Die größte Schwierigkeit in den Friedenshand-XXI. lungen mit den Sachsen machte unstreitig der Punct der Religion. So wohlthätig und vortrefflich die Christliche Religion an sich ist, wenn man sie nach ihrer ursprünglichen Lauterkeit kennen lernt; so be- denklich mußte es den Sachsen nothwendig vor- kommen, als sie sahen, was für gewaltsame Mit- tel angewandt wurden, sie zu diesem Glauben zu zwingen, wenn man z. B. tausenden auf einmal die Wahl ließ, entweder sich taufen zu laßen, oder sich in die Weser gesprengt zu sehen; oder wenn Carl in ausdrücklichen Gesetzen verordnete: Wer unter den Sachsen sich noch verborgen hielte und sich nicht taufen laßen wollte, sollte des Todes sterben (a).
Insonderheit schien es den Sachsen lästig, daßXXII. die Priester der Religion, die man ihnen aufdrin- gen wollte, zugleich einen Zehnten ihrer Früchte haben sollten. Ungeachtet Carls Freund, der Eng- länder Alcuin, selbst Carln rieth, darauf nicht zu bestehen, wurde es doch als eine Bedingung des Friedens mit durchgesetzt; wiewohl es doch kaum scheint, daß diese Zehnten würklich in allgemeine Uebung haben gebracht werden können (b).
Gleich beym ersten Anfange dieses Krieges ließXXIII. Carl schon zu Paderborn eine Kirche bauen, und von dortaus pflegte er jeden Feldzug eine Anzahl
Mis-
(a)Capitul. de partibus Saxoniae cap. 8.
(b)Mösers Osnabrückische Geschichte Th. 1. (Aufl. 2. Berl. 1780.) S. 224. 238. 321.
E 2
6) Carolinger im Flor 752-814.
Die groͤßte Schwierigkeit in den Friedenshand-XXI. lungen mit den Sachſen machte unſtreitig der Punct der Religion. So wohlthaͤtig und vortrefflich die Chriſtliche Religion an ſich iſt, wenn man ſie nach ihrer urſpruͤnglichen Lauterkeit kennen lernt; ſo be- denklich mußte es den Sachſen nothwendig vor- kommen, als ſie ſahen, was fuͤr gewaltſame Mit- tel angewandt wurden, ſie zu dieſem Glauben zu zwingen, wenn man z. B. tauſenden auf einmal die Wahl ließ, entweder ſich taufen zu laßen, oder ſich in die Weſer geſprengt zu ſehen; oder wenn Carl in ausdruͤcklichen Geſetzen verordnete: Wer unter den Sachſen ſich noch verborgen hielte und ſich nicht taufen laßen wollte, ſollte des Todes ſterben (a).
Inſonderheit ſchien es den Sachſen laͤſtig, daßXXII. die Prieſter der Religion, die man ihnen aufdrin- gen wollte, zugleich einen Zehnten ihrer Fruͤchte haben ſollten. Ungeachtet Carls Freund, der Eng- laͤnder Alcuin, ſelbſt Carln rieth, darauf nicht zu beſtehen, wurde es doch als eine Bedingung des Friedens mit durchgeſetzt; wiewohl es doch kaum ſcheint, daß dieſe Zehnten wuͤrklich in allgemeine Uebung haben gebracht werden koͤnnen (b).
