Er hatte indeß doch den verständigen Einfall gehabt, einen guten Freund unterwegs weiter zu expediren, und bei meinem Erwachen, fand ich daher eine sehr artige Einladung des großen Agitator's glücklich vor.
Ich habe bereits gesagt, daß ich mich erst um drei Uhr auf den Weg machte, und obgleich ich sieben Stunden lang im heftigsten Regen, mit dem Winde im Gesicht, reiten mußte, und in dieser Wüste, wo nicht einmal das Obdach eines Baumes anzutreffen ist, nach der ersten halben Stunden schon kein Faden meiner Kleidung mehr trocken war -- so möchte ich doch um vieles nicht den heutigen, so beschwerlichen Tag, in meinem Lebensbuche missen.
Der Anfang war allerdings schwer. Zuerst konnte ich lange keine Pferde bekommen, denn das nach Glengariff gebrauchte, hatte sich den Fuß verstaucht. Endlich erschien ein alter schwarzer Karrengaul, der für mich bestimmt war, und ein Katzenartiges Thier- chen, das der Führer bestieg. Auch mit meiner Toi- lette war ich brouillirt. Die entwichene Gallosche war nicht wieder gefunden worden, und der Regen- schirm schon auf dem Hexenberge aus seinen Fugen gewichen. Ich ersetzte den ersten durch einen großen Pantoffel des Wirths, den zweiten band ich, so gut es gehn wollte, zusammen, und ihn dann, gleich einem Schilde vorhaltend, die Tuchmütze, mit einem Stücke Wachsleinwand bedeckt, auf dem Kopfe, gal- lopirte ich, Don Quixotte nicht unähnlich, und oben-
1*
Er hatte indeß doch den verſtändigen Einfall gehabt, einen guten Freund unterwegs weiter zu expediren, und bei meinem Erwachen, fand ich daher eine ſehr artige Einladung des großen Agitator’s glücklich vor.
Ich habe bereits geſagt, daß ich mich erſt um drei Uhr auf den Weg machte, und obgleich ich ſieben Stunden lang im heftigſten Regen, mit dem Winde im Geſicht, reiten mußte, und in dieſer Wüſte, wo nicht einmal das Obdach eines Baumes anzutreffen iſt, nach der erſten halben Stunden ſchon kein Faden meiner Kleidung mehr trocken war — ſo möchte ich doch um vieles nicht den heutigen, ſo beſchwerlichen Tag, in meinem Lebensbuche miſſen.
Der Anfang war allerdings ſchwer. Zuerſt konnte ich lange keine Pferde bekommen, denn das nach Glengariff gebrauchte, hatte ſich den Fuß verſtaucht. Endlich erſchien ein alter ſchwarzer Karrengaul, der für mich beſtimmt war, und ein Katzenartiges Thier- chen, das der Führer beſtieg. Auch mit meiner Toi- lette war ich brouillirt. Die entwichene Galloſche war nicht wieder gefunden worden, und der Regen- ſchirm ſchon auf dem Hexenberge aus ſeinen Fugen gewichen. Ich erſetzte den erſten durch einen großen Pantoffel des Wirths, den zweiten band ich, ſo gut es gehn wollte, zuſammen, und ihn dann, gleich einem Schilde vorhaltend, die Tuchmütze, mit einem Stücke Wachsleinwand bedeckt, auf dem Kopfe, gal- lopirte ich, Don Quixotte nicht unähnlich, und oben-
1*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0025"n="3"/>
Er hatte indeß doch den verſtändigen Einfall gehabt,<lb/>
einen guten Freund unterwegs weiter zu expediren,<lb/>
und bei meinem Erwachen, fand ich daher eine ſehr<lb/>
artige Einladung des großen Agitator’s glücklich vor.</p><lb/><p>Ich habe bereits geſagt, daß ich mich erſt um drei<lb/>
Uhr auf den Weg machte, und obgleich ich ſieben<lb/>
Stunden lang im heftigſten Regen, mit dem Winde<lb/>
im Geſicht, reiten mußte, und in dieſer Wüſte, wo<lb/>
nicht einmal das Obdach eines Baumes anzutreffen<lb/>
iſt, nach der erſten halben Stunden ſchon kein Faden<lb/>
meiner Kleidung mehr trocken war —ſo möchte ich<lb/>
doch um vieles nicht den heutigen, ſo beſchwerlichen<lb/>
Tag, in meinem Lebensbuche miſſen.</p><lb/><p>Der Anfang war allerdings ſchwer. Zuerſt konnte<lb/>
ich lange keine Pferde bekommen, denn das nach<lb/>
Glengariff gebrauchte, hatte ſich den Fuß verſtaucht.<lb/>
Endlich erſchien ein alter ſchwarzer Karrengaul, der<lb/>
für mich beſtimmt war, und ein Katzenartiges Thier-<lb/>
chen, das der Führer beſtieg. Auch mit meiner Toi-<lb/>
lette war ich brouillirt. Die entwichene Galloſche<lb/>
war nicht wieder gefunden worden, und der Regen-<lb/>ſchirm ſchon auf dem Hexenberge aus ſeinen Fugen<lb/>
gewichen. Ich erſetzte den erſten durch einen großen<lb/>
Pantoffel des Wirths, den zweiten band ich, ſo gut<lb/>
es gehn wollte, zuſammen, und ihn dann, gleich<lb/>
einem Schilde vorhaltend, die Tuchmütze, mit einem<lb/>
Stücke Wachsleinwand bedeckt, auf dem Kopfe, gal-<lb/>
lopirte ich, Don Quixotte nicht unähnlich, und oben-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">1*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[3/0025]
Er hatte indeß doch den verſtändigen Einfall gehabt,
einen guten Freund unterwegs weiter zu expediren,
und bei meinem Erwachen, fand ich daher eine ſehr
artige Einladung des großen Agitator’s glücklich vor.
Ich habe bereits geſagt, daß ich mich erſt um drei
Uhr auf den Weg machte, und obgleich ich ſieben
Stunden lang im heftigſten Regen, mit dem Winde
im Geſicht, reiten mußte, und in dieſer Wüſte, wo
nicht einmal das Obdach eines Baumes anzutreffen
iſt, nach der erſten halben Stunden ſchon kein Faden
meiner Kleidung mehr trocken war — ſo möchte ich
doch um vieles nicht den heutigen, ſo beſchwerlichen
Tag, in meinem Lebensbuche miſſen.
Der Anfang war allerdings ſchwer. Zuerſt konnte
ich lange keine Pferde bekommen, denn das nach
Glengariff gebrauchte, hatte ſich den Fuß verſtaucht.
Endlich erſchien ein alter ſchwarzer Karrengaul, der
für mich beſtimmt war, und ein Katzenartiges Thier-
chen, das der Führer beſtieg. Auch mit meiner Toi-
lette war ich brouillirt. Die entwichene Galloſche
war nicht wieder gefunden worden, und der Regen-
ſchirm ſchon auf dem Hexenberge aus ſeinen Fugen
gewichen. Ich erſetzte den erſten durch einen großen
Pantoffel des Wirths, den zweiten band ich, ſo gut
es gehn wollte, zuſammen, und ihn dann, gleich
einem Schilde vorhaltend, die Tuchmütze, mit einem
Stücke Wachsleinwand bedeckt, auf dem Kopfe, gal-
lopirte ich, Don Quixotte nicht unähnlich, und oben-
1*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/25>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.