ren, daß in des großen Müllners Wohnort kein Buch- händler zu finden sey. Wahrscheinlich haben sie ge- fürchtet, daß er ihnen dort aus erster Hand einen Prozeß an den Hals hängen würde.
Die Fluren von Jena und Auerstädt betrat ich mit eben den Gefühlen, die zwischen den Jahren 1806 und 1812 ein Franzose der großen Armee gehabt ha- ben mag, wenn er über Roßbachs Felder schritt, denn der letzte Sieg bleibt (wie das letzte Lachen) immer der beste -- und als nach so vielen Schlachterinne- rungen mich der Musensitz, das freundliche Weimar, in seinen Schoos aufnahm, segnete ich den edlen Für- sten, der hier ein Monument des Friedens aufge- richtet, und einen Leuchtthurm im Gebiete der Lite- ratur aufbauen half, der so lange in vielfarbigem Feuer Deutschland vorgeflammt hat.
Am nächsten Tage stellte ich mich diesem meinem alten Chef, und den sämmtlichen hohen Herrschaften vor, die ich wenig verändert, den Hof aber durch zwei liebenswürdige Prinzessinnen vermehrt fand, die, wären sie auch im geringsten Privatstande geboren, durch äußern Reiz und treffliche Erziehung ausge- zeichnet erscheinen müßten. Man ist übrigens hier noch von einer, anderwärts ganz aus der Mode ge- kommenen, Artigkeit gegen Fremde. Kaum war ich gemeldet, als schon ein Hoflakai bei mir erschien, um sich nebst einer Hofequipage für die Zeit meines Hier- seyns zu meiner Verfügung zu stellen, und mich zu- gleich ein für allemal zur Mittagstafel einzuladen.
Der Großherzog hatte am Morgen die Güte, mir
ren, daß in des großen Müllners Wohnort kein Buch- händler zu finden ſey. Wahrſcheinlich haben ſie ge- fürchtet, daß er ihnen dort aus erſter Hand einen Prozeß an den Hals hängen würde.
Die Fluren von Jena und Auerſtädt betrat ich mit eben den Gefühlen, die zwiſchen den Jahren 1806 und 1812 ein Franzoſe der großen Armee gehabt ha- ben mag, wenn er über Roßbachs Felder ſchritt, denn der letzte Sieg bleibt (wie das letzte Lachen) immer der beſte — und als nach ſo vielen Schlachterinne- rungen mich der Muſenſitz, das freundliche Weimar, in ſeinen Schoos aufnahm, ſegnete ich den edlen Für- ſten, der hier ein Monument des Friedens aufge- richtet, und einen Leuchtthurm im Gebiete der Lite- ratur aufbauen half, der ſo lange in vielfarbigem Feuer Deutſchland vorgeflammt hat.
Am nächſten Tage ſtellte ich mich dieſem meinem alten Chef, und den ſämmtlichen hohen Herrſchaften vor, die ich wenig verändert, den Hof aber durch zwei liebenswürdige Prinzeſſinnen vermehrt fand, die, wären ſie auch im geringſten Privatſtande geboren, durch äußern Reiz und treffliche Erziehung ausge- zeichnet erſcheinen müßten. Man iſt übrigens hier noch von einer, anderwärts ganz aus der Mode ge- kommenen, Artigkeit gegen Fremde. Kaum war ich gemeldet, als ſchon ein Hoflakai bei mir erſchien, um ſich nebſt einer Hofequipage für die Zeit meines Hier- ſeyns zu meiner Verfügung zu ſtellen, und mich zu- gleich ein für allemal zur Mittagstafel einzuladen.
Der Großherzog hatte am Morgen die Güte, mir
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ren, daß in des großen Müllners Wohnort kein Buch-
händler zu finden ſey. Wahrſcheinlich haben ſie ge-
fürchtet, daß er ihnen dort aus erſter Hand einen
Prozeß an den Hals hängen würde.
Die Fluren von Jena und Auerſtädt betrat ich mit
eben den Gefühlen, die zwiſchen den Jahren 1806
und 1812 ein Franzoſe der großen Armee gehabt ha-
ben mag, wenn er über Roßbachs Felder ſchritt, denn
der letzte Sieg bleibt (wie das letzte Lachen) immer
der beſte — und als nach ſo vielen Schlachterinne-
rungen mich der Muſenſitz, das freundliche Weimar,
in ſeinen Schoos aufnahm, ſegnete ich den edlen Für-
ſten, der hier ein Monument des Friedens aufge-
richtet, und einen Leuchtthurm im Gebiete der Lite-
ratur aufbauen half, der ſo lange in vielfarbigem
Feuer Deutſchland vorgeflammt hat.
Am nächſten Tage ſtellte ich mich dieſem meinem
alten Chef, und den ſämmtlichen hohen Herrſchaften
vor, die ich wenig verändert, den Hof aber durch
zwei liebenswürdige Prinzeſſinnen vermehrt fand, die,
wären ſie auch im geringſten Privatſtande geboren,
durch äußern Reiz und treffliche Erziehung ausge-
zeichnet erſcheinen müßten. Man iſt übrigens hier
noch von einer, anderwärts ganz aus der Mode ge-
kommenen, Artigkeit gegen Fremde. Kaum war ich
gemeldet, als ſchon ein Hoflakai bei mir erſchien, um
ſich nebſt einer Hofequipage für die Zeit meines Hier-
ſeyns zu meiner Verfügung zu ſtellen, und mich zu-
gleich ein für allemal zur Mittagstafel einzuladen.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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