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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Schon bin ich wieder von Bällen und Diners er-
müdet, und coquettire wieder mit dem Meer, dem
einzigen poetischen Gegenstand in der hiesigen pro-
saischen Welt. Eben ging ich, bei'm Scheiden der
Nacht, von einem Rout am äußersten Ende der Stadt
kommend, wohl eine halbe Stunde zu Fuß an seinen
Ufern hin, unter dem Schäumen und Donnern der
ankommenden Fluth. Die Sterne blinkten noch klar
funkelnd herab, ewige Ruhe thronte oben, und wil-
des Brausen und Wallen tobte hier unten -- Him-
mel und Erde in ihrem wahrsten Bilde! Wie herr-
lich, wie wohlthuend, wie furchtbar, wie angsterre-
gend ist doch diese Welt! die Welt -- die nie anfing,
die nie endet -- deren Raum nirgends begrenzt ist
-- in deren nach allen Seiten endloser Verfolgung
die Phantasie selbst schaudernd sich verhüllend, zu
Boden sinkt. Ach, meine theure Julie, Liebe nur
findet den Ausweg aus diesem Labyrinth! Sagt nicht
auch Göthe: Glücklich allein ist die Seele die liebt!



Wir haben heute eine vortreffliche Jagd gemacht.
Das Wetter war selten klar und sonnig, dabei wohl
an hundert Rothröcke versammelt. Ein solches Schau-
spiel ist gewiß voller Interesse, die vielen schönen
Pferde, die elegant gekleideten Jäger, fünfzig bis
sechzig Hunde, die über Stock und Stein Reineke
verfolgen, und das wilde Reiterheer hinterdrein, die

Schon bin ich wieder von Bällen und Dinérs er-
müdet, und coquettire wieder mit dem Meer, dem
einzigen poetiſchen Gegenſtand in der hieſigen pro-
ſaiſchen Welt. Eben ging ich, bei’m Scheiden der
Nacht, von einem Rout am äußerſten Ende der Stadt
kommend, wohl eine halbe Stunde zu Fuß an ſeinen
Ufern hin, unter dem Schäumen und Donnern der
ankommenden Fluth. Die Sterne blinkten noch klar
funkelnd herab, ewige Ruhe thronte oben, und wil-
des Brauſen und Wallen tobte hier unten — Him-
mel und Erde in ihrem wahrſten Bilde! Wie herr-
lich, wie wohlthuend, wie furchtbar, wie angſterre-
gend iſt doch dieſe Welt! die Welt — die nie anfing,
die nie endet — deren Raum nirgends begrenzt iſt
— in deren nach allen Seiten endloſer Verfolgung
die Phantaſie ſelbſt ſchaudernd ſich verhüllend, zu
Boden ſinkt. Ach, meine theure Julie, Liebe nur
findet den Ausweg aus dieſem Labyrinth! Sagt nicht
auch Göthe: Glücklich allein iſt die Seele die liebt!



Wir haben heute eine vortreffliche Jagd gemacht.
Das Wetter war ſelten klar und ſonnig, dabei wohl
an hundert Rothröcke verſammelt. Ein ſolches Schau-
ſpiel iſt gewiß voller Intereſſe, die vielen ſchönen
Pferde, die elegant gekleideten Jäger, fünfzig bis
ſechzig Hunde, die über Stock und Stein Reineke
verfolgen, und das wilde Reiterheer hinterdrein, die

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[304/0322] Schon bin ich wieder von Bällen und Dinérs er- müdet, und coquettire wieder mit dem Meer, dem einzigen poetiſchen Gegenſtand in der hieſigen pro- ſaiſchen Welt. Eben ging ich, bei’m Scheiden der Nacht, von einem Rout am äußerſten Ende der Stadt kommend, wohl eine halbe Stunde zu Fuß an ſeinen Ufern hin, unter dem Schäumen und Donnern der ankommenden Fluth. Die Sterne blinkten noch klar funkelnd herab, ewige Ruhe thronte oben, und wil- des Brauſen und Wallen tobte hier unten — Him- mel und Erde in ihrem wahrſten Bilde! Wie herr- lich, wie wohlthuend, wie furchtbar, wie angſterre- gend iſt doch dieſe Welt! die Welt — die nie anfing, die nie endet — deren Raum nirgends begrenzt iſt — in deren nach allen Seiten endloſer Verfolgung die Phantaſie ſelbſt ſchaudernd ſich verhüllend, zu Boden ſinkt. Ach, meine theure Julie, Liebe nur findet den Ausweg aus dieſem Labyrinth! Sagt nicht auch Göthe: Glücklich allein iſt die Seele die liebt! Den 24ſten. Wir haben heute eine vortreffliche Jagd gemacht. Das Wetter war ſelten klar und ſonnig, dabei wohl an hundert Rothröcke verſammelt. Ein ſolches Schau- ſpiel iſt gewiß voller Intereſſe, die vielen ſchönen Pferde, die elegant gekleideten Jäger, fünfzig bis ſechzig Hunde, die über Stock und Stein Reineke verfolgen, und das wilde Reiterheer hinterdrein, die

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/322>, abgerufen am 24.11.2024.