Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

wendet er sich noch einmal unbemerkt von den Uebri-
gen um, wirst einen sorgsamen Blick auf den mit
seiner Tochter beschäftigten Vandryk, und mit den
Worten: beim Himmel, er ist's! verläßt er das Haus.

Die Scene verändert sich.

Wir sehen ein reiches Gemach, in welches Graf
Assefeldt vom Baron geführt wird. Nach einiger
Conversation über den Zustand der Provinz, erwähnt
der Baron Vandryks, seiner Verdienste um das
Land, und fügt hinzu, daß er dessen Tochter erst
heute für seinen Sohn verlangt, überzeugt, daß Van-
dryk's Tugend, sein Einfluß, sein Reichthum und
die Würde seines Charakters ihn jedem Edelmanne
gleich stellen müßten. Man sieht während dieser
Aeußerung den jungen Sekretair höhnisch lächeln,
der jetzt vortritt, um die Behörden der Stadt anzu-
melden. Diese kommen dem Raths-Pensionaire ihre
Ehrfurcht zu bezeigen, wobei der Zuschauer zugleich
erfährt, daß ihr Chef, jener erwähnte Feind Van-
dryk's des jungen Ritters Onkel ist. In dem Rap-
port, den dieser nun dem Grafen Assefeldt macht,
beschuldigt er Vandryk öffentlich, nur ein raffinirter
Ruhestörer zu seyn, der unter der Maske eines Fa-
brikherrn das Volk zu verführen suche, appügirt da-
bei auf die ganz räthselhafte Unbekanntheit seiner
Familie, die gänzliche Ungewißheit, woher er selbst
komme, wer er, und was seine Endabsicht sey, und
giebt endlich zu verstehen, daß er wohl als Spion
im Solde einer fremden Macht stehen könne. Graf

wendet er ſich noch einmal unbemerkt von den Uebri-
gen um, wirſt einen ſorgſamen Blick auf den mit
ſeiner Tochter beſchäftigten Vandryk, und mit den
Worten: beim Himmel, er iſt’s! verläßt er das Haus.

Die Scene verändert ſich.

