denken dadurch verewiget hat, daß er die noch jetzt blühende Abtey Gandersheim gestiftet. Solche Her- zoge waren freylich noch nicht das, was wir uns heutiges Tages unter Teutschen Herzogen vorstellen, die als erbliche Regenten in ihrem eignen Namen Land und Leute zu regieren, und in dieser ihnen eignen landesherrlichen Macht alle Hoheitsrechte auszuüben haben. Mancher Herzog fieng aber doch bald an sich so zu fühlen, daß die Könige es nicht immer in ihrer Gewalt hatten, sie in den Schran- ken bloßer Befehlshaber zu halten, oder auch zu verhüten, daß nicht bisweilen eines Herzogs Sohn das väterliche Herzogthum in Besitz nähme, ohne erst die königliche Ernennung dazu abzuwarten.
IX.
Die Befehlshabung ganzer Provinzen mochte aber bestellt seyn, wie sie wollte, so lehrte doch die Noth meist jeden Güterbesitzer für seine eigne Sicherheit so gut besorgt zu seyn, als er konnte. Und wer wollte es ihm verdenken, da ihn der Staat gegen Ueberfälle fremder Völker, die ihm täglich das seinige rauben oder verheeren konnten, keine Gewähr mehr zu leisten im Stande war, alle ihm nur mögliche Anstalten zu treffen, um sich und die Seinigen und sein Eigenthum nur in Sicherheit zu setzen? Wer also irgend die Kräfte dazu hatte, der baute sich eine Burg, oder einen mit Mauern und Thoren befestigten Wohnsitz; wo möglich auf einem Berge, je unzugänglicher je besser. War es ein Bischof oder Abt, oder ein Graf oder Dy- nast, dem es nicht an Gütern dazu fehlte, die er andern verleihen konnte; so gab er gerne eine Anzahl Ländereyen an Ritter, die sich dafür ver- bindlich machten, ihm als Vasallen im Felde gegen
jeden
I. Alte Zeiten bis 888.
denken dadurch verewiget hat, daß er die noch jetzt bluͤhende Abtey Gandersheim geſtiftet. Solche Her- zoge waren freylich noch nicht das, was wir uns heutiges Tages unter Teutſchen Herzogen vorſtellen, die als erbliche Regenten in ihrem eignen Namen Land und Leute zu regieren, und in dieſer ihnen eignen landesherrlichen Macht alle Hoheitsrechte auszuuͤben haben. Mancher Herzog fieng aber doch bald an ſich ſo zu fuͤhlen, daß die Koͤnige es nicht immer in ihrer Gewalt hatten, ſie in den Schran- ken bloßer Befehlshaber zu halten, oder auch zu verhuͤten, daß nicht bisweilen eines Herzogs Sohn das vaͤterliche Herzogthum in Beſitz naͤhme, ohne erſt die koͤnigliche Ernennung dazu abzuwarten.
IX.
Die Befehlshabung ganzer Provinzen mochte aber beſtellt ſeyn, wie ſie wollte, ſo lehrte doch die Noth meiſt jeden Guͤterbeſitzer fuͤr ſeine eigne Sicherheit ſo gut beſorgt zu ſeyn, als er konnte. Und wer wollte es ihm verdenken, da ihn der Staat gegen Ueberfaͤlle fremder Voͤlker, die ihm taͤglich das ſeinige rauben oder verheeren konnten, keine Gewaͤhr mehr zu leiſten im Stande war, alle ihm nur moͤgliche Anſtalten zu treffen, um ſich und die Seinigen und ſein Eigenthum nur in Sicherheit zu ſetzen? Wer alſo irgend die Kraͤfte dazu hatte, der baute ſich eine Burg, oder einen mit Mauern und Thoren befeſtigten Wohnſitz; wo moͤglich auf einem Berge, je unzugaͤnglicher je beſſer. War es ein Biſchof oder Abt, oder ein Graf oder Dy- naſt, dem es nicht an Guͤtern dazu fehlte, die er andern verleihen konnte; ſo gab er gerne eine Anzahl Laͤndereyen an Ritter, die ſich dafuͤr ver- bindlich machten, ihm als Vaſallen im Felde gegen
jeden
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I. Alte Zeiten bis 888.
denken dadurch verewiget hat, daß er die noch jetzt
bluͤhende Abtey Gandersheim geſtiftet. Solche Her-
zoge waren freylich noch nicht das, was wir uns
heutiges Tages unter Teutſchen Herzogen vorſtellen,
die als erbliche Regenten in ihrem eignen Namen
Land und Leute zu regieren, und in dieſer ihnen
eignen landesherrlichen Macht alle Hoheitsrechte
auszuuͤben haben. Mancher Herzog fieng aber doch
bald an ſich ſo zu fuͤhlen, daß die Koͤnige es nicht
immer in ihrer Gewalt hatten, ſie in den Schran-
ken bloßer Befehlshaber zu halten, oder auch zu
verhuͤten, daß nicht bisweilen eines Herzogs Sohn
das vaͤterliche Herzogthum in Beſitz naͤhme, ohne
erſt die koͤnigliche Ernennung dazu abzuwarten.
Die Befehlshabung ganzer Provinzen mochte
aber beſtellt ſeyn, wie ſie wollte, ſo lehrte doch
die Noth meiſt jeden Guͤterbeſitzer fuͤr ſeine eigne
Sicherheit ſo gut beſorgt zu ſeyn, als er konnte.
Und wer wollte es ihm verdenken, da ihn der Staat
gegen Ueberfaͤlle fremder Voͤlker, die ihm taͤglich
das ſeinige rauben oder verheeren konnten, keine
Gewaͤhr mehr zu leiſten im Stande war, alle ihm
nur moͤgliche Anſtalten zu treffen, um ſich und die
Seinigen und ſein Eigenthum nur in Sicherheit
zu ſetzen? Wer alſo irgend die Kraͤfte dazu hatte,
der baute ſich eine Burg, oder einen mit Mauern
und Thoren befeſtigten Wohnſitz; wo moͤglich auf
einem Berge, je unzugaͤnglicher je beſſer. War
es ein Biſchof oder Abt, oder ein Graf oder Dy-
naſt, dem es nicht an Guͤtern dazu fehlte, die er
andern verleihen konnte; ſo gab er gerne eine
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/116>, abgerufen am 25.07.2024.
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