noch bei Lebzeiten setzen ließ, und auch darunter ruht. Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar- kophage, mit einem Adler und einem Bären zu sei- nen Füßen. Der Kopf ist sehr ausdrucksvoll und na- türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es sonst bei den alten Ritterstatuen fast immer der Fall ist, son- dern erhebt sich blos etwas gegen den Himmel, wie einer, der nicht eben beten will, sondern nur den lieben Gott mit schuldiger Höflichkeit willkommen heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber keineswegs demüthig aussieht! Rund an den Sei- ten des Steinsarges sind die bunt bemalten Wappen aller seiner Herrschaften angebracht, und ein unge- heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite. Die herrlichen bunten Fenster, und die vielfachen, wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge- ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Ansehn.
Unglücklicher Weise hat man vor 150 Jahren einer Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem größten, dem Eingang gegenüber stehenden Fenster, ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun- ker aus ihrem Hause, aufzuführen, welches die ganze Wand einnimmt, und der schönen Einheit des Gan- zen durch seine abscheulichen modernen Schnörkel ei- nen wahren Schandfleck aufdrückt.
An der Seitenwand steht, oder liegt vielmehr auf seinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein- dringling, aber von besserem Schroot und Korn; denn es ist kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-
noch bei Lebzeiten ſetzen ließ, und auch darunter ruht. Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar- kophage, mit einem Adler und einem Bären zu ſei- nen Füßen. Der Kopf iſt ſehr ausdrucksvoll und na- türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es ſonſt bei den alten Ritterſtatuen faſt immer der Fall iſt, ſon- dern erhebt ſich blos etwas gegen den Himmel, wie einer, der nicht eben beten will, ſondern nur den lieben Gott mit ſchuldiger Höflichkeit willkommen heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber keineswegs demüthig ausſieht! Rund an den Sei- ten des Steinſarges ſind die bunt bemalten Wappen aller ſeiner Herrſchaften angebracht, und ein unge- heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite. Die herrlichen bunten Fenſter, und die vielfachen, wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge- ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Anſehn.
Unglücklicher Weiſe hat man vor 150 Jahren einer Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem größten, dem Eingang gegenüber ſtehenden Fenſter, ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun- ker aus ihrem Hauſe, aufzuführen, welches die ganze Wand einnimmt, und der ſchönen Einheit des Gan- zen durch ſeine abſcheulichen modernen Schnörkel ei- nen wahren Schandfleck aufdrückt.
An der Seitenwand ſteht, oder liegt vielmehr auf ſeinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein- dringling, aber von beſſerem Schroot und Korn; denn es iſt kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0290"n="244"/>
noch bei Lebzeiten ſetzen ließ, und auch darunter ruht.<lb/>
Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar-<lb/>
kophage, mit einem Adler und einem Bären zu ſei-<lb/>
nen Füßen. Der Kopf iſt ſehr ausdrucksvoll und na-<lb/>
türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es ſonſt bei<lb/>
den alten Ritterſtatuen faſt immer der Fall iſt, ſon-<lb/>
dern erhebt ſich blos etwas gegen den Himmel, wie<lb/>
einer, der nicht eben beten will, ſondern nur den<lb/>
lieben Gott mit ſchuldiger Höflichkeit willkommen<lb/>
heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber<lb/>
keineswegs demüthig ausſieht! Rund an den Sei-<lb/>
ten des Steinſarges ſind die bunt bemalten Wappen<lb/>
aller ſeiner Herrſchaften angebracht, und ein unge-<lb/>
heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite.<lb/>
Die herrlichen bunten Fenſter, und die vielfachen,<lb/>
wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge-<lb/>
ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Anſehn.</p><lb/><p>Unglücklicher Weiſe hat man vor 150 Jahren einer<lb/>
Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem<lb/>
größten, dem Eingang gegenüber ſtehenden Fenſter,<lb/>
ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun-<lb/>
ker aus ihrem Hauſe, aufzuführen, welches die ganze<lb/>
Wand einnimmt, und der ſchönen Einheit des Gan-<lb/>
zen durch ſeine abſcheulichen modernen Schnörkel ei-<lb/>
nen wahren Schandfleck aufdrückt.</p><lb/><p>An der Seitenwand ſteht, oder liegt vielmehr auf<lb/>ſeinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein-<lb/>
dringling, aber von beſſerem Schroot und Korn; denn<lb/>
es iſt kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[244/0290]
noch bei Lebzeiten ſetzen ließ, und auch darunter ruht.
Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar-
kophage, mit einem Adler und einem Bären zu ſei-
nen Füßen. Der Kopf iſt ſehr ausdrucksvoll und na-
türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es ſonſt bei
den alten Ritterſtatuen faſt immer der Fall iſt, ſon-
dern erhebt ſich blos etwas gegen den Himmel, wie
einer, der nicht eben beten will, ſondern nur den
lieben Gott mit ſchuldiger Höflichkeit willkommen
heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber
keineswegs demüthig ausſieht! Rund an den Sei-
ten des Steinſarges ſind die bunt bemalten Wappen
aller ſeiner Herrſchaften angebracht, und ein unge-
heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite.
Die herrlichen bunten Fenſter, und die vielfachen,
wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge-
ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Anſehn.
Unglücklicher Weiſe hat man vor 150 Jahren einer
Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem
größten, dem Eingang gegenüber ſtehenden Fenſter,
ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun-
ker aus ihrem Hauſe, aufzuführen, welches die ganze
Wand einnimmt, und der ſchönen Einheit des Gan-
zen durch ſeine abſcheulichen modernen Schnörkel ei-
nen wahren Schandfleck aufdrückt.
An der Seitenwand ſteht, oder liegt vielmehr auf
ſeinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein-
dringling, aber von beſſerem Schroot und Korn; denn
es iſt kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/290>, abgerufen am 12.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.