So sah ich neulich eine höchst interessante Samm- lung vorzüglicher Gemälde, nur die Portraits merk- würdiger Individuen aus der englischen Geschichte enthaltend. Es war auffallend, wie sehr die meisten ihrem geschichtlichen Bilde in Zügen und Haltung entsprachen. Der berühmte Lord Burgleigh hatte überdem eine frappante Aehnlichkeit mit dem großen Staatskanzler Preußens, obgleich ihn sein Kopfputz sehr verstellte, der einer Altenweibermütze glich. Ja- kob der Erste, ergötzlich treu seinem Charakter, wie auch sein Gesandter, der originelle Ritter, der in seinen Memoiren so seltsam von sich selbst sagt, daß er überall Männern und Weibern gefallen, seine Na- tur aber auch keiner andern geglichen, indem ihn und alles ohne Ausnahme, was von ihm gekommen, stets eine Atmosphäre des angenehmsten, natürlichen Wohl- geruchs umduftet habe.
Ein andres Cabinet enthielt moderne Gemälde in Wasserfarben, in welcher Kunstgattung die Englän- der eine besondere Fertigkeit erlangt haben. Man erstaunt über die Gluth und Tiefe der Färbung, die sie damit hervorbringen, besonders zeichneten sich ei- nige Landschaften Schottlands aus, als ein Sonnen- untergang in den Highlands, der Claude Lorrains Wahrheit erreichte, und die einbrechende Nacht über den Loch Lomond, ein Gedicht voller Romantik.
Noch blieb mir Zeit zu einem weiten Spazierritt, auf dem ich, wie immer, nur dem Zufall mich ver- trauend, einen der reizendsten Parks auffand, wie
So ſah ich neulich eine höchſt intereſſante Samm- lung vorzüglicher Gemälde, nur die Portraits merk- würdiger Individuen aus der engliſchen Geſchichte enthaltend. Es war auffallend, wie ſehr die meiſten ihrem geſchichtlichen Bilde in Zügen und Haltung entſprachen. Der berühmte Lord Burgleigh hatte überdem eine frappante Aehnlichkeit mit dem großen Staatskanzler Preußens, obgleich ihn ſein Kopfputz ſehr verſtellte, der einer Altenweibermütze glich. Ja- kob der Erſte, ergötzlich treu ſeinem Charakter, wie auch ſein Geſandter, der originelle Ritter, der in ſeinen Memoiren ſo ſeltſam von ſich ſelbſt ſagt, daß er überall Männern und Weibern gefallen, ſeine Na- tur aber auch keiner andern geglichen, indem ihn und alles ohne Ausnahme, was von ihm gekommen, ſtets eine Atmoſphäre des angenehmſten, natürlichen Wohl- geruchs umduftet habe.
Ein andres Cabinet enthielt moderne Gemälde in Waſſerfarben, in welcher Kunſtgattung die Englän- der eine beſondere Fertigkeit erlangt haben. Man erſtaunt über die Gluth und Tiefe der Färbung, die ſie damit hervorbringen, beſonders zeichneten ſich ei- nige Landſchaften Schottlands aus, als ein Sonnen- untergang in den Highlands, der Claude Lorrains Wahrheit erreichte, und die einbrechende Nacht über den Loch Lomond, ein Gedicht voller Romantik.
Noch blieb mir Zeit zu einem weiten Spazierritt, auf dem ich, wie immer, nur dem Zufall mich ver- trauend, einen der reizendſten Parks auffand, wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0387"n="367"/><p>So ſah ich neulich eine höchſt intereſſante Samm-<lb/>
lung vorzüglicher Gemälde, nur die Portraits merk-<lb/>
würdiger Individuen aus der engliſchen Geſchichte<lb/>
enthaltend. Es war auffallend, wie ſehr die meiſten<lb/>
ihrem geſchichtlichen Bilde in Zügen und Haltung<lb/>
entſprachen. Der berühmte Lord Burgleigh hatte<lb/>
überdem eine frappante Aehnlichkeit mit dem großen<lb/>
Staatskanzler Preußens, obgleich ihn ſein Kopfputz<lb/>ſehr verſtellte, der einer Altenweibermütze glich. Ja-<lb/>
kob der Erſte, ergötzlich treu ſeinem Charakter, wie<lb/>
auch ſein Geſandter, der originelle Ritter, der in<lb/>ſeinen Memoiren ſo ſeltſam von ſich ſelbſt ſagt, daß<lb/>
er überall Männern und Weibern gefallen, ſeine Na-<lb/>
tur aber auch keiner andern geglichen, indem ihn und<lb/>
alles ohne Ausnahme, was von ihm gekommen, ſtets<lb/>
eine Atmoſphäre des angenehmſten, natürlichen Wohl-<lb/>
geruchs umduftet habe.</p><lb/><p>Ein andres Cabinet enthielt moderne Gemälde in<lb/>
Waſſerfarben, in welcher Kunſtgattung die Englän-<lb/>
der eine beſondere Fertigkeit erlangt haben. Man<lb/>
erſtaunt über die Gluth und Tiefe der Färbung, die<lb/>ſie damit hervorbringen, beſonders zeichneten ſich ei-<lb/>
nige Landſchaften Schottlands aus, als ein Sonnen-<lb/>
untergang in den Highlands, der Claude Lorrains<lb/>
Wahrheit erreichte, und die einbrechende Nacht über<lb/>
den Loch Lomond, ein Gedicht voller Romantik.</p><lb/><p>Noch blieb mir Zeit zu einem weiten Spazierritt,<lb/>
auf dem ich, wie immer, nur dem Zufall mich ver-<lb/>
trauend, einen der reizendſten Parks auffand, wie<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[367/0387]
So ſah ich neulich eine höchſt intereſſante Samm-
lung vorzüglicher Gemälde, nur die Portraits merk-
würdiger Individuen aus der engliſchen Geſchichte
enthaltend. Es war auffallend, wie ſehr die meiſten
ihrem geſchichtlichen Bilde in Zügen und Haltung
entſprachen. Der berühmte Lord Burgleigh hatte
überdem eine frappante Aehnlichkeit mit dem großen
Staatskanzler Preußens, obgleich ihn ſein Kopfputz
ſehr verſtellte, der einer Altenweibermütze glich. Ja-
kob der Erſte, ergötzlich treu ſeinem Charakter, wie
auch ſein Geſandter, der originelle Ritter, der in
ſeinen Memoiren ſo ſeltſam von ſich ſelbſt ſagt, daß
er überall Männern und Weibern gefallen, ſeine Na-
tur aber auch keiner andern geglichen, indem ihn und
alles ohne Ausnahme, was von ihm gekommen, ſtets
eine Atmoſphäre des angenehmſten, natürlichen Wohl-
geruchs umduftet habe.
Ein andres Cabinet enthielt moderne Gemälde in
Waſſerfarben, in welcher Kunſtgattung die Englän-
der eine beſondere Fertigkeit erlangt haben. Man
erſtaunt über die Gluth und Tiefe der Färbung, die
ſie damit hervorbringen, beſonders zeichneten ſich ei-
nige Landſchaften Schottlands aus, als ein Sonnen-
untergang in den Highlands, der Claude Lorrains
Wahrheit erreichte, und die einbrechende Nacht über
den Loch Lomond, ein Gedicht voller Romantik.
Noch blieb mir Zeit zu einem weiten Spazierritt,
auf dem ich, wie immer, nur dem Zufall mich ver-
trauend, einen der reizendſten Parks auffand, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/387>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.