Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

mal ließ mich endlich der Doctor heute wieder aus-
fahren, und ich richtete meinen Weg nach dem nicht
sehr entfernten Park von Stranmore, um die frische
Luft und das Vergnügen eines romantischen Spa-
ziergangs recht mit vollen Zügen zu genießen. In
die Gärten wurde mir jedoch der Eintritt nicht ver-
stattet, obgleich ich meine Karte der Gebieterin zu-
schickte. Wir sind freilich liberaler, aber dieses vor-
nehme Rarmachen hat auch sein Gutes. Es giebt
den Dingen selbst, und der Vergünstigung ebenfalls,
wenn sie eintritt, mehr Werth.

Apropos, dabei fällt mir Dein neuer Direktor ein.
Es ist ein Gewinn für uns, ihn zu erhalten, dem-
ohngeachtet bitte ich Dich, es ein wenig mit ihm,
wie die Besitzerin von Stranmore zu machen. Sey
nicht von Anfang an zu sehr zuvorkommend, damit
Dir, wenn sie verdient wird, Steigerung übrig bleibt.
Sey freundlich, aber mit Würde, immer die obere
Stellung nüancirend, die Du gegen ihn nothwendig
zu behaupten hast. Suche ihn nicht durch Schmeiche-
leyen und überartiges Behandeln zu gewinnen, son-
dern lieber durch ehrendes Vertrauen, und auch durch
solide Vortheile, die am Ende auf alle Leute, sie
mögen reden und selbst denken wie sie wollen, ihren
Eindruck doch nicht verfehlen können. Dennoch mußt
Du deßhalb seine Ambition nicht geringer in Anschlag
bringen, sie im Gegentheil stets wach erhalten, durch
vorsichtiges Hingeben und Dankbarkeit für gezeigten
Eifer, aber auch durch sanften Verweis, wo Du ihn
für nöthig hältst, damit er sieht, Du habest ein Ur-

mal ließ mich endlich der Doctor heute wieder aus-
fahren, und ich richtete meinen Weg nach dem nicht
ſehr entfernten Park von Stranmore, um die friſche
Luft und das Vergnügen eines romantiſchen Spa-
ziergangs recht mit vollen Zügen zu genießen. In
die Gärten wurde mir jedoch der Eintritt nicht ver-
ſtattet, obgleich ich meine Karte der Gebieterin zu-
ſchickte. Wir ſind freilich liberaler, aber dieſes vor-
nehme Rarmachen hat auch ſein Gutes. Es giebt
den Dingen ſelbſt, und der Vergünſtigung ebenfalls,
wenn ſie eintritt, mehr Werth.

