ihn nicht für schlecht, aber doch für böse, weil er von jeher eine Art Vergnügen daran gefunden habe, wehe zu thun, besonders Weibern, obgleich, wenn er liebenswürdig seyn wollte, ihm, wie sie selbst nicht läugnen konnte, kaum Eine zu widerstehen v[er-] mochte. Seine Frau, fuhr sie fort, sey allerdings eine kalte, eitle, und dabei noch dazu gelehrte När- rin gewesen, aber Byron habe sie auch übel behan- delt, und wirklich raffinirt gemartert, wahrscheinlich besonders deßwegen, weil sie ihn zuerst ausgeschla- gen, als er um sie anhielt, wofür er ihr gleich am Hochzeitstage eine nie endende Rache geschworen habe.
Ich traute diesen Erzählungen nicht sehr, so viel Respekt ich auch sonst für die alte Dame fühlte, denn eine Dichterseele, wie die Lord Byrons, ist schwer zu beurtheilen! Der gewöhnliche Maaßstab paßt nun und nimmermehr dafür, und ich bezweifle sehr, daß bei dem Geäusserten ein anderer angelegt war.
Wenn man sich irgendwo gut gefällt, gefällt man auch gewöhnlich selbst, und so bat man mich denn dringend, einige Tage in diesem kleinen Paradies wohnen zu bleiben. Meine Rastlosigkeit ist aber, Du weißt es zur Genüge, eben so groß als meine Träg- heit, und wie ich da, wo ich einmal fest sitze, schwer zur Bewegung zu bringen bin (temoin mein unnützer langer Aufenthalt in London) so kann ich mich auch schwer zum Bleiben zwingen, wo das Interesse des Augenblicks bereits erschöpft ist. Ich lehnte also die Einladung dankbar ab, und kehrte nach Salthill zurück.
ihn nicht für ſchlecht, aber doch für böſe, weil er von jeher eine Art Vergnügen daran gefunden habe, wehe zu thun, beſonders Weibern, obgleich, wenn er liebenswürdig ſeyn wollte, ihm, wie ſie ſelbſt nicht läugnen konnte, kaum Eine zu widerſtehen v[er-] mochte. Seine Frau, fuhr ſie fort, ſey allerdings eine kalte, eitle, und dabei noch dazu gelehrte När- rin geweſen, aber Byron habe ſie auch übel behan- delt, und wirklich raffinirt gemartert, wahrſcheinlich beſonders deßwegen, weil ſie ihn zuerſt ausgeſchla- gen, als er um ſie anhielt, wofür er ihr gleich am Hochzeitstage eine nie endende Rache geſchworen habe.
Ich traute dieſen Erzählungen nicht ſehr, ſo viel Reſpekt ich auch ſonſt für die alte Dame fühlte, denn eine Dichterſeele, wie die Lord Byrons, iſt ſchwer zu beurtheilen! Der gewöhnliche Maaßſtab paßt nun und nimmermehr dafür, und ich bezweifle ſehr, daß bei dem Geäuſſerten ein anderer angelegt war.
Wenn man ſich irgendwo gut gefällt, gefällt man auch gewöhnlich ſelbſt, und ſo bat man mich denn dringend, einige Tage in dieſem kleinen Paradies wohnen zu bleiben. Meine Raſtloſigkeit iſt aber, Du weißt es zur Genüge, eben ſo groß als meine Träg- heit, und wie ich da, wo ich einmal feſt ſitze, ſchwer zur Bewegung zu bringen bin (témoin mein unnützer langer Aufenthalt in London) ſo kann ich mich auch ſchwer zum Bleiben zwingen, wo das Intereſſe des Augenblicks bereits erſchöpft iſt. Ich lehnte alſo die Einladung dankbar ab, und kehrte nach Salthill zurück.
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ihn nicht für ſchlecht, aber doch für böſe, weil er
von jeher eine Art Vergnügen daran gefunden habe,
wehe zu thun, beſonders Weibern, obgleich, wenn
er liebenswürdig ſeyn wollte, ihm, wie ſie ſelbſt
nicht läugnen konnte, kaum Eine zu widerſtehen ver-
mochte. Seine Frau, fuhr ſie fort, ſey allerdings
eine kalte, eitle, und dabei noch dazu gelehrte När-
rin geweſen, aber Byron habe ſie auch übel behan-
delt, und wirklich raffinirt gemartert, wahrſcheinlich
beſonders deßwegen, weil ſie ihn zuerſt ausgeſchla-
gen, als er um ſie anhielt, wofür er ihr gleich am
Hochzeitstage eine nie endende Rache geſchworen habe.
Ich traute dieſen Erzählungen nicht ſehr, ſo viel
Reſpekt ich auch ſonſt für die alte Dame fühlte, denn
eine Dichterſeele, wie die Lord Byrons, iſt ſchwer zu
beurtheilen! Der gewöhnliche Maaßſtab paßt nun
und nimmermehr dafür, und ich bezweifle ſehr, daß
bei dem Geäuſſerten ein anderer angelegt war.
Wenn man ſich irgendwo gut gefällt, gefällt man
auch gewöhnlich ſelbſt, und ſo bat man mich denn
dringend, einige Tage in dieſem kleinen Paradies
wohnen zu bleiben. Meine Raſtloſigkeit iſt aber, Du
weißt es zur Genüge, eben ſo groß als meine Träg-
heit, und wie ich da, wo ich einmal feſt ſitze, ſchwer
zur Bewegung zu bringen bin (témoin mein unnützer
langer Aufenthalt in London) ſo kann ich mich auch
ſchwer zum Bleiben zwingen, wo das Intereſſe des
Augenblicks bereits erſchöpft iſt. Ich lehnte alſo die
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/170>, abgerufen am 24.11.2024.
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