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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Originalität als die Engländer. Als Bettler begeg-
net man ihnen manchmal auf den Londner Straßen,
und erkennt sie gleich an ihrem, ich möchte sagen
gascognischen Wesen und Dialekt. Sehr drollig und
wahr sagt darüber ein moderner Autor: "Der eng-
lische Bettler schreit mit schleppendem Tone nur im-
mer dieselben Worte: Gebt einem armen Mann ei-
nen halben Penny, einem armen Mann einen hal-
ben Penny!" Was für ein Redner ist dagegen sein
irländischer College! "O Euer Gnaden, gebt uns ei-
nen Penny, nur einen kleinen, lieben Penny, Euer
Ehrens Herrlichkeit und Gottes Segen für Euer
Kind und Kindeskind! Gebt uns den kleinen Penny,
und möge Euch der Himmel dafür langes Leben
schenken, einen sanften Tod und ein gnädiges Ge-
richt!" Wer kann solchen rührend komischen Bitten
widerstehen!

Im andern Theater erfreute uns die Pantomime
mit einer Vogel-, und sogar einer Theezeug-Qua-
drille, nach welcher letztern der Theekessel, Milchtopf
und Tasse ein pas de trois executirte, während Löf-
fel, Messer und Gabeln als Figuranten um sie her
tanzten. Die Vögel der ersten waren a s'y mepren-
dre,
und ich rathe etwas Aehnliches, etwa von Pa-
pageien, die auch noch dazu sprechen könnten, beim
S .... schen Hoftheater von Mephistopheles arrangi-
ren zu lassen. Es würde der geistreichen Relation
davon noch etwas mehr Abwechselung geben, und
ein Theekessel nebst Zubehör fände sich wohl auch in
der Gesellschaft.

Originalität als die Engländer. Als Bettler begeg-
net man ihnen manchmal auf den Londner Straßen,
und erkennt ſie gleich an ihrem, ich möchte ſagen
gascogniſchen Weſen und Dialekt. Sehr drollig und
wahr ſagt darüber ein moderner Autor: „Der eng-
liſche Bettler ſchreit mit ſchleppendem Tone nur im-
mer dieſelben Worte: Gebt einem armen Mann ei-
nen halben Penny, einem armen Mann einen hal-
ben Penny!“ Was für ein Redner iſt dagegen ſein
irländiſcher College! „O Euer Gnaden, gebt uns ei-
nen Penny, nur einen kleinen, lieben Penny, Euer
Ehrens Herrlichkeit und Gottes Segen für Euer
Kind und Kindeskind! Gebt uns den kleinen Penny,
und möge Euch der Himmel dafür langes Leben
ſchenken, einen ſanften Tod und ein gnädiges Ge-
richt!“ Wer kann ſolchen rührend komiſchen Bitten
widerſtehen!

Im andern Theater erfreute uns die Pantomime
mit einer Vogel-, und ſogar einer Theezeug-Qua-
drille, nach welcher letztern der Theekeſſel, Milchtopf
und Taſſe ein pas de trois executirte, während Löf-
fel, Meſſer und Gabeln als Figuranten um ſie her
tanzten. Die Vögel der erſten waren à s’y mépren-
dre,
und ich rathe etwas Aehnliches, etwa von Pa-
pageien, die auch noch dazu ſprechen könnten, beim
S .... ſchen Hoftheater von Mephiſtopheles arrangi-
ren zu laſſen. Es würde der geiſtreichen Relation
davon noch etwas mehr Abwechſelung geben, und
ein Theekeſſel nebſt Zubehör fände ſich wohl auch in
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[380/0426] Originalität als die Engländer. Als Bettler begeg- net man ihnen manchmal auf den Londner Straßen, und erkennt ſie gleich an ihrem, ich möchte ſagen gascogniſchen Weſen und Dialekt. Sehr drollig und wahr ſagt darüber ein moderner Autor: „Der eng- liſche Bettler ſchreit mit ſchleppendem Tone nur im- mer dieſelben Worte: Gebt einem armen Mann ei- nen halben Penny, einem armen Mann einen hal- ben Penny!“ Was für ein Redner iſt dagegen ſein irländiſcher College! „O Euer Gnaden, gebt uns ei- nen Penny, nur einen kleinen, lieben Penny, Euer Ehrens Herrlichkeit und Gottes Segen für Euer Kind und Kindeskind! Gebt uns den kleinen Penny, und möge Euch der Himmel dafür langes Leben ſchenken, einen ſanften Tod und ein gnädiges Ge- richt!“ Wer kann ſolchen rührend komiſchen Bitten widerſtehen! Im andern Theater erfreute uns die Pantomime mit einer Vogel-, und ſogar einer Theezeug-Qua- drille, nach welcher letztern der Theekeſſel, Milchtopf und Taſſe ein pas de trois executirte, während Löf- fel, Meſſer und Gabeln als Figuranten um ſie her tanzten. Die Vögel der erſten waren à s’y mépren- dre, und ich rathe etwas Aehnliches, etwa von Pa- pageien, die auch noch dazu ſprechen könnten, beim S .... ſchen Hoftheater von Mephiſtopheles arrangi- ren zu laſſen. Es würde der geiſtreichen Relation davon noch etwas mehr Abwechſelung geben, und ein Theekeſſel nebſt Zubehör fände ſich wohl auch in der Geſellſchaft.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/426>, abgerufen am 24.11.2024.