Um Dir meine Beschreibung wenigstens einiger- massen anschaulich zu machen, füge ich einen Grund- plan bei, der Deiner Einbildungskraft zu Hülfe kom- men muß.
Den Fluß auf der andern Seite mußt Du Dir nun noch tief unter dem Schloßplatz denken, und daß er von den bisher beschriebenen Stellen nicht gesehen wird, sondern erst aus den Fenstern des bewohnten Schloßtheils, nach aussen hin, (wie es das Kupfer zeigt) zugleich mit dem herrlichen Park sichtbar wird, der überall durch Wald am Horizont geschlossen ist, was der Phantasie so viel Spielraum läßt, und wie- der für sich eine neue höchst romantische Aussicht bildet.
Nur über wenige Stufen tritt man vom Hofe aus in die Wohnzimmer, zuerst in einen Durchgang und von da in die Halle, auf deren beiden Seiten sich die Gesellschaftszimmer, 340 Fuß lang in unun- terbrochener Reihe, ausdehnen. Obgleich fast de plein pied mit dem Hofe, sind diese Zimmer doch auf der andern Seite mehr als 50 Fuß hoch über dem Avon erhaben. Acht bis vierzehn Fuß dicke Mauern bilden in jedem Fenster, welche auch 10 -- 12 Fuß breit sind, ein förmliches Cabinet, mit den schönsten man- nigfaltigsten Aussichten auf den unter ihnen wild- schäumenden, weiterhin aber in sanften Wendungen den Park bis in düstre Ferne durchströmenden Fluß. War ich nun vorher, schon seit dem ersten Anblick des Schlosses, von Ueberraschung zu Ueberraschung
Um Dir meine Beſchreibung wenigſtens einiger- maſſen anſchaulich zu machen, füge ich einen Grund- plan bei, der Deiner Einbildungskraft zu Hülfe kom- men muß.
Den Fluß auf der andern Seite mußt Du Dir nun noch tief unter dem Schloßplatz denken, und daß er von den bisher beſchriebenen Stellen nicht geſehen wird, ſondern erſt aus den Fenſtern des bewohnten Schloßtheils, nach auſſen hin, (wie es das Kupfer zeigt) zugleich mit dem herrlichen Park ſichtbar wird, der überall durch Wald am Horizont geſchloſſen iſt, was der Phantaſie ſo viel Spielraum läßt, und wie- der für ſich eine neue höchſt romantiſche Ausſicht bildet.
Nur über wenige Stufen tritt man vom Hofe aus in die Wohnzimmer, zuerſt in einen Durchgang und von da in die Halle, auf deren beiden Seiten ſich die Geſellſchaftszimmer, 340 Fuß lang in unun- terbrochener Reihe, ausdehnen. Obgleich faſt de plein pied mit dem Hofe, ſind dieſe Zimmer doch auf der andern Seite mehr als 50 Fuß hoch über dem Avon erhaben. Acht bis vierzehn Fuß dicke Mauern bilden in jedem Fenſter, welche auch 10 — 12 Fuß breit ſind, ein förmliches Cabinet, mit den ſchönſten man- nigfaltigſten Ausſichten auf den unter ihnen wild- ſchäumenden, weiterhin aber in ſanften Wendungen den Park bis in düſtre Ferne durchſtrömenden Fluß. War ich nun vorher, ſchon ſeit dem erſten Anblick des Schloſſes, von Ueberraſchung zu Ueberraſchung
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Um Dir meine Beſchreibung wenigſtens einiger-
maſſen anſchaulich zu machen, füge ich einen Grund-
plan bei, der Deiner Einbildungskraft zu Hülfe kom-
men muß.
Den Fluß auf der andern Seite mußt Du Dir nun
noch tief unter dem Schloßplatz denken, und daß er
von den bisher beſchriebenen Stellen nicht geſehen
wird, ſondern erſt aus den Fenſtern des bewohnten
Schloßtheils, nach auſſen hin, (wie es das Kupfer
zeigt) zugleich mit dem herrlichen Park ſichtbar wird,
der überall durch Wald am Horizont geſchloſſen iſt,
was der Phantaſie ſo viel Spielraum läßt, und wie-
der für ſich eine neue höchſt romantiſche Ausſicht
bildet.
Nur über wenige Stufen tritt man vom Hofe
aus in die Wohnzimmer, zuerſt in einen Durchgang
und von da in die Halle, auf deren beiden Seiten
ſich die Geſellſchaftszimmer, 340 Fuß lang in unun-
terbrochener Reihe, ausdehnen. Obgleich faſt de plein
pied mit dem Hofe, ſind dieſe Zimmer doch auf der
andern Seite mehr als 50 Fuß hoch über dem Avon
erhaben. Acht bis vierzehn Fuß dicke Mauern bilden
in jedem Fenſter, welche auch 10 — 12 Fuß breit
ſind, ein förmliches Cabinet, mit den ſchönſten man-
nigfaltigſten Ausſichten auf den unter ihnen wild-
ſchäumenden, weiterhin aber in ſanften Wendungen
den Park bis in düſtre Ferne durchſtrömenden Fluß.
War ich nun vorher, ſchon ſeit dem erſten Anblick
des Schloſſes, von Ueberraſchung zu Ueberraſchung
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/272>, abgerufen am 26.11.2024.
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