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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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die Geburt hoch gestellt hat, steht als Mensch noch
höher, und Niemand konnte, namentlich den freien
Amerikanern, eine vortheilhaftere Idee von einem
deutschen Fürsten geben, als gerade er, der freie
Würde im Benehmen mit ächter Liberalität der Ge-
sinnung, und anspruchloser Liebenswürdigkeit des
Umgangs verbindet.

Abends war große Assemblee, eine Art Vereinigung,
die ihrer Natur nach nicht zu den genußreichsten
gehört. Jede Annehmlichkeit aber kehrte für mich
zurück, als ich beim Spiel der Frau Großherzogin
gegenüber meinen Platz eingenommen hatte. Wer
hat nicht von dieser edlen und vortrefflichen deutschen
Frau gehört, die selbst Napoleon mit ihrer stillen
Klarheit zu imponiren wußte, und von Jedem ge-
liebt wird, der ihres milden und liebreichen Umgangs
sich erfreuen darf. Wir saßen zwar, wie gesagt, am
Spieltisch, gaben aber wenig auf die Whist-Regeln
Achtung, und heitere Unterhaltung nahm den größ-
ten Theil der Zeit hinweg.

An einem Hofe wie der hiesige, den so viele Fremde
besuchen, kann es nicht daran fehlen, daß oft selt-
same Originale sich einfinden, die, auch den am we-
nigsten zum Medisiren Geneigten, Stoff zu pikanten
Anekdoten liefern müssen. Einige ganz lustige wurden
mir nach beendigtem Spiele, als ich mich wieder
unter die Gesellschaft gemischt, erzählt, unter andern
auch eine merkwürdige, Visiten-Karte in natura
gezeigt, die einer bekannten, von einem Engländer
cursirenden Anekdote wahrscheinlich ihr Daseyn ver-

die Geburt hoch geſtellt hat, ſteht als Menſch noch
höher, und Niemand konnte, namentlich den freien
Amerikanern, eine vortheilhaftere Idee von einem
deutſchen Fürſten geben, als gerade er, der freie
Würde im Benehmen mit ächter Liberalität der Ge-
ſinnung, und anſpruchloſer Liebenswürdigkeit des
Umgangs verbindet.

Abends war große Aſſemblée, eine Art Vereinigung,
die ihrer Natur nach nicht zu den genußreichſten
gehört. Jede Annehmlichkeit aber kehrte für mich
zurück, als ich beim Spiel der Frau Großherzogin
gegenüber meinen Platz eingenommen hatte. Wer
hat nicht von dieſer edlen und vortrefflichen deutſchen
Frau gehört, die ſelbſt Napoleon mit ihrer ſtillen
Klarheit zu imponiren wußte, und von Jedem ge-
liebt wird, der ihres milden und liebreichen Umgangs
ſich erfreuen darf. Wir ſaßen zwar, wie geſagt, am
Spieltiſch, gaben aber wenig auf die Whiſt-Regeln
Achtung, und heitere Unterhaltung nahm den größ-
ten Theil der Zeit hinweg.

An einem Hofe wie der hieſige, den ſo viele Fremde
beſuchen, kann es nicht daran fehlen, daß oft ſelt-
ſame Originale ſich einfinden, die, auch den am we-
nigſten zum Mediſiren Geneigten, Stoff zu pikanten
Anekdoten liefern müſſen. Einige ganz luſtige wurden
mir nach beendigtem Spiele, als ich mich wieder
unter die Geſellſchaft gemiſcht, erzählt, unter andern
auch eine merkwürdige, Viſiten-Karte in natura
gezeigt, die einer bekannten, von einem Engländer
curſirenden Anekdote wahrſcheinlich ihr Daſeyn ver-

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[11/0051] die Geburt hoch geſtellt hat, ſteht als Menſch noch höher, und Niemand konnte, namentlich den freien Amerikanern, eine vortheilhaftere Idee von einem deutſchen Fürſten geben, als gerade er, der freie Würde im Benehmen mit ächter Liberalität der Ge- ſinnung, und anſpruchloſer Liebenswürdigkeit des Umgangs verbindet. Abends war große Aſſemblée, eine Art Vereinigung, die ihrer Natur nach nicht zu den genußreichſten gehört. Jede Annehmlichkeit aber kehrte für mich zurück, als ich beim Spiel der Frau Großherzogin gegenüber meinen Platz eingenommen hatte. Wer hat nicht von dieſer edlen und vortrefflichen deutſchen Frau gehört, die ſelbſt Napoleon mit ihrer ſtillen Klarheit zu imponiren wußte, und von Jedem ge- liebt wird, der ihres milden und liebreichen Umgangs ſich erfreuen darf. Wir ſaßen zwar, wie geſagt, am Spieltiſch, gaben aber wenig auf die Whiſt-Regeln Achtung, und heitere Unterhaltung nahm den größ- ten Theil der Zeit hinweg. An einem Hofe wie der hieſige, den ſo viele Fremde beſuchen, kann es nicht daran fehlen, daß oft ſelt- ſame Originale ſich einfinden, die, auch den am we- nigſten zum Mediſiren Geneigten, Stoff zu pikanten Anekdoten liefern müſſen. Einige ganz luſtige wurden mir nach beendigtem Spiele, als ich mich wieder unter die Geſellſchaft gemiſcht, erzählt, unter andern auch eine merkwürdige, Viſiten-Karte in natura gezeigt, die einer bekannten, von einem Engländer curſirenden Anekdote wahrſcheinlich ihr Daſeyn ver-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/51>, abgerufen am 23.11.2024.