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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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kam eigentlich nur auf die Diplomaten zu sprechen,
weil ich Dir ein hübsches bon mot von einem dersel-
ben, den Du kennst, mittheilen wollte, welches ich
eben in der heutigen Gesellschaft erzählen hörte. Graf
H .... war früher Gesandte an einem, seiner Spar-
samkeit wegen (pour ne pas dire mesquinerie) bekann-
ten deutschen Hofe, und bekam bei einer solennen Ge-
legenheit eine Dose mit dem Portrait des Souverains
zum Geschenk, die jedoch nur mit sehr kleinen und
unansehnlichen Diamanten umgeben war. Kurz darauf
bat ihn einer seiner Collegen, ihm doch das erhal-
tene Präsent zu zeigen. "Vous ne trouverez pas le
portrait ressemblant,"
sagte der Graf, indem er die
Dose überreichte, -- "mais les diamans."

Mit vielem Vergnügen sehe ich auch zuweilen den
alten Elliot, der, nächst dem eben so trocknen als in-
teressanten Lord St. Herbert, dessen Segur so oft in
seinen Memoiren erwähnt, zu den Doyens der eng-
lischen Diplomatie gehört, und sich noch immer sei-
nes Aufenthalts in Dresden mit ausserordentlicher
Vorliebe erinnert. Er hat mehrere sehr liebenswür-
dige Töchter, und dabei Mühe, seine Familie stan-
desmäßig zu erhalten, denn für so lange Dienste fin-
det er sich nicht mit englischer Liberalität belohnt *).

*) Es ist eine sehr charakteristische Anekdote für den sorglos
heitern Charakter dieses liebenswürdigen Greises, daß er
seit seinem Abgange von Dresden, vor 20 Jahren, noch
immer eine große Menge Kisten mit seinen Effekten dort
stehen ließ. Endlich bewog man ihn vor Kurzem, Jeman-

kam eigentlich nur auf die Diplomaten zu ſprechen,
weil ich Dir ein hübſches bon mot von einem derſel-
ben, den Du kennſt, mittheilen wollte, welches ich
eben in der heutigen Geſellſchaft erzählen hörte. Graf
H .... war früher Geſandte an einem, ſeiner Spar-
ſamkeit wegen (pour ne pas dire mesquinerie) bekann-
ten deutſchen Hofe, und bekam bei einer ſolennen Ge-
legenheit eine Doſe mit dem Portrait des Souverains
zum Geſchenk, die jedoch nur mit ſehr kleinen und
unanſehnlichen Diamanten umgeben war. Kurz darauf
bat ihn einer ſeiner Collegen, ihm doch das erhal-
tene Präſent zu zeigen. „Vous ne trouverez pas le
portrait ressemblant,“
ſagte der Graf, indem er die
Doſe überreichte, — „mais les diamans.“

Mit vielem Vergnügen ſehe ich auch zuweilen den
alten Elliot, der, nächſt dem eben ſo trocknen als in-
tereſſanten Lord St. Herbert, deſſen Ségur ſo oft in
ſeinen Memoiren erwähnt, zu den Doyens der eng-
liſchen Diplomatie gehört, und ſich noch immer ſei-
nes Aufenthalts in Dresden mit auſſerordentlicher
Vorliebe erinnert. Er hat mehrere ſehr liebenswür-
dige Töchter, und dabei Mühe, ſeine Familie ſtan-
desmäßig zu erhalten, denn für ſo lange Dienſte fin-
det er ſich nicht mit engliſcher Liberalität belohnt *).

*) Es iſt eine ſehr charakteriſtiſche Anekdote fuͤr den ſorglos
heitern Charakter dieſes liebenswuͤrdigen Greiſes, daß er
ſeit ſeinem Abgange von Dresden, vor 20 Jahren, noch
immer eine große Menge Kiſten mit ſeinen Effekten dort
ſtehen ließ. Endlich bewog man ihn vor Kurzem, Jeman-
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[160/0204] kam eigentlich nur auf die Diplomaten zu ſprechen, weil ich Dir ein hübſches bon mot von einem derſel- ben, den Du kennſt, mittheilen wollte, welches ich eben in der heutigen Geſellſchaft erzählen hörte. Graf H .... war früher Geſandte an einem, ſeiner Spar- ſamkeit wegen (pour ne pas dire mesquinerie) bekann- ten deutſchen Hofe, und bekam bei einer ſolennen Ge- legenheit eine Doſe mit dem Portrait des Souverains zum Geſchenk, die jedoch nur mit ſehr kleinen und unanſehnlichen Diamanten umgeben war. Kurz darauf bat ihn einer ſeiner Collegen, ihm doch das erhal- tene Präſent zu zeigen. „Vous ne trouverez pas le portrait ressemblant,“ ſagte der Graf, indem er die Doſe überreichte, — „mais les diamans.“ Mit vielem Vergnügen ſehe ich auch zuweilen den alten Elliot, der, nächſt dem eben ſo trocknen als in- tereſſanten Lord St. Herbert, deſſen Ségur ſo oft in ſeinen Memoiren erwähnt, zu den Doyens der eng- liſchen Diplomatie gehört, und ſich noch immer ſei- nes Aufenthalts in Dresden mit auſſerordentlicher Vorliebe erinnert. Er hat mehrere ſehr liebenswür- dige Töchter, und dabei Mühe, ſeine Familie ſtan- desmäßig zu erhalten, denn für ſo lange Dienſte fin- det er ſich nicht mit engliſcher Liberalität belohnt *). *) Es iſt eine ſehr charakteriſtiſche Anekdote fuͤr den ſorglos heitern Charakter dieſes liebenswuͤrdigen Greiſes, daß er ſeit ſeinem Abgange von Dresden, vor 20 Jahren, noch immer eine große Menge Kiſten mit ſeinen Effekten dort ſtehen ließ. Endlich bewog man ihn vor Kurzem, Jeman-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/204>, abgerufen am 21.11.2024.