Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

geht doch gewiß kein Wort bei mir verloren. Denke
nur, daß man der Rose keine andere Antwort auf
ihren köstlichen Duft gibt, als daß man ihn mit Wohl-
behagen einathmet. Sie einzeln zu zerpflücken würde
den Genuß nicht vermehren. Uebrigens bedaure ich,
jetzt selbst zu wenig Stimmung und zu wenig Stoff
zu haben, um Dir gleiche Rosen zuzusenden. Die
Wand ist so kahl vor mir wie ein weißes Tuch, und
keine Art von ombre chinoise will noch darauf er-
scheinen.



Sir G. O., früher englischer Gesandter in Persien,
hatte mich auf sein Landgut eingeladen, und da es
so nahe ist, und einige Abwechslung versprach, fuhr
ich gestern dahin.

Bei Nacht und Regen kam ich spät an, und mußte
sogleich Toilette machen, um zu einem Ball bei Lady
Salisbury nach Hatfield zu fahren, den diese dort
auf ihrem Schlosse an einem bestimmten Tage jeder
Woche für die Umgegend gibt, so lange sie auf dem
Lande ist. Das Besuchen desselben wird daher wie
eine Art Visite angesehn, und keine Einladung dazu
ertheilt. Sir G. nahm seine ganze Gesellschaft mit,
unter der sich ausser seiner Familie auch Lord Strang-
ford, der bekannte Ambassadeur in Constantinopel,
befand.

geht doch gewiß kein Wort bei mir verloren. Denke
nur, daß man der Roſe keine andere Antwort auf
ihren köſtlichen Duft gibt, als daß man ihn mit Wohl-
behagen einathmet. Sie einzeln zu zerpflücken würde
den Genuß nicht vermehren. Uebrigens bedaure ich,
jetzt ſelbſt zu wenig Stimmung und zu wenig Stoff
zu haben, um Dir gleiche Roſen zuzuſenden. Die
Wand iſt ſo kahl vor mir wie ein weißes Tuch, und
keine Art von ombre chinoise will noch darauf er-
ſcheinen.



Sir G. O., früher engliſcher Geſandter in Perſien,
hatte mich auf ſein Landgut eingeladen, und da es
ſo nahe iſt, und einige Abwechslung verſprach, fuhr
ich geſtern dahin.

Bei Nacht und Regen kam ich ſpät an, und mußte
ſogleich Toilette machen, um zu einem Ball bei Lady
Salisbury nach Hatfield zu fahren, den dieſe dort
auf ihrem Schloſſe an einem beſtimmten Tage jeder
Woche für die Umgegend gibt, ſo lange ſie auf dem
Lande iſt. Das Beſuchen deſſelben wird daher wie
eine Art Viſite angeſehn, und keine Einladung dazu
ertheilt. Sir G. nahm ſeine ganze Geſellſchaft mit,
unter der ſich auſſer ſeiner Familie auch Lord Strang-
ford, der bekannte Ambaſſadeur in Conſtantinopel,
befand.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="272"/>
geht doch gewiß kein Wort bei mir verloren. Denke<lb/>
nur, daß man der Ro&#x017F;e keine andere Antwort auf<lb/>
ihren kö&#x017F;tlichen Duft gibt, als daß man ihn mit Wohl-<lb/>
behagen einathmet. Sie einzeln zu zerpflücken würde<lb/>
den Genuß nicht vermehren. Uebrigens bedaure ich,<lb/>
jetzt &#x017F;elb&#x017F;t zu wenig Stimmung und zu wenig Stoff<lb/>
zu haben, um Dir gleiche Ro&#x017F;en zuzu&#x017F;enden. Die<lb/>
Wand i&#x017F;t &#x017F;o kahl vor mir wie ein weißes Tuch, und<lb/>
keine Art von <hi rendition="#aq">ombre chinoise</hi> will noch darauf er-<lb/>
&#x017F;cheinen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Woolmers, den 11ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Sir G. O., früher engli&#x017F;cher Ge&#x017F;andter in Per&#x017F;ien,<lb/>
hatte mich auf &#x017F;ein Landgut eingeladen, und da es<lb/>
&#x017F;o nahe i&#x017F;t, und einige Abwechslung ver&#x017F;prach, fuhr<lb/>
ich ge&#x017F;tern dahin.</p><lb/>
          <p>Bei Nacht und Regen kam ich &#x017F;pät an, und mußte<lb/>
&#x017F;ogleich Toilette machen, um zu einem Ball bei Lady<lb/>
Salisbury nach Hatfield zu fahren, den die&#x017F;e dort<lb/>
auf ihrem Schlo&#x017F;&#x017F;e an einem be&#x017F;timmten Tage jeder<lb/>
Woche für die Umgegend gibt, &#x017F;o lange &#x017F;ie auf dem<lb/>
Lande i&#x017F;t. Das Be&#x017F;uchen de&#x017F;&#x017F;elben wird daher wie<lb/>
eine Art Vi&#x017F;ite ange&#x017F;ehn, und keine Einladung dazu<lb/>
ertheilt. Sir G. nahm &#x017F;eine ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft mit,<lb/>
unter der &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;einer Familie auch Lord Strang-<lb/>
ford, der bekannte Amba&#x017F;&#x017F;adeur in Con&#x017F;tantinopel,<lb/>
befand.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0288] geht doch gewiß kein Wort bei mir verloren. Denke nur, daß man der Roſe keine andere Antwort auf ihren köſtlichen Duft gibt, als daß man ihn mit Wohl- behagen einathmet. Sie einzeln zu zerpflücken würde den Genuß nicht vermehren. Uebrigens bedaure ich, jetzt ſelbſt zu wenig Stimmung und zu wenig Stoff zu haben, um Dir gleiche Roſen zuzuſenden. Die Wand iſt ſo kahl vor mir wie ein weißes Tuch, und keine Art von ombre chinoise will noch darauf er- ſcheinen. Woolmers, den 11ten. Sir G. O., früher engliſcher Geſandter in Perſien, hatte mich auf ſein Landgut eingeladen, und da es ſo nahe iſt, und einige Abwechslung verſprach, fuhr ich geſtern dahin. Bei Nacht und Regen kam ich ſpät an, und mußte ſogleich Toilette machen, um zu einem Ball bei Lady Salisbury nach Hatfield zu fahren, den dieſe dort auf ihrem Schloſſe an einem beſtimmten Tage jeder Woche für die Umgegend gibt, ſo lange ſie auf dem Lande iſt. Das Beſuchen deſſelben wird daher wie eine Art Viſite angeſehn, und keine Einladung dazu ertheilt. Sir G. nahm ſeine ganze Geſellſchaft mit, unter der ſich auſſer ſeiner Familie auch Lord Strang- ford, der bekannte Ambaſſadeur in Conſtantinopel, befand.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/288
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/288>, abgerufen am 24.11.2024.