Wir ſehen ein reiches Gemach, in welches Graf
Aſſefeldt vom Baron geführt wird. Nach einiger
Converſation über den Zuſtand der Provinz, erwähnt
der Baron Vandryks, ſeiner Verdienſte um das
Land, und fügt hinzu, daß er deſſen Tochter erſt
heute für ſeinen Sohn verlangt, überzeugt, daß Van-
dryk’s Tugend, ſein Einfluß, ſein Reichthum und
die Würde ſeines Charakters ihn jedem Edelmanne
gleich ſtellen müßten. Man ſieht während dieſer
Aeußerung den jungen Sekretair höhniſch lächeln,
der jetzt vortritt, um die Behörden der Stadt anzu-
melden. Dieſe kommen dem Raths-Penſionaire ihre
Ehrfurcht zu bezeigen, wobei der Zuſchauer zugleich
erfährt, daß ihr Chef, jener erwähnte Feind Van-
dryk’s des jungen Ritters Onkel iſt. In dem Rap-
port, den dieſer nun dem Grafen Aſſefeldt macht,
beſchuldigt er Vandryk öffentlich, nur ein raffinirter
Ruheſtörer zu ſeyn, der unter der Maske eines Fa-
brikherrn das Volk zu verführen ſuche, appügirt da-
bei auf die ganz räthſelhafte Unbekanntheit ſeiner
Familie, die gänzliche Ungewißheit, woher er ſelbſt
komme, wer er, und was ſeine Endabſicht ſey, und
giebt endlich zu verſtehen, daß er wohl als Spion
im Solde einer fremden Macht ſtehen könne. Graf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0386" n="364"/>
wendet er &#x017F;ich noch einmal unbemerkt von den Uebri-<lb/>
gen um, wir&#x017F;t einen &#x017F;org&#x017F;amen Blick auf den mit<lb/>
&#x017F;einer Tochter be&#x017F;chäftigten Vandryk, und mit den<lb/>
Worten: beim Himmel, er i&#x017F;t&#x2019;s! verläßt er das Haus.</p><lb/>
          <p>Die Scene verändert &#x017F;ich.</p><lb/>
          <p>Wir &#x017F;ehen ein reiches Gemach, in welches Graf<lb/>
A&#x017F;&#x017F;efeldt vom Baron geführt wird. Nach einiger<lb/>
Conver&#x017F;ation über den Zu&#x017F;tand der Provinz, erwähnt<lb/>
der Baron Vandryks, &#x017F;einer Verdien&#x017F;te um das<lb/>
Land, und fügt hinzu, daß er de&#x017F;&#x017F;en Tochter er&#x017F;t<lb/>
heute für &#x017F;einen Sohn verlangt, überzeugt, daß Van-<lb/>
dryk&#x2019;s Tugend, &#x017F;ein Einfluß, &#x017F;ein Reichthum und<lb/>
die Würde &#x017F;eines Charakters ihn jedem Edelmanne<lb/>
gleich &#x017F;tellen müßten. Man &#x017F;ieht während die&#x017F;er<lb/>
Aeußerung den jungen Sekretair höhni&#x017F;ch lächeln,<lb/>
der jetzt vortritt, um die Behörden der Stadt anzu-<lb/>
melden. Die&#x017F;e kommen dem Raths-Pen&#x017F;ionaire ihre<lb/>
Ehrfurcht zu bezeigen, wobei der Zu&#x017F;chauer zugleich<lb/>
erfährt, daß ihr Chef, jener erwähnte Feind Van-<lb/>
dryk&#x2019;s des jungen Ritters Onkel i&#x017F;t. In dem Rap-<lb/>
port, den die&#x017F;er nun dem Grafen A&#x017F;&#x017F;efeldt macht,<lb/>
be&#x017F;chuldigt er Vandryk öffentlich, nur ein raffinirter<lb/>
Ruhe&#x017F;törer zu &#x017F;eyn, der unter der Maske eines Fa-<lb/>
brikherrn das Volk zu verführen &#x017F;uche, appügirt da-<lb/>
bei auf die ganz räth&#x017F;elhafte Unbekanntheit &#x017F;einer<lb/>
Familie, die gänzliche Ungewißheit, woher er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
komme, wer er, und was &#x017F;eine Endab&#x017F;icht &#x017F;ey, und<lb/>
giebt endlich zu ver&#x017F;tehen, daß er wohl als Spion<lb/>
im Solde einer fremden Macht &#x017F;tehen könne. Graf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0386] wendet er ſich noch einmal unbemerkt von den Uebri- gen um, wirſt einen ſorgſamen Blick auf den mit ſeiner Tochter beſchäftigten Vandryk, und mit den Worten: beim Himmel, er iſt’s! verläßt er das Haus. Die Scene verändert ſich. Wir ſehen ein reiches Gemach, in welches Graf Aſſefeldt vom Baron geführt wird. Nach einiger Converſation über den Zuſtand der Provinz, erwähnt der Baron Vandryks, ſeiner Verdienſte um das Land, und fügt hinzu, daß er deſſen Tochter erſt heute für ſeinen Sohn verlangt, überzeugt, daß Van- dryk’s Tugend, ſein Einfluß, ſein Reichthum und die Würde ſeines Charakters ihn jedem Edelmanne gleich ſtellen müßten. Man ſieht während dieſer Aeußerung den jungen Sekretair höhniſch lächeln, der jetzt vortritt, um die Behörden der Stadt anzu- melden. Dieſe kommen dem Raths-Penſionaire ihre Ehrfurcht zu bezeigen, wobei der Zuſchauer zugleich erfährt, daß ihr Chef, jener erwähnte Feind Van- dryk’s des jungen Ritters Onkel iſt. In dem Rap- port, den dieſer nun dem Grafen Aſſefeldt macht, beſchuldigt er Vandryk öffentlich, nur ein raffinirter Ruheſtörer zu ſeyn, der unter der Maske eines Fa- brikherrn das Volk zu verführen ſuche, appügirt da- bei auf die ganz räthſelhafte Unbekanntheit ſeiner Familie, die gänzliche Ungewißheit, woher er ſelbſt komme, wer er, und was ſeine Endabſicht ſey, und giebt endlich zu verſtehen, daß er wohl als Spion im Solde einer fremden Macht ſtehen könne. Graf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/386
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/386>, abgerufen am 17.05.2024.