wegzunehmen. Später werde ich ja selbst kommen, und die Spreu vom Weitzen sondern.
Den 31sten.
Don Miguel von Portugal ist hier angekommen, und ich ward ihm heute früh vorgestellt. Nur das Corps diplomatique und einige wenige Fremde wa- ren zugegen. Der junge Prinz ist nicht übel, sieht sogar Napoleon ähnlich, war aber etwas embarras- sirter in seinem Benehmen. Er trug sieben Sterne und gleichfalls sieben große Ordensbänder über den Rock. Seine Gesichtsfarbe glich der Olive seines Va- terlandes, und der Ausdruck seiner Physiognomie war mehr melancholisch als heiter.
Den 1sten Jänner 1828.
Meinen besten Wunsch zum heutigen Tage, und den herzlichsten Kuß zum Anfang desselben. Viel- leicht ist dies das gute Jahr, welches wir, wie die Juden den rechten Messias, schon so lange vergebens erwarten. Die Eröffnung desselben ward wenigstens von mir sehr heiter verlebt. Wir hatten den gestri- gen Tag bei Sir L. M., der fünf bis sechs sehr hübsche Weiber und Mädchen eingeladen hatte, zu- gebracht, und gegen Mitternacht dem neuen Jahr
wegzunehmen. Später werde ich ja ſelbſt kommen, und die Spreu vom Weitzen ſondern.
Den 31ſten.
Don Miguel von Portugal iſt hier angekommen, und ich ward ihm heute früh vorgeſtellt. Nur das Corps diplomatique und einige wenige Fremde wa- ren zugegen. Der junge Prinz iſt nicht übel, ſieht ſogar Napoleon ähnlich, war aber etwas embarraſ- ſirter in ſeinem Benehmen. Er trug ſieben Sterne und gleichfalls ſieben große Ordensbänder über den Rock. Seine Geſichtsfarbe glich der Olive ſeines Va- terlandes, und der Ausdruck ſeiner Phyſiognomie war mehr melancholiſch als heiter.
Den 1ſten Jaͤnner 1828.
Meinen beſten Wunſch zum heutigen Tage, und den herzlichſten Kuß zum Anfang desſelben. Viel- leicht iſt dies das gute Jahr, welches wir, wie die Juden den rechten Meſſias, ſchon ſo lange vergebens erwarten. Die Eröffnung desſelben ward wenigſtens von mir ſehr heiter verlebt. Wir hatten den geſtri- gen Tag bei Sir L. M., der fünf bis ſechs ſehr hübſche Weiber und Mädchen eingeladen hatte, zu- gebracht, und gegen Mitternacht dem neuen Jahr
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wegzunehmen. Später werde ich ja ſelbſt kommen,
und die Spreu vom Weitzen ſondern.
Den 31ſten.
Don Miguel von Portugal iſt hier angekommen,
und ich ward ihm heute früh vorgeſtellt. Nur das
Corps diplomatique und einige wenige Fremde wa-
ren zugegen. Der junge Prinz iſt nicht übel, ſieht
ſogar Napoleon ähnlich, war aber etwas embarraſ-
ſirter in ſeinem Benehmen. Er trug ſieben Sterne
und gleichfalls ſieben große Ordensbänder über den
Rock. Seine Geſichtsfarbe glich der Olive ſeines Va-
terlandes, und der Ausdruck ſeiner Phyſiognomie
war mehr melancholiſch als heiter.
Den 1ſten Jaͤnner 1828.
Meinen beſten Wunſch zum heutigen Tage, und
den herzlichſten Kuß zum Anfang desſelben. Viel-
leicht iſt dies das gute Jahr, welches wir, wie die
Juden den rechten Meſſias, ſchon ſo lange vergebens
erwarten. Die Eröffnung desſelben ward wenigſtens
von mir ſehr heiter verlebt. Wir hatten den geſtri-
gen Tag bei Sir L. M., der fünf bis ſechs ſehr
hübſche Weiber und Mädchen eingeladen hatte, zu-
gebracht, und gegen Mitternacht dem neuen Jahr
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/310>, abgerufen am 24.11.2024.
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