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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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terhin in einen Doktor der die Kirchhöfe düngt; auch
bei der unüberwindlichen Landwehr ist er zu finden,
und Post, *) wie Lotterie, ja Garderobe selbst, ver-
mögen nicht ohne ihn zu bestehen. Der Hof-Philo-
soph, der Hof-Theologe, der Hof-Jakobiner, alle bie-
ten sich am Ende die Hand als geheime Räthe -- sie
sind es, waren es oder werden es seyn -- kurz kein
Land scheint in dieser Hinsicht mehr berathen, und
zugleich geheimer! denn so bescheiden sind diese zahl-
losen Räthe -- daß sie oft nichts geheimer halten als
ihr Talent.

Aber eine wahre Freude ist es dagegen, zu sehen,
mit welcher unbefangenen, ja rührenden bonhomie sie
sich selbst unter einander Titel geben und Ehre er-
zeigen, jeder dem andern sein Prädicat noch um eine
Stufe höher schraubend, zur Dankbarkeit aber, wie
sich von selbst versteht, dasselbe wiederum von ihm
erwartend. Die verschiedenen Zusätze und Wendun-
gen, die das arme Wort "geboren", dabei erleiden
muß, blieben gewiß jedem Fremden, der hier die
deutsche Sprache erlernen wollte, ein mystisches
Räthsel. Ohne mich in dieses Labyrinth weiter hin-
ein zu begeben, erwähne ich blos, daß "geboren"
allein, auch der Bettler auf der Straße nicht mehr

*) Die Post soll übrigens in jenem Reiche durchaus
Extra-Post seyn, und Manche es sehr bedauern daß
sie nicht noch einen größern Theil der Staats-Maschine
fährt, um dem jubilarischen Stillstand einen neuen
Anstoß zu geben.
A. d. H.

terhin in einen Doktor der die Kirchhöfe düngt; auch
bei der unüberwindlichen Landwehr iſt er zu finden,
und Poſt, *) wie Lotterie, ja Garderobe ſelbſt, ver-
mögen nicht ohne ihn zu beſtehen. Der Hof-Philo-
ſoph, der Hof-Theologe, der Hof-Jakobiner, alle bie-
ten ſich am Ende die Hand als geheime Räthe — ſie
ſind es, waren es oder werden es ſeyn — kurz kein
Land ſcheint in dieſer Hinſicht mehr berathen, und
zugleich geheimer! denn ſo beſcheiden ſind dieſe zahl-
loſen Räthe — daß ſie oft nichts geheimer halten als
ihr Talent.

Aber eine wahre Freude iſt es dagegen, zu ſehen,
mit welcher unbefangenen, ja rührenden bonhomie ſie
ſich ſelbſt unter einander Titel geben und Ehre er-
zeigen, jeder dem andern ſein Prädicat noch um eine
Stufe höher ſchraubend, zur Dankbarkeit aber, wie
ſich von ſelbſt verſteht, daſſelbe wiederum von ihm
erwartend. Die verſchiedenen Zuſätze und Wendun-
gen, die das arme Wort „geboren“, dabei erleiden
muß, blieben gewiß jedem Fremden, der hier die
deutſche Sprache erlernen wollte, ein myſtiſches
Räthſel. Ohne mich in dieſes Labyrinth weiter hin-
ein zu begeben, erwähne ich blos, daß „geboren“
allein, auch der Bettler auf der Straße nicht mehr

*) Die Poſt ſoll übrigens in jenem Reiche durchaus
Extra-Poſt ſeyn, und Manche es ſehr bedauern daß
ſie nicht noch einen größern Theil der Staats-Maſchine
fährt, um dem jubilariſchen Stillſtand einen neuen
Anſtoß zu geben.
A. d. H.
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[30/0054] terhin in einen Doktor der die Kirchhöfe düngt; auch bei der unüberwindlichen Landwehr iſt er zu finden, und Poſt, *) wie Lotterie, ja Garderobe ſelbſt, ver- mögen nicht ohne ihn zu beſtehen. Der Hof-Philo- ſoph, der Hof-Theologe, der Hof-Jakobiner, alle bie- ten ſich am Ende die Hand als geheime Räthe — ſie ſind es, waren es oder werden es ſeyn — kurz kein Land ſcheint in dieſer Hinſicht mehr berathen, und zugleich geheimer! denn ſo beſcheiden ſind dieſe zahl- loſen Räthe — daß ſie oft nichts geheimer halten als ihr Talent. Aber eine wahre Freude iſt es dagegen, zu ſehen, mit welcher unbefangenen, ja rührenden bonhomie ſie ſich ſelbſt unter einander Titel geben und Ehre er- zeigen, jeder dem andern ſein Prädicat noch um eine Stufe höher ſchraubend, zur Dankbarkeit aber, wie ſich von ſelbſt verſteht, daſſelbe wiederum von ihm erwartend. Die verſchiedenen Zuſätze und Wendun- gen, die das arme Wort „geboren“, dabei erleiden muß, blieben gewiß jedem Fremden, der hier die deutſche Sprache erlernen wollte, ein myſtiſches Räthſel. Ohne mich in dieſes Labyrinth weiter hin- ein zu begeben, erwähne ich blos, daß „geboren“ allein, auch der Bettler auf der Straße nicht mehr *) Die Poſt ſoll übrigens in jenem Reiche durchaus Extra-Poſt ſeyn, und Manche es ſehr bedauern daß ſie nicht noch einen größern Theil der Staats-Maſchine fährt, um dem jubilariſchen Stillſtand einen neuen Anſtoß zu geben. A. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/54>, abgerufen am 24.11.2024.