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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Lucien's, der nie die geringste Beleidigung unge-
rächt gelassen. Es errege daher oft ihr Erstaunen,
wie gleich sich, durch die ganze Folgezeit, der beider-
seitige Charakter der Brüder geblieben. Der Gene-
ral behauptete, daß Madame Lätitia die feste Ueber-
zeugung gehabt, Napoleon werde übel enden, und
kein Geheimniß daraus gemacht, daß sie nur für
diese Catastrophe spare. Lucien theilte diese Ueber-
zeugung und sagte dem General schon 1811 die merk-
würdigen Worte: L'ambition de cet homme est in-
satiable, et vous vivrez peutetre, pour voir sa
carcasse et toute sa famille jettees dans les egouts
de Paris.

Bei der Krönung Napoleons hatte die Kaiserin
Mutter, bei welcher der General, nach verlassenem
Militairdienste, eine Hofcharge inne hatte, (er sagte
mir nicht welche) ihm aufgetragen, genau Achtung
zu geben, wieviel Fauteuils, Stühle und Tabourets
für die kaiserliche Familie aufgestellt worden wären,
und so wie sie hereinträte, ihr unbemerkt seinen
Rapport darüber abzustatten. Der General, damals
mit Hofsitten ziemlich unbekannt, wunderte sich über
den seltsamen Auftrag, richtete ihn aber pünktlich
aus, und meldete, er habe nur zwei Fauteuils, einen
Stuhl und so und so viel Tabourets gezählt. "Ah!
je le pensais, bien,
rief Madame Mere, roth vor
Zorn, la chaise est pour moi -- mais ils se trom-
pent dans leur calcaul!
Schnell auf den omineusen
Stuhl zuschreitend, frug sie den dienstthuenden Kam-

Lucien’s, der nie die geringſte Beleidigung unge-
rächt gelaſſen. Es errege daher oft ihr Erſtaunen,
wie gleich ſich, durch die ganze Folgezeit, der beider-
ſeitige Charakter der Brüder geblieben. Der Gene-
ral behauptete, daß Madame Lätitia die feſte Ueber-
zeugung gehabt, Napoleon werde übel enden, und
kein Geheimniß daraus gemacht, daß ſie nur für
dieſe Cataſtrophe ſpare. Lucien theilte dieſe Ueber-
zeugung und ſagte dem General ſchon 1811 die merk-
würdigen Worte: L’ambition de cet homme est in-
satiable, et vous vivrez peutêtre, pour voir sa
carcasse et toute sa famille jettées dans les égouts
de Paris.

Bei der Krönung Napoleons hatte die Kaiſerin
Mutter, bei welcher der General, nach verlaſſenem
Militairdienſte, eine Hofcharge inne hatte, (er ſagte
mir nicht welche) ihm aufgetragen, genau Achtung
zu geben, wieviel Fauteuils, Stühle und Tabourets
für die kaiſerliche Familie aufgeſtellt worden wären,
und ſo wie ſie hereinträte, ihr unbemerkt ſeinen
Rapport darüber abzuſtatten. Der General, damals
mit Hofſitten ziemlich unbekannt, wunderte ſich über
den ſeltſamen Auftrag, richtete ihn aber pünktlich
aus, und meldete, er habe nur zwei Fauteuils, einen
Stuhl und ſo und ſo viel Tabourets gezählt. „Ah!
je le pensais, bien,
rief Madame Mére, roth vor
Zorn, la chaise est pour moi — mais ils se trom-
pent dans leur calcûl!
Schnell auf den omineuſen
Stuhl zuſchreitend, frug ſie den dienſtthuenden Kam-

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[354/0376] Lucien’s, der nie die geringſte Beleidigung unge- rächt gelaſſen. Es errege daher oft ihr Erſtaunen, wie gleich ſich, durch die ganze Folgezeit, der beider- ſeitige Charakter der Brüder geblieben. Der Gene- ral behauptete, daß Madame Lätitia die feſte Ueber- zeugung gehabt, Napoleon werde übel enden, und kein Geheimniß daraus gemacht, daß ſie nur für dieſe Cataſtrophe ſpare. Lucien theilte dieſe Ueber- zeugung und ſagte dem General ſchon 1811 die merk- würdigen Worte: L’ambition de cet homme est in- satiable, et vous vivrez peutêtre, pour voir sa carcasse et toute sa famille jettées dans les égouts de Paris. Bei der Krönung Napoleons hatte die Kaiſerin Mutter, bei welcher der General, nach verlaſſenem Militairdienſte, eine Hofcharge inne hatte, (er ſagte mir nicht welche) ihm aufgetragen, genau Achtung zu geben, wieviel Fauteuils, Stühle und Tabourets für die kaiſerliche Familie aufgeſtellt worden wären, und ſo wie ſie hereinträte, ihr unbemerkt ſeinen Rapport darüber abzuſtatten. Der General, damals mit Hofſitten ziemlich unbekannt, wunderte ſich über den ſeltſamen Auftrag, richtete ihn aber pünktlich aus, und meldete, er habe nur zwei Fauteuils, einen Stuhl und ſo und ſo viel Tabourets gezählt. „Ah! je le pensais, bien, rief Madame Mére, roth vor Zorn, la chaise est pour moi — mais ils se trom- pent dans leur calcûl! Schnell auf den omineuſen Stuhl zuſchreitend, frug ſie den dienſtthuenden Kam-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/376>, abgerufen am 22.11.2024.