Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

necken, anspuckt, und dabei so richtig trifft, und so
schnell und plötzlich auf seinen Gegner losspringt,
daß man nur mit vieler Mühe der zugedachten La-
dung entgeht.

Leider hat Chiswick nur stehendes und schlammi-
ges Wasser, was zuweilen so austrocknet, daß der
Elephant, bei starkem Durst, den Rest aussaufen
könnte.

Durch eine Reihe lieblicher Villen und Landhäuser
aller Art, unter dem Gewimmel von Reitern, Land-
kutschen, Reisewagen und Kohlenkarren mit Riesen-
pferden bespannt, dazwischen mit gelegentlichen schö-
nen Aussichten auf die Themse, langte ich nach einer
Stunde raschen Fahrens wieder bei Hydeparkcorner
an, und begrub mich von Neuem in das Labyrinth
der unermeßlichen Stadt.

Den andern Tag besuchte ich die City mit meinem
Lohnbedienten, einem Schweizer, der Aegypten, Sy-
rien, Sibirien und Amerika bereist, ein russisches
Postbuch herausgegeben, die erste Nachricht von der
Einnahme Hamburgs durch Tettenborn, nebst einem
Kosacken in natura, nach London gebracht, und zu-
letzt Napoleons Krönungs-Anzug in Paris erstanden,
und hier für 5 Schilling Eintrittsgeld gezeigt hat,
dabei geläufig die meisten europäischen Sprachen
spricht, und also mit einer halben Guinnea täglich
nicht zu theuer bezahlt wird. Auch als Arzt ist er
zu gebrauchen, denn er hat auf seinen Reisen so viel
Arcana und Recepte gesammelt, daß er wundervolle

necken, anſpuckt, und dabei ſo richtig trifft, und ſo
ſchnell und plötzlich auf ſeinen Gegner losſpringt,
daß man nur mit vieler Mühe der zugedachten La-
dung entgeht.

Leider hat Chiswick nur ſtehendes und ſchlammi-
ges Waſſer, was zuweilen ſo austrocknet, daß der
Elephant, bei ſtarkem Durſt, den Reſt ausſaufen
könnte.

Durch eine Reihe lieblicher Villen und Landhäuſer
aller Art, unter dem Gewimmel von Reitern, Land-
kutſchen, Reiſewagen und Kohlenkarren mit Rieſen-
pferden beſpannt, dazwiſchen mit gelegentlichen ſchö-
nen Ausſichten auf die Themſe, langte ich nach einer
Stunde raſchen Fahrens wieder bei Hydeparkcorner
an, und begrub mich von Neuem in das Labyrinth
der unermeßlichen Stadt.

