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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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ihnen über meine Uebel und ihre Heilmittel zur Hälfte,
und nehme ich dann ja noch etwas von dem Ver-
schriebenen, so geschieht es gewiß nur in Tausend-
theilchen. Dieß bewährte sich auch heute, und nach
einigen Stunden, die W.... an meinem Bette zu-
brachte, und mit mancher pikanten Anekdote würzte,
soupirte ich mit besserem Appetit, und schlief leidlich
bis zum hohen Morgen. Als ich meine Augen auf-
schlug, fielen sie auf ein Briefchen von Dir, das der
ehrliche B.... mir auf die Decke gelegt hatte, wohl
wissend, daß ich den Tag nicht freudiger beginnen
könnte. In der That, nach dem Vergnügen von Dir
zu hören, habe ich nur noch eins -- Dir zu schrei-
ben. -- Fahre nur fort, so ganz zwanglos Deinen
Gefühlen Worte zu geben, und schone auch die mei-
nigen nicht. Ich weiß es ja wohl, daß Deine Briefe
noch lange einer ernsten, trüben Landschaft gleichen
müssen! Ich werde beruhigt seyn, wenn ich nur manch-
mal ein liebliches Sonnenlicht seine Strahlen hinein-
werfen sehe.



In einem recht schönen Zimmer mit wohlgebohn-
tem Parket, eleganten Meubeln und seidenen Vor-
hängen, alles noch in der ersten fraicheur, deckt man
so eben den Tisch für mein Dine, während ich die
Zeit benütze, Dir ein Paar Worte zu schreiben.

Ich verließ heute früh um 10 Uhr Dresden in

ihnen über meine Uebel und ihre Heilmittel zur Hälfte,
und nehme ich dann ja noch etwas von dem Ver-
ſchriebenen, ſo geſchieht es gewiß nur in Tauſend-
theilchen. Dieß bewährte ſich auch heute, und nach
einigen Stunden, die W.... an meinem Bette zu-
brachte, und mit mancher pikanten Anekdote würzte,
ſoupirte ich mit beſſerem Appetit, und ſchlief leidlich
bis zum hohen Morgen. Als ich meine Augen auf-
ſchlug, fielen ſie auf ein Briefchen von Dir, das der
ehrliche B.... mir auf die Decke gelegt hatte, wohl
wiſſend, daß ich den Tag nicht freudiger beginnen
könnte. In der That, nach dem Vergnügen von Dir
zu hören, habe ich nur noch eins — Dir zu ſchrei-
ben. — Fahre nur fort, ſo ganz zwanglos Deinen
Gefühlen Worte zu geben, und ſchone auch die mei-
nigen nicht. Ich weiß es ja wohl, daß Deine Briefe
noch lange einer ernſten, trüben Landſchaft gleichen
müſſen! Ich werde beruhigt ſeyn, wenn ich nur manch-
mal ein liebliches Sonnenlicht ſeine Strahlen hinein-
werfen ſehe.



In einem recht ſchönen Zimmer mit wohlgebohn-
tem Parket, eleganten Meubeln und ſeidenen Vor-
hängen, alles noch in der erſten fraicheur, deckt man
ſo eben den Tiſch für mein Diné, während ich die
Zeit benütze, Dir ein Paar Worte zu ſchreiben.

Ich verließ heute früh um 10 Uhr Dresden in

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[4/0044] ihnen über meine Uebel und ihre Heilmittel zur Hälfte, und nehme ich dann ja noch etwas von dem Ver- ſchriebenen, ſo geſchieht es gewiß nur in Tauſend- theilchen. Dieß bewährte ſich auch heute, und nach einigen Stunden, die W.... an meinem Bette zu- brachte, und mit mancher pikanten Anekdote würzte, ſoupirte ich mit beſſerem Appetit, und ſchlief leidlich bis zum hohen Morgen. Als ich meine Augen auf- ſchlug, fielen ſie auf ein Briefchen von Dir, das der ehrliche B.... mir auf die Decke gelegt hatte, wohl wiſſend, daß ich den Tag nicht freudiger beginnen könnte. In der That, nach dem Vergnügen von Dir zu hören, habe ich nur noch eins — Dir zu ſchrei- ben. — Fahre nur fort, ſo ganz zwanglos Deinen Gefühlen Worte zu geben, und ſchone auch die mei- nigen nicht. Ich weiß es ja wohl, daß Deine Briefe noch lange einer ernſten, trüben Landſchaft gleichen müſſen! Ich werde beruhigt ſeyn, wenn ich nur manch- mal ein liebliches Sonnenlicht ſeine Strahlen hinein- werfen ſehe. Leipzig, den 11ten. In einem recht ſchönen Zimmer mit wohlgebohn- tem Parket, eleganten Meubeln und ſeidenen Vor- hängen, alles noch in der erſten fraicheur, deckt man ſo eben den Tiſch für mein Diné, während ich die Zeit benütze, Dir ein Paar Worte zu ſchreiben. Ich verließ heute früh um 10 Uhr Dresden in

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/44>, abgerufen am 29.03.2024.