Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Besitzers den Rest, und ließ wenigstens die Kirche
seitdem in statu quo.



Ich hatte einen Brief an Lord Mulgrave, den
Besitzer eines großen Alaunbergwerks, schönen Schlosses
und Parks am Seeufer, geschrieben, und ihn gebe-
ten, mich diese Dinge sehen zu lassen. Er schickte
mir eine sehr artige Antwort und einen Reitknecht
zu Pferde, mich überall hinzubegleiten. Dies machte
das gestrige Uebel in der kleinen Stadt noch ärger,
und der Magistrgt becomplimentirte mich eine Stunde
darauf durch Absendung zweier Mitglieder, die zu-
gleich Secretaire des Museums waren, welches sie
mir zu zeigen sich anboten. Da dieses Museum in
der That wegen der vielen hier gefundenen Fossilien
sehr merkwürdig ist, so nahm ich es an. Die halbe
Stadt war wieder versammelt, und folgte uns mit
der Arriergarde einer sehr geräuschvollen Jugend.
Im Museum waren eine große Menge Honoratioren
versammelt, und ein Blumenflor neugieriger Damen,
von deren anziehenden Blicken ich meine Augen je-
den Augenblick auf ein Crocodill, einen alten Wall-
fischzahn, oder einen versteinerten Fisch wenden mußte.
Die beiden Secretaire hatten sich in die Merkwür-
digkeiten getheilt. Der eine machte die Honneurs
der Fische und Amphibien, der andere die der Qua-
drupeden, Vögel und Mineralien. Beide waren aber

Beſitzers den Reſt, und ließ wenigſtens die Kirche
ſeitdem in statu quo.



Ich hatte einen Brief an Lord Mulgrave, den
Beſitzer eines großen Alaunbergwerks, ſchönen Schloſſes
und Parks am Seeufer, geſchrieben, und ihn gebe-
ten, mich dieſe Dinge ſehen zu laſſen. Er ſchickte
mir eine ſehr artige Antwort und einen Reitknecht
zu Pferde, mich überall hinzubegleiten. Dies machte
das geſtrige Uebel in der kleinen Stadt noch ärger,
und der Magiſtrgt becomplimentirte mich eine Stunde
darauf durch Abſendung zweier Mitglieder, die zu-
gleich Secretaire des Muſeums waren, welches ſie
mir zu zeigen ſich anboten. Da dieſes Muſeum in
der That wegen der vielen hier gefundenen Foſſilien
ſehr merkwürdig iſt, ſo nahm ich es an. Die halbe
Stadt war wieder verſammelt, und folgte uns mit
der Arriergarde einer ſehr geräuſchvollen Jugend.
Im Muſeum waren eine große Menge Honoratioren
verſammelt, und ein Blumenflor neugieriger Damen,
von deren anziehenden Blicken ich meine Augen je-
den Augenblick auf ein Crocodill, einen alten Wall-
fiſchzahn, oder einen verſteinerten Fiſch wenden mußte.
Die beiden Secretaire hatten ſich in die Merkwür-
digkeiten getheilt. Der eine machte die Honneurs
der Fiſche und Amphibien, der andere die der Qua-
drupeden, Vögel und Mineralien. Beide waren aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0222" n="206"/>
Be&#x017F;itzers den Re&#x017F;t, und ließ wenig&#x017F;tens die Kirche<lb/>
&#x017F;eitdem <hi rendition="#aq">in statu quo.</hi></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Guisborough Abends.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Ich hatte einen Brief an Lord Mulgrave, den<lb/>
Be&#x017F;itzer eines großen Alaunbergwerks, &#x017F;chönen Schlo&#x017F;&#x017F;es<lb/>
und Parks am Seeufer, ge&#x017F;chrieben, und ihn gebe-<lb/>
ten, mich die&#x017F;e Dinge &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en. Er &#x017F;chickte<lb/>
mir eine &#x017F;ehr artige Antwort und einen Reitknecht<lb/>
zu Pferde, mich überall hinzubegleiten. Dies machte<lb/>
das ge&#x017F;trige Uebel in der kleinen Stadt noch ärger,<lb/>
und der Magi&#x017F;trgt becomplimentirte mich eine Stunde<lb/>
darauf durch Ab&#x017F;endung zweier Mitglieder, die zu-<lb/>
gleich Secretaire des Mu&#x017F;eums waren, welches &#x017F;ie<lb/>
mir zu zeigen &#x017F;ich anboten. Da die&#x017F;es Mu&#x017F;eum in<lb/>
der That wegen der vielen hier gefundenen Fo&#x017F;&#x017F;ilien<lb/>
&#x017F;ehr merkwürdig i&#x017F;t, &#x017F;o nahm ich es an. Die halbe<lb/>
Stadt war wieder ver&#x017F;ammelt, und folgte uns mit<lb/>
der Arriergarde einer &#x017F;ehr geräu&#x017F;chvollen Jugend.<lb/>
Im Mu&#x017F;eum waren eine große Menge Honoratioren<lb/>
ver&#x017F;ammelt, und ein Blumenflor neugieriger Damen,<lb/>
von deren anziehenden Blicken ich meine Augen je-<lb/>
den Augenblick auf ein Crocodill, einen alten Wall-<lb/>
fi&#x017F;chzahn, oder einen ver&#x017F;teinerten Fi&#x017F;ch wenden mußte.<lb/>
Die beiden Secretaire hatten &#x017F;ich in die Merkwür-<lb/>
digkeiten getheilt. Der eine machte die Honneurs<lb/>
der Fi&#x017F;che und Amphibien, der andere die der Qua-<lb/>
drupeden, Vögel und Mineralien. Beide waren aber<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0222] Beſitzers den Reſt, und ließ wenigſtens die Kirche ſeitdem in statu quo. Guisborough Abends. Ich hatte einen Brief an Lord Mulgrave, den Beſitzer eines großen Alaunbergwerks, ſchönen Schloſſes und Parks am Seeufer, geſchrieben, und ihn gebe- ten, mich dieſe Dinge ſehen zu laſſen. Er ſchickte mir eine ſehr artige Antwort und einen Reitknecht zu Pferde, mich überall hinzubegleiten. Dies machte das geſtrige Uebel in der kleinen Stadt noch ärger, und der Magiſtrgt becomplimentirte mich eine Stunde darauf durch Abſendung zweier Mitglieder, die zu- gleich Secretaire des Muſeums waren, welches ſie mir zu zeigen ſich anboten. Da dieſes Muſeum in der That wegen der vielen hier gefundenen Foſſilien ſehr merkwürdig iſt, ſo nahm ich es an. Die halbe Stadt war wieder verſammelt, und folgte uns mit der Arriergarde einer ſehr geräuſchvollen Jugend. Im Muſeum waren eine große Menge Honoratioren verſammelt, und ein Blumenflor neugieriger Damen, von deren anziehenden Blicken ich meine Augen je- den Augenblick auf ein Crocodill, einen alten Wall- fiſchzahn, oder einen verſteinerten Fiſch wenden mußte. Die beiden Secretaire hatten ſich in die Merkwür- digkeiten getheilt. Der eine machte die Honneurs der Fiſche und Amphibien, der andere die der Qua- drupeden, Vögel und Mineralien. Beide waren aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/222
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/222>, abgerufen am 24.11.2024.