufaͤllig einer gewiſſen Landſchaft zur Laſt fiel, derſelben unwiderſtehlich fuͤrchterlich wer- VII.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/241>, abgerufen am 25.11.2024.