Den andern Tag beſuchte ich die City mit meinem
Lohnbedienten, einem Schweizer, der Aegypten, Sy-
rien, Sibirien und Amerika bereist, ein ruſſiſches
Poſtbuch herausgegeben, die erſte Nachricht von der
Einnahme Hamburgs durch Tettenborn, nebſt einem
Koſacken in natura, nach London gebracht, und zu-
letzt Napoleons Krönungs-Anzug in Paris erſtanden,
und hier für 5 Schilling Eintrittsgeld gezeigt hat,
dabei geläufig die meiſten europäiſchen Sprachen
ſpricht, und alſo mit einer halben Guinnea täglich
nicht zu theuer bezahlt wird. Auch als Arzt iſt er
zu gebrauchen, denn er hat auf ſeinen Reiſen ſo viel
Arcana und Recepte geſammelt, daß er wundervolle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="56"/>
necken, an&#x017F;puckt, und dabei &#x017F;o richtig trifft, und &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chnell und plötzlich auf &#x017F;einen Gegner los&#x017F;pringt,<lb/>
daß man nur mit vieler Mühe der zugedachten La-<lb/>
dung entgeht.</p><lb/>
          <p>Leider hat Chiswick nur &#x017F;tehendes und &#x017F;chlammi-<lb/>
ges Wa&#x017F;&#x017F;er, was zuweilen &#x017F;o austrocknet, daß der<lb/>
Elephant, bei &#x017F;tarkem Dur&#x017F;t, den Re&#x017F;t aus&#x017F;aufen<lb/>
könnte.</p><lb/>
          <p>Durch eine Reihe lieblicher Villen und Landhäu&#x017F;er<lb/>
aller Art, unter dem Gewimmel von Reitern, Land-<lb/>
kut&#x017F;chen, Rei&#x017F;ewagen und Kohlenkarren mit Rie&#x017F;en-<lb/>
pferden be&#x017F;pannt, dazwi&#x017F;chen mit gelegentlichen &#x017F;chö-<lb/>
nen Aus&#x017F;ichten auf die Them&#x017F;e, langte ich nach einer<lb/>
Stunde ra&#x017F;chen Fahrens wieder bei Hydeparkcorner<lb/>
an, und begrub mich von Neuem in das Labyrinth<lb/>
der unermeßlichen Stadt.</p><lb/>
          <p>Den andern Tag be&#x017F;uchte ich die City mit meinem<lb/>
Lohnbedienten, einem Schweizer, der Aegypten, Sy-<lb/>
rien, Sibirien und Amerika bereist, ein ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;ches<lb/>
Po&#x017F;tbuch herausgegeben, die er&#x017F;te Nachricht von der<lb/>
Einnahme Hamburgs durch Tettenborn, neb&#x017F;t einem<lb/>
Ko&#x017F;acken <hi rendition="#aq">in natura</hi>, nach London gebracht, und zu-<lb/>
letzt Napoleons Krönungs-Anzug in Paris er&#x017F;tanden,<lb/>
und hier für 5 Schilling Eintrittsgeld gezeigt hat,<lb/>
dabei geläufig die mei&#x017F;ten europäi&#x017F;chen Sprachen<lb/>
&#x017F;pricht, und al&#x017F;o mit einer halben Guinnea täglich<lb/>
nicht zu theuer bezahlt wird. Auch als Arzt i&#x017F;t er<lb/>
zu gebrauchen, denn er hat auf &#x017F;einen Rei&#x017F;en &#x017F;o viel<lb/>
Arcana und Recepte ge&#x017F;ammelt, daß er wundervolle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0096] necken, anſpuckt, und dabei ſo richtig trifft, und ſo ſchnell und plötzlich auf ſeinen Gegner losſpringt, daß man nur mit vieler Mühe der zugedachten La- dung entgeht. Leider hat Chiswick nur ſtehendes und ſchlammi- ges Waſſer, was zuweilen ſo austrocknet, daß der Elephant, bei ſtarkem Durſt, den Reſt ausſaufen könnte. Durch eine Reihe lieblicher Villen und Landhäuſer aller Art, unter dem Gewimmel von Reitern, Land- kutſchen, Reiſewagen und Kohlenkarren mit Rieſen- pferden beſpannt, dazwiſchen mit gelegentlichen ſchö- nen Ausſichten auf die Themſe, langte ich nach einer Stunde raſchen Fahrens wieder bei Hydeparkcorner an, und begrub mich von Neuem in das Labyrinth der unermeßlichen Stadt. Den andern Tag beſuchte ich die City mit meinem Lohnbedienten, einem Schweizer, der Aegypten, Sy- rien, Sibirien und Amerika bereist, ein ruſſiſches Poſtbuch herausgegeben, die erſte Nachricht von der Einnahme Hamburgs durch Tettenborn, nebſt einem Koſacken in natura, nach London gebracht, und zu- letzt Napoleons Krönungs-Anzug in Paris erſtanden, und hier für 5 Schilling Eintrittsgeld gezeigt hat, dabei geläufig die meiſten europäiſchen Sprachen ſpricht, und alſo mit einer halben Guinnea täglich nicht zu theuer bezahlt wird. Auch als Arzt iſt er zu gebrauchen, denn er hat auf ſeinen Reiſen ſo viel Arcana und Recepte geſammelt, daß er wundervolle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/96
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/96>, abgerufen am 06.05.2024.