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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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8) Henrich der V. 1106-1125.
bischöfliche Stuhl durch Todesfall, Resignation oder
sonst erlediget war, ohnedem alle bischöfliche Ge-
rechtsame auszuüben bekamen.

So verlohr sich aber auch beynahe ganz dieX.
ursprüngliche Bestimmung der Bischöfe und Dom-
herren. Beide kamen jetzt in solche Umstände,
daß man kaum mehr daran dachte, daß Gottes-
dienst und geistliche Verrichtungen ihr Geschäfft
seyn sollten. Bisthümer und Pfründen wurden
jetzt als Stiftungen angesehen, die zum Vortheile
des hohen und niedern Adels errichtet waren, und
Söhnen, die mit Geschlechtsgütern nicht versorgt
werden konnten, zur Versorgung dienen mußten.

Eben so gieng es mit den Klöstern, derenXI.
Reichthümer ihren Mitgliedern sovielen Stoff zu
Bequemlichkeiten des Lebens verschafften, daß sie
bald von der ersten Absicht ihrer Stifter und von der
Vorschrift ihrer Ordensregeln fast gänzlich abwi-
chen. Diesem Uebel abzuhelfen, dachte man zwar
hin und wieder auf eine Umbildung des Benedicti-
nerordens, wie im XI. Jahrhunderte insonderheit
zu Clugny in Bourgogne und zu Hirschau im
Würtenbergischen geschah (f); oder es entstanden

selbst
(f) Den Anfang machte der Abt Odo zu Clu-
gny,
dessen Mönchszucht gegen das Ende des
XI. Jahrhunderts sich in ganz Europa verbreitete.
Zu Hirschau führte der Abt Wilhelm zwischen
1069. und 1091. eine neue Zucht ein. Er war ein
gebohrner Baier, erst Religios zu St. Emmeran.
Nach seiner Vorschrift mußten beständig 12. Mön-
che die Bücher der heiligen Schrift und verschie-
dene Tractate der älteren Kirchenväter abschreiben,
die

8) Henrich der V. 1106-1125.
biſchoͤfliche Stuhl durch Todesfall, Reſignation oder
ſonſt erlediget war, ohnedem alle biſchoͤfliche Ge-
rechtſame auszuuͤben bekamen.

So verlohr ſich aber auch beynahe ganz dieX.
urſpruͤngliche Beſtimmung der Biſchoͤfe und Dom-
herren. Beide kamen jetzt in ſolche Umſtaͤnde,
daß man kaum mehr daran dachte, daß Gottes-
dienſt und geiſtliche Verrichtungen ihr Geſchaͤfft
ſeyn ſollten. Biſthuͤmer und Pfruͤnden wurden
jetzt als Stiftungen angeſehen, die zum Vortheile
des hohen und niedern Adels errichtet waren, und
Soͤhnen, die mit Geſchlechtsguͤtern nicht verſorgt
werden konnten, zur Verſorgung dienen mußten.

Eben ſo gieng es mit den Kloͤſtern, derenXI.
Reichthuͤmer ihren Mitgliedern ſovielen Stoff zu
Bequemlichkeiten des Lebens verſchafften, daß ſie
bald von der erſten Abſicht ihrer Stifter und von der
Vorſchrift ihrer Ordensregeln faſt gaͤnzlich abwi-
chen. Dieſem Uebel abzuhelfen, dachte man zwar
hin und wieder auf eine Umbildung des Benedicti-
nerordens, wie im XI. Jahrhunderte inſonderheit
zu Clugny in Bourgogne und zu Hirſchau im
Wuͤrtenbergiſchen geſchah (f); oder es entſtanden

ſelbſt
(f) Den Anfang machte der Abt Odo zu Clu-
gny,
deſſen Moͤnchszucht gegen das Ende des
XI. Jahrhunderts ſich in ganz Europa verbreitete.
Zu Hirſchau fuͤhrte der Abt Wilhelm zwiſchen
1069. und 1091. eine neue Zucht ein. Er war ein
gebohrner Baier, erſt Religios zu St. Emmeran.
Nach ſeiner Vorſchrift mußten beſtaͤndig 12. Moͤn-
che die Buͤcher der heiligen Schrift und verſchie-
dene Tractate der aͤlteren Kirchenvaͤter abſchreiben,
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[159/0193] 8) Henrich der V. 1106-1125. biſchoͤfliche Stuhl durch Todesfall, Reſignation oder ſonſt erlediget war, ohnedem alle biſchoͤfliche Ge- rechtſame auszuuͤben bekamen. So verlohr ſich aber auch beynahe ganz die urſpruͤngliche Beſtimmung der Biſchoͤfe und Dom- herren. Beide kamen jetzt in ſolche Umſtaͤnde, daß man kaum mehr daran dachte, daß Gottes- dienſt und geiſtliche Verrichtungen ihr Geſchaͤfft ſeyn ſollten. Biſthuͤmer und Pfruͤnden wurden jetzt als Stiftungen angeſehen, die zum Vortheile des hohen und niedern Adels errichtet waren, und Soͤhnen, die mit Geſchlechtsguͤtern nicht verſorgt werden konnten, zur Verſorgung dienen mußten. X. Eben ſo gieng es mit den Kloͤſtern, deren Reichthuͤmer ihren Mitgliedern ſovielen Stoff zu Bequemlichkeiten des Lebens verſchafften, daß ſie bald von der erſten Abſicht ihrer Stifter und von der Vorſchrift ihrer Ordensregeln faſt gaͤnzlich abwi- chen. Dieſem Uebel abzuhelfen, dachte man zwar hin und wieder auf eine Umbildung des Benedicti- nerordens, wie im XI. Jahrhunderte inſonderheit zu Clugny in Bourgogne und zu Hirſchau im Wuͤrtenbergiſchen geſchah (f); oder es entſtanden ſelbſt XI. (f) Den Anfang machte der Abt Odo zu Clu- gny, deſſen Moͤnchszucht gegen das Ende des XI. Jahrhunderts ſich in ganz Europa verbreitete. Zu Hirſchau fuͤhrte der Abt Wilhelm zwiſchen 1069. und 1091. eine neue Zucht ein. Er war ein gebohrner Baier, erſt Religios zu St. Emmeran. Nach ſeiner Vorſchrift mußten beſtaͤndig 12. Moͤn- che die Buͤcher der heiligen Schrift und verſchie- dene Tractate der aͤlteren Kirchenvaͤter abſchreiben, die

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/193>, abgerufen am 24.11.2024.