Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.hatten *), in neuerer Zeit schon öfters den Thron Herr R. selbst war sehr guter Laune, amüsant und *) Es ist freilich sehr problematisch, was in den Augen
der Frommen schlimmer sey, gar keine Religion zu ha- ben, oder von einer andern Sekte zu seyn. Wenigstens entschied sich Ludwig XIV, doch auch ein Religionsheld, für die zweite Gesinnung. Der Herzog von Orleans schlug ihm einen Gesandten nach Spanien vor, den der König annahm, aber den Tag darauf widerrief, weil er gehört habe, das betreffende Individuum sey ein Jansenist. "Nichts weniger, Ihro Majestät," versicherte der Herzog, "so viel ich weiß, glaubt er selbst nicht an Gott." "Kann ich mich darauf verlassen?" frug gravitätisch der König. "Gewiß," erwiederte lächelnd der Herzog. "Nun dann mag er in Gottes Namen den Poften behalten." hatten *), in neuerer Zeit ſchon öfters den Thron Herr R. ſelbſt war ſehr guter Laune, amüſant und *) Es iſt freilich ſehr problematiſch, was in den Augen
der Frommen ſchlimmer ſey, gar keine Religion zu ha- ben, oder von einer andern Sekte zu ſeyn. Wenigſtens entſchied ſich Ludwig XIV, doch auch ein Religionsheld, fuͤr die zweite Geſinnung. Der Herzog von Orleans ſchlug ihm einen Geſandten nach Spanien vor, den der Koͤnig annahm, aber den Tag darauf widerrief, weil er gehoͤrt habe, das betreffende Individuum ſey ein Janſeniſt. „Nichts weniger, Ihro Majeſtaͤt,“ verſicherte der Herzog, „ſo viel ich weiß, glaubt er ſelbſt nicht an Gott.“ „Kann ich mich darauf verlaſſen?“ frug gravitaͤtiſch der Koͤnig. „Gewiß,“ erwiederte laͤchelnd der Herzog. „Nun dann mag er in Gottes Namen den Poften behalten.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0220" n="176"/> hatten <note place="foot" n="*)">Es iſt freilich ſehr problematiſch, was in den Augen<lb/> der Frommen ſchlimmer ſey, gar keine Religion zu ha-<lb/> ben, oder von einer andern Sekte zu ſeyn. Wenigſtens<lb/> entſchied ſich Ludwig <hi rendition="#aq">XIV,</hi> doch auch ein Religionsheld, fuͤr<lb/> die zweite Geſinnung. Der Herzog von Orleans ſchlug<lb/> ihm einen Geſandten nach Spanien vor, den der Koͤnig<lb/> annahm, aber den Tag darauf widerrief, weil er gehoͤrt<lb/> habe, das betreffende Individuum ſey ein Janſeniſt. „Nichts<lb/> weniger, Ihro Majeſtaͤt,“ verſicherte der Herzog, „ſo viel<lb/> ich weiß, glaubt er ſelbſt nicht an Gott.“ „Kann ich mich<lb/> darauf verlaſſen?“ frug gravitaͤtiſch der Koͤnig. „Gewiß,“<lb/> erwiederte laͤchelnd der Herzog. „Nun dann mag er in<lb/> Gottes Namen den Poften behalten.“</note>, in neuerer Zeit ſchon öfters den Thron<lb/> beſtiegen haben.</p><lb/> <p>Herr R. ſelbſt war ſehr guter Laune, amüſant und<lb/> geſprächig. Es war drollig anzuhören, wie er uns<lb/> die Gemälde ſeines Eßſaals, alles geſchenkte Por-<lb/> traits der europäiſchen Souveräne und ihrer erſten<lb/> Miniſter, explizirte, und dabei von den Originalen<lb/> wie von ſeinen beſten Freunden, und gewiſſermaßen<lb/> wie von ſeines Gleichen ſprach. „Ja,“ rief er, „hier<lb/> der ......... drängte mich einmal um eine Anleihe,<lb/> und in derſelben Woche, wo ich ſeinen eigenhändigen<lb/> Brief erhielt, ſchrieb mir ſein Vater aus Rom auch<lb/> eigenhändig, ich ſolle ums Himmelswillen mich in<lb/> nichts einlaſſen, da ich es mit keinem treuloſeren<lb/> Menſchen als mit ſeinem Sohne zu thun haben<lb/> könnte. <hi rendition="#aq">C’ctait sans doute très catholique,</hi> wahr-<lb/> ſcheinlich hatte aber doch die alte K ...... den Brief<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0220]
hatten *), in neuerer Zeit ſchon öfters den Thron
beſtiegen haben.
Herr R. ſelbſt war ſehr guter Laune, amüſant und
geſprächig. Es war drollig anzuhören, wie er uns
die Gemälde ſeines Eßſaals, alles geſchenkte Por-
traits der europäiſchen Souveräne und ihrer erſten
Miniſter, explizirte, und dabei von den Originalen
wie von ſeinen beſten Freunden, und gewiſſermaßen
wie von ſeines Gleichen ſprach. „Ja,“ rief er, „hier
der ......... drängte mich einmal um eine Anleihe,
und in derſelben Woche, wo ich ſeinen eigenhändigen
Brief erhielt, ſchrieb mir ſein Vater aus Rom auch
eigenhändig, ich ſolle ums Himmelswillen mich in
nichts einlaſſen, da ich es mit keinem treuloſeren
Menſchen als mit ſeinem Sohne zu thun haben
könnte. C’ctait sans doute très catholique, wahr-
ſcheinlich hatte aber doch die alte K ...... den Brief
*) Es iſt freilich ſehr problematiſch, was in den Augen
der Frommen ſchlimmer ſey, gar keine Religion zu ha-
ben, oder von einer andern Sekte zu ſeyn. Wenigſtens
entſchied ſich Ludwig XIV, doch auch ein Religionsheld, fuͤr
die zweite Geſinnung. Der Herzog von Orleans ſchlug
ihm einen Geſandten nach Spanien vor, den der Koͤnig
annahm, aber den Tag darauf widerrief, weil er gehoͤrt
habe, das betreffende Individuum ſey ein Janſeniſt. „Nichts
weniger, Ihro Majeſtaͤt,“ verſicherte der Herzog, „ſo viel
ich weiß, glaubt er ſelbſt nicht an Gott.“ „Kann ich mich
darauf verlaſſen?“ frug gravitaͤtiſch der Koͤnig. „Gewiß,“
erwiederte laͤchelnd der Herzog. „Nun dann mag er in
Gottes Namen den Poften behalten.“
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