vielleicht je ernstlich zu seyn, hatte doch die Gewohn- heit wie bei Allem, mehr oder weniger, auch auf ihn einen so starken Einfluß, daß er sich von den ersten Eindrücken nie ganz frei machen konnte. Es arrivirte ihm sogar zuweilen, wenn etwas ihn plötz- lich frappirte, unwillkührlich das Zeichen des Kreuzes zu machen, ein Geste, der den sceptischen Kindern der Revolution, bei einem Manne wie der Kaiser, höchst befremdend vorkam. *)
Nun noch zuletzt ein artiger trait Carl des IV., dem man kaum so etwas Zartes zutrauen wird, ob- gleich die, welche ihn persönlich kannten, wissen, daß dieser unendlich liberale und gute, wenn gleich höchst schwache und ungebildete Prinz, als Mensch viel mehr werth war, denn als König.
Als Lucien nach Spanien ging, um dort den Po- sten eines Ambassadeur der Republik einzunehmen,
*) Mein Freund schrieb auch mir damals von jener Un- terredung, und erwähnte einer komischen Particula- rität, die in den Briefen einer Dame freilich nicht Platz finden konnte, aber hier in einer Note wohl hazadirt werden darf, da sie zugleich den Ton der Großen jener Zeit und ihres Herren so gut schil- dert. *) Napoleon machte nämlich, in Gegenwart
*) Damen warne ich jedoch im Voraus!
vielleicht je ernſtlich zu ſeyn, hatte doch die Gewohn- heit wie bei Allem, mehr oder weniger, auch auf ihn einen ſo ſtarken Einfluß, daß er ſich von den erſten Eindrücken nie ganz frei machen konnte. Es arrivirte ihm ſogar zuweilen, wenn etwas ihn plötz- lich frappirte, unwillkührlich das Zeichen des Kreuzes zu machen, ein Gêsté, der den ſceptiſchen Kindern der Revolution, bei einem Manne wie der Kaiſer, höchſt befremdend vorkam. *)
Nun noch zuletzt ein artiger trait Carl des IV., dem man kaum ſo etwas Zartes zutrauen wird, ob- gleich die, welche ihn perſönlich kannten, wiſſen, daß dieſer unendlich liberale und gute, wenn gleich höchſt ſchwache und ungebildete Prinz, als Menſch viel mehr werth war, denn als König.
Als Lucien nach Spanien ging, um dort den Po- ſten eines Ambaſſadeur der Republik einzunehmen,
*) Mein Freund ſchrieb auch mir damals von jener Un- terredung, und erwähnte einer komiſchen Particula- rität, die in den Briefen einer Dame freilich nicht Platz finden konnte, aber hier in einer Note wohl hazadirt werden darf, da ſie zugleich den Ton der Großen jener Zeit und ihres Herren ſo gut ſchil- dert. *) Napoleon machte nämlich, in Gegenwart
*) Damen warne ich jedoch im Voraus!
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vielleicht je ernſtlich zu ſeyn, hatte doch die Gewohn-
heit wie bei Allem, mehr oder weniger, auch auf
ihn einen ſo ſtarken Einfluß, daß er ſich von den
erſten Eindrücken nie ganz frei machen konnte. Es
arrivirte ihm ſogar zuweilen, wenn etwas ihn plötz-
lich frappirte, unwillkührlich das Zeichen des Kreuzes
zu machen, ein Gêsté, der den ſceptiſchen Kindern
der Revolution, bei einem Manne wie der Kaiſer,
höchſt befremdend vorkam. *)
Nun noch zuletzt ein artiger trait Carl des IV.,
dem man kaum ſo etwas Zartes zutrauen wird, ob-
gleich die, welche ihn perſönlich kannten, wiſſen, daß
dieſer unendlich liberale und gute, wenn gleich höchſt
ſchwache und ungebildete Prinz, als Menſch viel mehr
werth war, denn als König.
Als Lucien nach Spanien ging, um dort den Po-
ſten eines Ambaſſadeur der Republik einzunehmen,
*) Mein Freund ſchrieb auch mir damals von jener Un-
terredung, und erwähnte einer komiſchen Particula-
rität, die in den Briefen einer Dame freilich nicht
Platz finden konnte, aber hier in einer Note wohl
hazadirt werden darf, da ſie zugleich den Ton der
Großen jener Zeit und ihres Herren ſo gut ſchil-
dert. *) Napoleon machte nämlich, in Gegenwart
*) Damen warne ich jedoch im Voraus!
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/378>, abgerufen am 18.07.2024.
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