Gleich beym erſten Anfange dieſes Krieges ließXXIII. Carl ſchon zu Paderborn eine Kirche bauen, und von dortaus pflegte er jeden Feldzug eine Anzahl
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0101"n="67"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">6) Carolinger im Flor 752-814.</hi></fw><lb/><p>Die groͤßte Schwierigkeit in den Friedenshand-<noteplace="right"><hirendition="#aq">XXI.</hi></note><lb/>
lungen mit den Sachſen machte unſtreitig der Punct<lb/>
der Religion. So wohlthaͤtig und vortrefflich die<lb/>
Chriſtliche Religion an ſich iſt, wenn man ſie nach<lb/>
ihrer urſpruͤnglichen Lauterkeit kennen lernt; ſo be-<lb/>
denklich mußte es den Sachſen nothwendig vor-<lb/>
kommen, als ſie ſahen, was fuͤr gewaltſame Mit-<lb/>
tel angewandt wurden, ſie zu dieſem Glauben zu<lb/>
zwingen, wenn man z. B. tauſenden auf einmal<lb/>
die Wahl ließ, entweder ſich taufen zu laßen, oder<lb/>ſich in die Weſer geſprengt zu ſehen; oder wenn<lb/>
Carl in ausdruͤcklichen Geſetzen verordnete: Wer<lb/>
unter den Sachſen ſich noch verborgen hielte und<lb/>ſich nicht taufen laßen wollte, ſollte des Todes<lb/>ſterben <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq">Capitul. de partibus Saxoniae cap.</hi> 8.</note>.</p><lb/><p>Inſonderheit ſchien es den Sachſen laͤſtig, daß<noteplace="right"><hirendition="#aq">XXII.</hi></note><lb/>
die Prieſter der Religion, die man ihnen aufdrin-<lb/>
gen wollte, zugleich einen Zehnten ihrer Fruͤchte<lb/>
haben ſollten. Ungeachtet Carls Freund, der Eng-<lb/>
laͤnder Alcuin, ſelbſt Carln rieth, darauf nicht zu<lb/>
beſtehen, wurde es doch als eine Bedingung des<lb/>
Friedens mit durchgeſetzt; wiewohl es doch kaum<lb/>ſcheint, daß dieſe Zehnten wuͤrklich in allgemeine<lb/>
Uebung haben gebracht werden koͤnnen <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#fr">Moͤſers</hi> Osnabruͤckiſche Geſchichte Th. 1.<lb/>
(Aufl. 2. Berl. 1780.) S. 224. 238. 321.</note>.</p><lb/><p>Gleich beym erſten Anfange dieſes Krieges ließ<noteplace="right"><hirendition="#aq">XXIII.</hi></note><lb/>
Carl ſchon zu Paderborn eine Kirche bauen, und<lb/>
von dortaus pflegte er jeden Feldzug eine Anzahl<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Miſ-</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[67/0101]
6) Carolinger im Flor 752-814.
Die groͤßte Schwierigkeit in den Friedenshand-
lungen mit den Sachſen machte unſtreitig der Punct
der Religion. So wohlthaͤtig und vortrefflich die
Chriſtliche Religion an ſich iſt, wenn man ſie nach
ihrer urſpruͤnglichen Lauterkeit kennen lernt; ſo be-
denklich mußte es den Sachſen nothwendig vor-
kommen, als ſie ſahen, was fuͤr gewaltſame Mit-
tel angewandt wurden, ſie zu dieſem Glauben zu
zwingen, wenn man z. B. tauſenden auf einmal
die Wahl ließ, entweder ſich taufen zu laßen, oder
ſich in die Weſer geſprengt zu ſehen; oder wenn
Carl in ausdruͤcklichen Geſetzen verordnete: Wer
unter den Sachſen ſich noch verborgen hielte und
ſich nicht taufen laßen wollte, ſollte des Todes
ſterben (a).
XXI.
Inſonderheit ſchien es den Sachſen laͤſtig, daß
die Prieſter der Religion, die man ihnen aufdrin-
gen wollte, zugleich einen Zehnten ihrer Fruͤchte
haben ſollten. Ungeachtet Carls Freund, der Eng-
laͤnder Alcuin, ſelbſt Carln rieth, darauf nicht zu
beſtehen, wurde es doch als eine Bedingung des
Friedens mit durchgeſetzt; wiewohl es doch kaum
ſcheint, daß dieſe Zehnten wuͤrklich in allgemeine
Uebung haben gebracht werden koͤnnen (b).
XXII.
Gleich beym erſten Anfange dieſes Krieges ließ
Carl ſchon zu Paderborn eine Kirche bauen, und
von dortaus pflegte er jeden Feldzug eine Anzahl
Miſ-
XXIII.
(a) Capitul. de partibus Saxoniae cap. 8.
(b) Moͤſers Osnabruͤckiſche Geſchichte Th. 1.
(Aufl. 2. Berl. 1780.) S. 224. 238. 321.
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/101>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.