Apropos, dabei fällt mir Dein neuer Direktor ein.
Es iſt ein Gewinn für uns, ihn zu erhalten, dem-
ohngeachtet bitte ich Dich, es ein wenig mit ihm,
wie die Beſitzerin von Stranmore zu machen. Sey
nicht von Anfang an zu ſehr zuvorkommend, damit
Dir, wenn ſie verdient wird, Steigerung übrig bleibt.
Sey freundlich, aber mit Würde, immer die obere
Stellung nüancirend, die Du gegen ihn nothwendig
zu behaupten haſt. Suche ihn nicht durch Schmeiche-
leyen und überartiges Behandeln zu gewinnen, ſon-
dern lieber durch ehrendes Vertrauen, und auch durch
ſolide Vortheile, die am Ende auf alle Leute, ſie
mögen reden und ſelbſt denken wie ſie wollen, ihren
Eindruck doch nicht verfehlen können. Dennoch mußt
Du deßhalb ſeine Ambition nicht geringer in Anſchlag
bringen, ſie im Gegentheil ſtets wach erhalten, durch
vorſichtiges Hingeben und Dankbarkeit für gezeigten
Eifer, aber auch durch ſanften Verweis, wo Du ihn
für nöthig hältſt, damit er ſieht, Du habeſt ein Ur-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0333" n="315"/>
mal ließ mich endlich der Doctor heute wieder aus-<lb/>
fahren, und ich richtete meinen Weg nach dem nicht<lb/>
&#x017F;ehr entfernten Park von Stranmore, um die fri&#x017F;che<lb/>
Luft und das Vergnügen eines romanti&#x017F;chen Spa-<lb/>
ziergangs recht mit vollen Zügen zu genießen. In<lb/>
die Gärten wurde mir jedoch der Eintritt nicht ver-<lb/>
&#x017F;tattet, obgleich ich meine Karte der Gebieterin zu-<lb/>
&#x017F;chickte. <hi rendition="#g">Wir</hi> &#x017F;ind freilich liberaler, aber die&#x017F;es vor-<lb/>
nehme Rarmachen hat auch &#x017F;ein Gutes. Es giebt<lb/>
den Dingen &#x017F;elb&#x017F;t, und der Vergün&#x017F;tigung ebenfalls,<lb/>
wenn &#x017F;ie eintritt, mehr Werth.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Apropos,</hi> dabei fällt mir Dein neuer Direktor ein.<lb/>
Es i&#x017F;t ein Gewinn für uns, ihn zu erhalten, dem-<lb/>
ohngeachtet bitte ich Dich, es ein wenig mit ihm,<lb/>
wie die Be&#x017F;itzerin von Stranmore zu machen. Sey<lb/>
nicht von Anfang an zu &#x017F;ehr zuvorkommend, damit<lb/>
Dir, wenn &#x017F;ie verdient wird, Steigerung übrig bleibt.<lb/>
Sey freundlich, aber mit Würde, immer die <hi rendition="#g">obere</hi><lb/>
Stellung nüancirend, die Du gegen ihn nothwendig<lb/>
zu behaupten ha&#x017F;t. Suche ihn nicht durch Schmeiche-<lb/>
leyen und überartiges Behandeln zu gewinnen, &#x017F;on-<lb/>
dern lieber durch ehrendes Vertrauen, und auch durch<lb/>
&#x017F;olide Vortheile, die am Ende auf alle Leute, &#x017F;ie<lb/>
mögen reden und &#x017F;elb&#x017F;t denken wie &#x017F;ie wollen, ihren<lb/>
Eindruck doch nicht verfehlen können. Dennoch mußt<lb/>
Du deßhalb &#x017F;eine Ambition nicht geringer in An&#x017F;chlag<lb/>
bringen, &#x017F;ie im Gegentheil &#x017F;tets wach erhalten, durch<lb/>
vor&#x017F;ichtiges Hingeben und Dankbarkeit für gezeigten<lb/>
Eifer, aber auch durch &#x017F;anften Verweis, wo Du ihn<lb/>
für nöthig hält&#x017F;t, damit er &#x017F;ieht, Du habe&#x017F;t ein Ur-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0333] mal ließ mich endlich der Doctor heute wieder aus- fahren, und ich richtete meinen Weg nach dem nicht ſehr entfernten Park von Stranmore, um die friſche Luft und das Vergnügen eines romantiſchen Spa- ziergangs recht mit vollen Zügen zu genießen. In die Gärten wurde mir jedoch der Eintritt nicht ver- ſtattet, obgleich ich meine Karte der Gebieterin zu- ſchickte. Wir ſind freilich liberaler, aber dieſes vor- nehme Rarmachen hat auch ſein Gutes. Es giebt den Dingen ſelbſt, und der Vergünſtigung ebenfalls, wenn ſie eintritt, mehr Werth. Apropos, dabei fällt mir Dein neuer Direktor ein. Es iſt ein Gewinn für uns, ihn zu erhalten, dem- ohngeachtet bitte ich Dich, es ein wenig mit ihm, wie die Beſitzerin von Stranmore zu machen. Sey nicht von Anfang an zu ſehr zuvorkommend, damit Dir, wenn ſie verdient wird, Steigerung übrig bleibt. Sey freundlich, aber mit Würde, immer die obere Stellung nüancirend, die Du gegen ihn nothwendig zu behaupten haſt. Suche ihn nicht durch Schmeiche- leyen und überartiges Behandeln zu gewinnen, ſon- dern lieber durch ehrendes Vertrauen, und auch durch ſolide Vortheile, die am Ende auf alle Leute, ſie mögen reden und ſelbſt denken wie ſie wollen, ihren Eindruck doch nicht verfehlen können. Dennoch mußt Du deßhalb ſeine Ambition nicht geringer in Anſchlag bringen, ſie im Gegentheil ſtets wach erhalten, durch vorſichtiges Hingeben und Dankbarkeit für gezeigten Eifer, aber auch durch ſanften Verweis, wo Du ihn für nöthig hältſt, damit er ſieht, Du habeſt ein Ur-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/333
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/333>, abgerufen am 24.11.2024.