Als wir die Kirche verließen, um den Felsen am Shannon zu besehen, auf dem der Traktat von Lim- merick mit den Engländern, nach der Schlacht von Boyne, unterzeichnet, aber von diesen nicht zum Be- sten gehalten wurde -- hatte sich ein ungeheures Ge- folge von Volk um uns versammelt, das wie eine Lawine noch immer mehr anwuchs, uns aber mit eben so viel Bescheidenheit als Enthusiasmus folgte. Plötzlich rief man: "Es lebe Napoleon und Mar- schall ......!"
Mein Gott, frug ich, für wen hält man mich denn eigentlich hier? als ganz anspruchsloser Fremder be- greife ich gar nicht, weshalb man mir so viel Ehre anzuthun scheint. War Ihr Herr Vater, erwiederte O'Connel, nicht der Fürst von ...? Nichts weniger, versicherte ich, mein Vater war zwar ein etwas älte- rer Edelmann, aber lange nicht so berühmt. Dann müssen Sie verzeihen, fuhr Herr O'Connel ungläubig fort, aufrichtig gesagt, hält man Sie für einen na- türlichen Sohn Napoleons, da dessen Vorliebe für Ihre Frau Mutter bekannt ist. Sie scherzen, sagte ich lachend, ich bin wenigstens zehn Jahr zu alt, um der Sohn des großen Kaisers und der schönen Für- stin zu seyn. Er schüttelte aber mit dem Kopf, und unter wiederholtem Vivatrufen erreichte ich endlich meine Wohnung, die ich von nun an verschloß, und heute nicht mehr verließ. Das Volk nahm aber ge- duldig Posto vor meinen Fenstern und zerstreute sich erst mit einbrechender Dunkelheit.
Als wir die Kirche verließen, um den Felſen am Shannon zu beſehen, auf dem der Traktat von Lim- merick mit den Engländern, nach der Schlacht von Boyne, unterzeichnet, aber von dieſen nicht zum Be- ſten gehalten wurde — hatte ſich ein ungeheures Ge- folge von Volk um uns verſammelt, das wie eine Lawine noch immer mehr anwuchs, uns aber mit eben ſo viel Beſcheidenheit als Enthuſiasmus folgte. Plötzlich rief man: „Es lebe Napoleon und Mar- ſchall ......!“
Mein Gott, frug ich, für wen hält man mich denn eigentlich hier? als ganz anſpruchsloſer Fremder be- greife ich gar nicht, weshalb man mir ſo viel Ehre anzuthun ſcheint. War Ihr Herr Vater, erwiederte O’Connel, nicht der Fürſt von …? Nichts weniger, verſicherte ich, mein Vater war zwar ein etwas älte- rer Edelmann, aber lange nicht ſo berühmt. Dann müſſen Sie verzeihen, fuhr Herr O’Connel ungläubig fort, aufrichtig geſagt, hält man Sie für einen na- türlichen Sohn Napoleons, da deſſen Vorliebe für Ihre Frau Mutter bekannt iſt. Sie ſcherzen, ſagte ich lachend, ich bin wenigſtens zehn Jahr zu alt, um der Sohn des großen Kaiſers und der ſchönen Für- ſtin zu ſeyn. Er ſchüttelte aber mit dem Kopf, und unter wiederholtem Vivatrufen erreichte ich endlich meine Wohnung, die ich von nun an verſchloß, und heute nicht mehr verließ. Das Volk nahm aber ge- duldig Poſto vor meinen Fenſtern und zerſtreute ſich erſt mit einbrechender Dunkelheit.
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Als wir die Kirche verließen, um den Felſen am
Shannon zu beſehen, auf dem der Traktat von Lim-
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Boyne, unterzeichnet, aber von dieſen nicht zum Be-
ſten gehalten wurde — hatte ſich ein ungeheures Ge-
folge von Volk um uns verſammelt, das wie eine
Lawine noch immer mehr anwuchs, uns aber mit
eben ſo viel Beſcheidenheit als Enthuſiasmus folgte.
Plötzlich rief man: „Es lebe Napoleon und Mar-
ſchall ......!“
Mein Gott, frug ich, für wen hält man mich denn
eigentlich hier? als ganz anſpruchsloſer Fremder be-
greife ich gar nicht, weshalb man mir ſo viel Ehre
anzuthun ſcheint. War Ihr Herr Vater, erwiederte
O’Connel, nicht der Fürſt von …? Nichts weniger,
verſicherte ich, mein Vater war zwar ein etwas älte-
rer Edelmann, aber lange nicht ſo berühmt. Dann
müſſen Sie verzeihen, fuhr Herr O’Connel ungläubig
fort, aufrichtig geſagt, hält man Sie für einen na-
türlichen Sohn Napoleons, da deſſen Vorliebe für
Ihre Frau Mutter bekannt iſt. Sie ſcherzen, ſagte
ich lachend, ich bin wenigſtens zehn Jahr zu alt, um
der Sohn des großen Kaiſers und der ſchönen Für-
ſtin zu ſeyn. Er ſchüttelte aber mit dem Kopf, und
unter wiederholtem Vivatrufen erreichte ich endlich
meine Wohnung, die ich von nun an verſchloß, und
heute nicht mehr verließ. Das Volk nahm aber ge-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/311>, abgerufen am 03.12.2024.
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