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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
folge nach Ludewigs des Stammlers Tode wegen dessen
zweyerley Ehen. -- Ausschließung Carls des Einfältigen
von der damaligen Thronfolge. -- Vereinigung der Monar-
chie unter Carl dem Dicken. -- XXVI. Dessen Sturz.



I.

Wie bedenklich die Theilung eines Reichs unter
mehreren Brüdern ausfallen könne, mußte
Carl dem Großen aus seiner eignen Erfahrung
noch lebhaft vor Augen schweben, wenn er sich
der Theilung erinnerte, die ehedem zwischen ihm
und seinem Bruder Carlmann geschehen war. De-
sto mehr ist es zu bewundern, daß Carl dennoch,
als er drey erwachsene Söhne am Leben hatte, im
Jahre 806. eine Theilung unter denselben verord-
nete. Nur der Tod seiner zwey älteren Söhne,
Carls und Pipins, machte diese Theilung rück-
gängig. Vermöge einer neuen Verfügung sollte
zwar Pipins Sohn Bernhard Italien haben; aber
in allen übrigen Reichen bestimmte jetzt Carl sei-
nen nun allein noch übrigen Sohn Ludewig den
Frommen
zum Thronfolger, den er auch nach
dem Beyspiele der ehemaligen Römischen Kaiser
schon bey seinem Leben zum Mitkaiser ernannte.


II.

Carl, der endlich bald darauf als ein Herr
von 72. Jahren die Welt verließ, hatte alle diese
Verfügungen wegen seiner Thronfolge doch erst in
seinen letzten Jahren und hohem Alter vorgenom-
men. Sein nunmehriger Nachfolger, Ludewig der
Fromme, war aber erst 36. Jahre alt, als er zur
Regierung kam, und ahmte nur hierin das väter-
liche Beyspiel sehr zur Unzeit nach. Schon in
814seinem ersten Regierungsjahre 814. ernannte er
seinen Sohn Lothar, der eben 18. Jahre alt war,

zum

I. Alte Zeiten bis 888.
folge nach Ludewigs des Stammlers Tode wegen deſſen
zweyerley Ehen. — Ausſchließung Carls des Einfaͤltigen
von der damaligen Thronfolge. — Vereinigung der Monar-
chie unter Carl dem Dicken. — XXVI. Deſſen Sturz.



I.

Wie bedenklich die Theilung eines Reichs unter
mehreren Bruͤdern ausfallen koͤnne, mußte
Carl dem Großen aus ſeiner eignen Erfahrung
noch lebhaft vor Augen ſchweben, wenn er ſich
der Theilung erinnerte, die ehedem zwiſchen ihm
und ſeinem Bruder Carlmann geſchehen war. De-
ſto mehr iſt es zu bewundern, daß Carl dennoch,
als er drey erwachſene Soͤhne am Leben hatte, im
Jahre 806. eine Theilung unter denſelben verord-
nete. Nur der Tod ſeiner zwey aͤlteren Soͤhne,
Carls und Pipins, machte dieſe Theilung ruͤck-
gaͤngig. Vermoͤge einer neuen Verfuͤgung ſollte
zwar Pipins Sohn Bernhard Italien haben; aber
in allen uͤbrigen Reichen beſtimmte jetzt Carl ſei-
nen nun allein noch uͤbrigen Sohn Ludewig den
Frommen
zum Thronfolger, den er auch nach
dem Beyſpiele der ehemaligen Roͤmiſchen Kaiſer
ſchon bey ſeinem Leben zum Mitkaiſer ernannte.


II.

Carl, der endlich bald darauf als ein Herr
von 72. Jahren die Welt verließ, hatte alle dieſe
Verfuͤgungen wegen ſeiner Thronfolge doch erſt in
ſeinen letzten Jahren und hohem Alter vorgenom-
men. Sein nunmehriger Nachfolger, Ludewig der
Fromme, war aber erſt 36. Jahre alt, als er zur
Regierung kam, und ahmte nur hierin das vaͤter-
liche Beyſpiel ſehr zur Unzeit nach. Schon in
814ſeinem erſten Regierungsjahre 814. ernannte er
ſeinen Sohn Lothar, der eben 18. Jahre alt war,

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[76/0110] I. Alte Zeiten bis 888. folge nach Ludewigs des Stammlers Tode wegen deſſen zweyerley Ehen. — Ausſchließung Carls des Einfaͤltigen von der damaligen Thronfolge. — Vereinigung der Monar- chie unter Carl dem Dicken. — XXVI. Deſſen Sturz. Wie bedenklich die Theilung eines Reichs unter mehreren Bruͤdern ausfallen koͤnne, mußte Carl dem Großen aus ſeiner eignen Erfahrung noch lebhaft vor Augen ſchweben, wenn er ſich der Theilung erinnerte, die ehedem zwiſchen ihm und ſeinem Bruder Carlmann geſchehen war. De- ſto mehr iſt es zu bewundern, daß Carl dennoch, als er drey erwachſene Soͤhne am Leben hatte, im Jahre 806. eine Theilung unter denſelben verord- nete. Nur der Tod ſeiner zwey aͤlteren Soͤhne, Carls und Pipins, machte dieſe Theilung ruͤck- gaͤngig. Vermoͤge einer neuen Verfuͤgung ſollte zwar Pipins Sohn Bernhard Italien haben; aber in allen uͤbrigen Reichen beſtimmte jetzt Carl ſei- nen nun allein noch uͤbrigen Sohn Ludewig den Frommen zum Thronfolger, den er auch nach dem Beyſpiele der ehemaligen Roͤmiſchen Kaiſer ſchon bey ſeinem Leben zum Mitkaiſer ernannte. Carl, der endlich bald darauf als ein Herr von 72. Jahren die Welt verließ, hatte alle dieſe Verfuͤgungen wegen ſeiner Thronfolge doch erſt in ſeinen letzten Jahren und hohem Alter vorgenom- men. Sein nunmehriger Nachfolger, Ludewig der Fromme, war aber erſt 36. Jahre alt, als er zur Regierung kam, und ahmte nur hierin das vaͤter- liche Beyſpiel ſehr zur Unzeit nach. Schon in ſeinem erſten Regierungsjahre 814. ernannte er ſeinen Sohn Lothar, der eben 18. Jahre alt war, zum 814

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/110>, abgerufen am 27.11.2024.