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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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7) Carolinger im Verfall 814-888.
ihm deswegen die Gewalt der Schlüssel und die
Grundfeste der Kirche ruhe, wie solche Peter von
Christo erhalten habe; daß alle Bischöfe und Die-
ner der Kirche, nach dem Ausspruch des Prophe-
ten Zacharias (Zach. 2, 8.) als Gottes Augapfel in
Ehren zu halten seyen; daß alle geistliche Perso-
nen und Güter von aller weltlichen Macht und vom
allen Abgaben befreyt seyn müßten; daß die Ge-
richtbarkeit nicht nur über geistliche Personen, son-
dern in Gegenständen, wo die Religion Einfluß
habe, als in Ehesachen, Eidesangelegenheiten,
Zehntstreitigkeiten u. d. g. auch über weltliche Per-
sonen sowohl Regenten als Unterthanen nur den
Bischöfen und geistlichen Gerichten gebühre; daß
aber alle Bischöfe und Erzbischöfe nur als unter-
geordnete Kirchenvorsteher dem Römischen Bischofe
unterworfen wären, und von demselben ihre ganze
Gewalt bekommen müßten; daß von allen Bi-
schöfen und Erzbischöfen die Appellation nach Rom
gienge; daß größere und wichtigere Sachen selbst
unmittelbar zu Rom vorgenommen werden könn-
ten; daß der Pabst allein berechtiget sey, Bischöfe
und Erzbischöfe abzusetzen und andere an ihrer
Stelle zu ernennen, auch Könige und Fürsten mit
dem Banne zu belegen und ihrer Regierung unfä-
hig zu erklären; daß auf ihn der göttliche Aus-
spruch anzuwenden sey: "Sieh ich setze dich über
Völker und Königreiche, daß du ausreißen, zer-
brechen, verstöhren und verderben sollst, und bauen
und pflanzen." (Jerem. 1, 10.)

Alle diese Grundsätze wurden schon den ältestenXVI.
Römischen Bischöfen in den Mund gelegt, als ob
sie schon damals allgemein anerkannt worden wä-

ren.
F 5

7) Carolinger im Verfall 814-888.
ihm deswegen die Gewalt der Schluͤſſel und die
Grundfeſte der Kirche ruhe, wie ſolche Peter von
Chriſto erhalten habe; daß alle Biſchoͤfe und Die-
ner der Kirche, nach dem Ausſpruch des Prophe-
ten Zacharias (Zach. 2, 8.) als Gottes Augapfel in
Ehren zu halten ſeyen; daß alle geiſtliche Perſo-
nen und Guͤter von aller weltlichen Macht und vom
allen Abgaben befreyt ſeyn muͤßten; daß die Ge-
richtbarkeit nicht nur uͤber geiſtliche Perſonen, ſon-
dern in Gegenſtaͤnden, wo die Religion Einfluß
habe, als in Eheſachen, Eidesangelegenheiten,
Zehntſtreitigkeiten u. d. g. auch uͤber weltliche Per-
ſonen ſowohl Regenten als Unterthanen nur den
Biſchoͤfen und geiſtlichen Gerichten gebuͤhre; daß
aber alle Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe nur als unter-
geordnete Kirchenvorſteher dem Roͤmiſchen Biſchofe
unterworfen waͤren, und von demſelben ihre ganze
Gewalt bekommen muͤßten; daß von allen Bi-
ſchoͤfen und Erzbiſchoͤfen die Appellation nach Rom
gienge; daß groͤßere und wichtigere Sachen ſelbſt
unmittelbar zu Rom vorgenommen werden koͤnn-
ten; daß der Pabſt allein berechtiget ſey, Biſchoͤfe
und Erzbiſchoͤfe abzuſetzen und andere an ihrer
Stelle zu ernennen, auch Koͤnige und Fuͤrſten mit
dem Banne zu belegen und ihrer Regierung unfaͤ-
hig zu erklaͤren; daß auf ihn der goͤttliche Aus-
ſpruch anzuwenden ſey: ”Sieh ich ſetze dich uͤber
Voͤlker und Koͤnigreiche, daß du ausreißen, zer-
brechen, verſtoͤhren und verderben ſollſt, und bauen
und pflanzen.” (Jerem. 1, 10.)

Alle dieſe Grundſaͤtze wurden ſchon den aͤlteſtenXVI.
Roͤmiſchen Biſchoͤfen in den Mund gelegt, als ob
ſie ſchon damals allgemein anerkannt worden waͤ-

ren.
F 5
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[89/0123] 7) Carolinger im Verfall 814-888. ihm deswegen die Gewalt der Schluͤſſel und die Grundfeſte der Kirche ruhe, wie ſolche Peter von Chriſto erhalten habe; daß alle Biſchoͤfe und Die- ner der Kirche, nach dem Ausſpruch des Prophe- ten Zacharias (Zach. 2, 8.) als Gottes Augapfel in Ehren zu halten ſeyen; daß alle geiſtliche Perſo- nen und Guͤter von aller weltlichen Macht und vom allen Abgaben befreyt ſeyn muͤßten; daß die Ge- richtbarkeit nicht nur uͤber geiſtliche Perſonen, ſon- dern in Gegenſtaͤnden, wo die Religion Einfluß habe, als in Eheſachen, Eidesangelegenheiten, Zehntſtreitigkeiten u. d. g. auch uͤber weltliche Per- ſonen ſowohl Regenten als Unterthanen nur den Biſchoͤfen und geiſtlichen Gerichten gebuͤhre; daß aber alle Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe nur als unter- geordnete Kirchenvorſteher dem Roͤmiſchen Biſchofe unterworfen waͤren, und von demſelben ihre ganze Gewalt bekommen muͤßten; daß von allen Bi- ſchoͤfen und Erzbiſchoͤfen die Appellation nach Rom gienge; daß groͤßere und wichtigere Sachen ſelbſt unmittelbar zu Rom vorgenommen werden koͤnn- ten; daß der Pabſt allein berechtiget ſey, Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe abzuſetzen und andere an ihrer Stelle zu ernennen, auch Koͤnige und Fuͤrſten mit dem Banne zu belegen und ihrer Regierung unfaͤ- hig zu erklaͤren; daß auf ihn der goͤttliche Aus- ſpruch anzuwenden ſey: ”Sieh ich ſetze dich uͤber Voͤlker und Koͤnigreiche, daß du ausreißen, zer- brechen, verſtoͤhren und verderben ſollſt, und bauen und pflanzen.” (Jerem. 1, 10.) Alle dieſe Grundſaͤtze wurden ſchon den aͤlteſten Roͤmiſchen Biſchoͤfen in den Mund gelegt, als ob ſie ſchon damals allgemein anerkannt worden waͤ- ren. XVI. F 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/123>, abgerufen am 24.11.2024.