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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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annahen meiner körperlichen Auflösung. Als einer,
der gern beobachtet, möchte ich auch mich selbst, so
zu sagen, sterben fühlen und sehen, so weit dies
möglich ist, d. h. bis zum letzten Augenblick mit vol-
ler Besinnung meine Emotionen und Gedanken be-
trachten, die Existenz auskosten bis zum letzten Au-
genblick. Ein plötzlicher Tod kömmt mir wie et-
was Gemeines, Thierisches vor, nur ein langsamer,
mit vollem Bewußtseyn wie ein veredelter, menschli-
cher. Ich hoffe übrigens sehr ruhig zu sterben, denn
obgleich ich eben nicht ganz zum heiligen des Le-
bens gekommen bin, so habe ich mich doch an Liebe
und Güte gehalten, und immer die Menschheit, wenn
auch nicht zuviel einzelne Menschen geliebt. Also
noch nicht reif für den Himmel, wünsche ich recht
sehr, nach meiner Theorie der Metempsychose, noch
öfters auf dieser lieben Erde einheimisch zu werden.
Der Planet ist schön und interessant genug, um sich
einige tausend Jahre in immer erneuter Menschenge-
stalt darauf umherzutummeln. Ist es aber anders,
so ist mir's auch recht. Aus Gott und aus der Welt
fällt man einmal gewiß nicht, und dümmer und
schlechter wird man wahrscheinlich auch nicht, sondern
eher gescheidter und besser.

Das schlimmste beim Tode für mich wäre der Ge-
danke an Deinen Schmerz, und doch -- würde ich
vielleicht ohne das Bewußtseyn Deiner Liebe nicht
ganz so wohlthätig und resignirt sterben können. Es
ist ein so süßes Gefühl beim Tode, zu wissen, daß
man auch jetzt noch Jemand zurückläßt, der unser

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annahen meiner körperlichen Auflöſung. Als einer,
der gern beobachtet, möchte ich auch mich ſelbſt, ſo
zu ſagen, ſterben fühlen und ſehen, ſo weit dies
möglich iſt, d. h. bis zum letzten Augenblick mit vol-
ler Beſinnung meine Emotionen und Gedanken be-
trachten, die Exiſtenz auskoſten bis zum letzten Au-
genblick. Ein plötzlicher Tod kömmt mir wie et-
was Gemeines, Thieriſches vor, nur ein langſamer,
mit vollem Bewußtſeyn wie ein veredelter, menſchli-
cher. Ich hoffe übrigens ſehr ruhig zu ſterben, denn
obgleich ich eben nicht ganz zum heiligen des Le-
bens gekommen bin, ſo habe ich mich doch an Liebe
und Güte gehalten, und immer die Menſchheit, wenn
auch nicht zuviel einzelne Menſchen geliebt. Alſo
noch nicht reif für den Himmel, wünſche ich recht
ſehr, nach meiner Theorie der Metempſychoſe, noch
öfters auf dieſer lieben Erde einheimiſch zu werden.
Der Planet iſt ſchön und intereſſant genug, um ſich
einige tauſend Jahre in immer erneuter Menſchenge-
ſtalt darauf umherzutummeln. Iſt es aber anders,
ſo iſt mir’s auch recht. Aus Gott und aus der Welt
fällt man einmal gewiß nicht, und dümmer und
ſchlechter wird man wahrſcheinlich auch nicht, ſondern
eher geſcheidter und beſſer.

Das ſchlimmſte beim Tode für mich wäre der Ge-
danke an Deinen Schmerz, und doch — würde ich
vielleicht ohne das Bewußtſeyn Deiner Liebe nicht
ganz ſo wohlthätig und reſignirt ſterben können. Es
iſt ein ſo ſüßes Gefühl beim Tode, zu wiſſen, daß
man auch jetzt noch Jemand zurückläßt, der unſer

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[307/0325] annahen meiner körperlichen Auflöſung. Als einer, der gern beobachtet, möchte ich auch mich ſelbſt, ſo zu ſagen, ſterben fühlen und ſehen, ſo weit dies möglich iſt, d. h. bis zum letzten Augenblick mit vol- ler Beſinnung meine Emotionen und Gedanken be- trachten, die Exiſtenz auskoſten bis zum letzten Au- genblick. Ein plötzlicher Tod kömmt mir wie et- was Gemeines, Thieriſches vor, nur ein langſamer, mit vollem Bewußtſeyn wie ein veredelter, menſchli- cher. Ich hoffe übrigens ſehr ruhig zu ſterben, denn obgleich ich eben nicht ganz zum heiligen des Le- bens gekommen bin, ſo habe ich mich doch an Liebe und Güte gehalten, und immer die Menſchheit, wenn auch nicht zuviel einzelne Menſchen geliebt. Alſo noch nicht reif für den Himmel, wünſche ich recht ſehr, nach meiner Theorie der Metempſychoſe, noch öfters auf dieſer lieben Erde einheimiſch zu werden. Der Planet iſt ſchön und intereſſant genug, um ſich einige tauſend Jahre in immer erneuter Menſchenge- ſtalt darauf umherzutummeln. Iſt es aber anders, ſo iſt mir’s auch recht. Aus Gott und aus der Welt fällt man einmal gewiß nicht, und dümmer und ſchlechter wird man wahrſcheinlich auch nicht, ſondern eher geſcheidter und beſſer. Das ſchlimmſte beim Tode für mich wäre der Ge- danke an Deinen Schmerz, und doch — würde ich vielleicht ohne das Bewußtſeyn Deiner Liebe nicht ganz ſo wohlthätig und reſignirt ſterben können. Es iſt ein ſo ſüßes Gefühl beim Tode, zu wiſſen, daß man auch jetzt noch Jemand zurückläßt, der unſer 20*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/325>, abgerufen am 24.11.2024.