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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Hälfte welche Du übersiehst, bietet einen ganz leeren
Raum, ohne Stuhl, Bank, noch Altar, nur der Bo-
den bildet eine fortlaufende Mosaik eingelassener
Grabsteine mit Inschriften, und eben so sind die
Wände, bis zu einer gewissen Höhe, wo eine hori-
zontale Linie abschneidet, dicht und ohne Zwischen-
raum, mit Büsten, Statüen, eingelassenen Marmor-
tafeln und Monumenten aller Art bedeckt, bald von
glänzend schwarzem, oder weißem Marmor, bald aus
Porphyr, Granit oder andern bunten Steinarten ge-
fertigt -- das Ganze dem Aussehen eines Saales
gleich, den ein Kunstliebhaber, wie ein Museum, deko-
rirt, und die Wände mit allerlei verschiedenen Ge-
genständen bedeckt hat. Bis zu der Linie, mit der
die Monumente abschneiden, war alles im hellsten
Licht, weiter oben verlor sich die Helle nach und nach,
und unter dem Laubwerk der Gewölbe ward sie zur
undeutlichen Dämmerung. Ich und der Küster wa-
ren ganz allein in diesem Raum, während noch grö-
ßerer Lichtglanz hinter dem rothglühenden Vorhang
zu schimmern schien, und von dort, aus der andern
Hälfte der Kirche, der gedämpfte Gesang der Ge-
meinde, wie aus unsichtbarem Heiligthume, zu uns
herübertönte.

Viele interessante Leute liegen hier begraben, unter
andern auch der berühmte Witzling Quin, für den
Garrik eine Marmorbüste und poetische Inschrift her-
geliefert hat. Am Monumente Waller's fehlt die
Nase, und man behauptet, Jakob II. habe sie selbst,

Hälfte welche Du überſiehſt, bietet einen ganz leeren
Raum, ohne Stuhl, Bank, noch Altar, nur der Bo-
den bildet eine fortlaufende Moſaik eingelaſſener
Grabſteine mit Inſchriften, und eben ſo ſind die
Wände, bis zu einer gewiſſen Höhe, wo eine hori-
zontale Linie abſchneidet, dicht und ohne Zwiſchen-
raum, mit Büſten, Statüen, eingelaſſenen Marmor-
tafeln und Monumenten aller Art bedeckt, bald von
glänzend ſchwarzem, oder weißem Marmor, bald aus
Porphyr, Granit oder andern bunten Steinarten ge-
fertigt — das Ganze dem Ausſehen eines Saales
gleich, den ein Kunſtliebhaber, wie ein Muſeum, deko-
rirt, und die Wände mit allerlei verſchiedenen Ge-
genſtänden bedeckt hat. Bis zu der Linie, mit der
die Monumente abſchneiden, war alles im hellſten
Licht, weiter oben verlor ſich die Helle nach und nach,
und unter dem Laubwerk der Gewölbe ward ſie zur
undeutlichen Dämmerung. Ich und der Küſter wa-
ren ganz allein in dieſem Raum, während noch grö-
ßerer Lichtglanz hinter dem rothglühenden Vorhang
zu ſchimmern ſchien, und von dort, aus der andern
Hälfte der Kirche, der gedämpfte Geſang der Ge-
meinde, wie aus unſichtbarem Heiligthume, zu uns
herübertönte.

Viele intereſſante Leute liegen hier begraben, unter
andern auch der berühmte Witzling Quin, für den
Garrik eine Marmorbüſte und poetiſche Inſchrift her-
geliefert hat. Am Monumente Waller’s fehlt die
Naſe, und man behauptet, Jakob II. habe ſie ſelbſt,

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[275/0297] Hälfte welche Du überſiehſt, bietet einen ganz leeren Raum, ohne Stuhl, Bank, noch Altar, nur der Bo- den bildet eine fortlaufende Moſaik eingelaſſener Grabſteine mit Inſchriften, und eben ſo ſind die Wände, bis zu einer gewiſſen Höhe, wo eine hori- zontale Linie abſchneidet, dicht und ohne Zwiſchen- raum, mit Büſten, Statüen, eingelaſſenen Marmor- tafeln und Monumenten aller Art bedeckt, bald von glänzend ſchwarzem, oder weißem Marmor, bald aus Porphyr, Granit oder andern bunten Steinarten ge- fertigt — das Ganze dem Ausſehen eines Saales gleich, den ein Kunſtliebhaber, wie ein Muſeum, deko- rirt, und die Wände mit allerlei verſchiedenen Ge- genſtänden bedeckt hat. Bis zu der Linie, mit der die Monumente abſchneiden, war alles im hellſten Licht, weiter oben verlor ſich die Helle nach und nach, und unter dem Laubwerk der Gewölbe ward ſie zur undeutlichen Dämmerung. Ich und der Küſter wa- ren ganz allein in dieſem Raum, während noch grö- ßerer Lichtglanz hinter dem rothglühenden Vorhang zu ſchimmern ſchien, und von dort, aus der andern Hälfte der Kirche, der gedämpfte Geſang der Ge- meinde, wie aus unſichtbarem Heiligthume, zu uns herübertönte. Viele intereſſante Leute liegen hier begraben, unter andern auch der berühmte Witzling Quin, für den Garrik eine Marmorbüſte und poetiſche Inſchrift her- geliefert hat. Am Monumente Waller’s fehlt die Naſe, und man behauptet, Jakob II. habe ſie ſelbſt,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/297>, abgerufen am 22.11.2024.