und St. Martin nehmen sich nun weit besser aus als ehemals. Ludwig der XIV. verdient diese Monu- mente, schon um seiner Verschönerung der Hauptstadt willen, denn in der That, was man in Paris Schö- nes und Großes sieht, Ludwig der XIV. oder Na- poleon gründeten es. Die Alleen hat man glücklicher- weise sorgfältig geschont, und nicht, wie sie in Berlin unter den Linden und auf dem Dönhofsplatz, die gro- ßen Bäume abgehauen, um kleine astlose Knüppel statt ihrer hin zu pflanzen. Einen seltsamen Anblick gewähren die vielen Dames blanches und Omnibus, Wagen, die zwanzig bis dreißig Personen halten, die Boulevards fortwährend von einem Ende bis zum andern durchfahren, und jeden müden Fußgänger für bestimmte, sehr billige Preise darin aufnehmen. Mel- det sich einer, so zieht der hinten sitzende Conducteur eine Klingel und der Kutscher hält. Eine fliegende Treppe sinkt herab und in wenigen Secunden geht es wieder vorwärts. Nur drei unglückliche Rosse zie- hen diese schweren Wagen, so daß ich, bei der jetzigen Glätte, oft sämmtliche Pferde neben einander hinstür- zen sah. Man sagt, England sey eine Hölle für die Pferde, sollte indeß die Metempsycose wahr seyn, so bitte ich mir doch jedesmal aus, lieber ein englisches Pferd zu werden als ein französisches. Wie man diese unglücklichen Thiere hier oft behandelt, ist wahr- lich empörend! und es wäre zu wünschen, daß die Polizey sie, wie in England, beschützte. Ich erinnere mich, daß ich einst in London eine ähnliche Mißhand- lung eines armen Cabrioletpferdes durch einen Fiacre
und St. Martin nehmen ſich nun weit beſſer aus als ehemals. Ludwig der XIV. verdient dieſe Monu- mente, ſchon um ſeiner Verſchönerung der Hauptſtadt willen, denn in der That, was man in Paris Schö- nes und Großes ſieht, Ludwig der XIV. oder Na- poleon gründeten es. Die Alleen hat man glücklicher- weiſe ſorgfältig geſchont, und nicht, wie ſie in Berlin unter den Linden und auf dem Dönhofsplatz, die gro- ßen Bäume abgehauen, um kleine aſtloſe Knüppel ſtatt ihrer hin zu pflanzen. Einen ſeltſamen Anblick gewähren die vielen Dames blanches und Omnibus, Wagen, die zwanzig bis dreißig Perſonen halten, die Boulevards fortwährend von einem Ende bis zum andern durchfahren, und jeden müden Fußgänger für beſtimmte, ſehr billige Preiſe darin aufnehmen. Mel- det ſich einer, ſo zieht der hinten ſitzende Conducteur eine Klingel und der Kutſcher hält. Eine fliegende Treppe ſinkt herab und in wenigen Secunden geht es wieder vorwärts. Nur drei unglückliche Roſſe zie- hen dieſe ſchweren Wagen, ſo daß ich, bei der jetzigen Glätte, oft ſämmtliche Pferde neben einander hinſtür- zen ſah. Man ſagt, England ſey eine Hölle für die Pferde, ſollte indeß die Metempſycoſe wahr ſeyn, ſo bitte ich mir doch jedesmal aus, lieber ein engliſches Pferd zu werden als ein franzöſiſches. Wie man dieſe unglücklichen Thiere hier oft behandelt, iſt wahr- lich empörend! und es wäre zu wünſchen, daß die Polizey ſie, wie in England, beſchützte. Ich erinnere mich, daß ich einſt in London eine ähnliche Mißhand- lung eines armen Cabrioletpferdes durch einen Fiacre
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und St. Martin nehmen ſich nun weit beſſer aus als
ehemals. Ludwig der XIV. verdient dieſe Monu-
mente, ſchon um ſeiner Verſchönerung der Hauptſtadt
willen, denn in der That, was man in Paris Schö-
nes und Großes ſieht, Ludwig der XIV. oder Na-
poleon gründeten es. Die Alleen hat man glücklicher-
weiſe ſorgfältig geſchont, und nicht, wie ſie in Berlin
unter den Linden und auf dem Dönhofsplatz, die gro-
ßen Bäume abgehauen, um kleine aſtloſe Knüppel
ſtatt ihrer hin zu pflanzen. Einen ſeltſamen Anblick
gewähren die vielen Dames blanches und Omnibus,
Wagen, die zwanzig bis dreißig Perſonen halten, die
Boulevards fortwährend von einem Ende bis zum
andern durchfahren, und jeden müden Fußgänger für
beſtimmte, ſehr billige Preiſe darin aufnehmen. Mel-
det ſich einer, ſo zieht der hinten ſitzende Conducteur
eine Klingel und der Kutſcher hält. Eine fliegende
Treppe ſinkt herab und in wenigen Secunden geht
es wieder vorwärts. Nur drei unglückliche Roſſe zie-
hen dieſe ſchweren Wagen, ſo daß ich, bei der jetzigen
Glätte, oft ſämmtliche Pferde neben einander hinſtür-
zen ſah. Man ſagt, England ſey eine Hölle für die
Pferde, ſollte indeß die Metempſycoſe wahr ſeyn, ſo
bitte ich mir doch jedesmal aus, lieber ein engliſches
Pferd zu werden als ein franzöſiſches. Wie man
dieſe unglücklichen Thiere hier oft behandelt, iſt wahr-
lich empörend! und es wäre zu wünſchen, daß die
Polizey ſie, wie in England, beſchützte. Ich erinnere
mich, daß ich einſt in London eine ähnliche Mißhand-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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