Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

eine der reizendsten ist. Hier befindet sich das größte
jener festen Schlösser, die alle Eduard gebaut und
Cromwell zerstört hat. Es ist zugleich das, welches
durch Umgebung wie eigne Schönheit, am romanti-
schesten erscheint.

Die Umfangsmauern, obwohl verfallen, stehen noch
sämmtlich, mit allen ihren Thürmen, deren man bis
32 zählt. Die ganze neuere Stadt, ein seltsames
aber nicht unmalerisches Gemisch von Altem und
Neuem, findet Platz im Bezirk dieser Mauern. Seit
kurzem hat man über den Fluß Conway, an dessen
Felsenufern das Schloß steht, eine Kettenbrücke, mit
Pfeilern in Gestalt gothischer Thürme, gebaut, die
das Grandiose und Fremde des Anblicks noch ver-
mehrt. Die Umgegend ist herrlich, bewaldete Berge
stehen den Ruinen gegenüber, und noch höhere ragen
über sie hervor. Mehrere Landhäuser zieren die Ab-
hänge, unter andern eine allerliebste Villa, die eben
zum Verkauf ausgeboten ist, und den verführerischen
Namen "Zufriedenheit" (Contentement) führt. In
dem Schloß sieht man noch die imposanten Rudera
der Banquethalle mit zwei haushohen Caminen, und
die königlichen Zimmer. Im Closet der Königin wird
ein ziemlich gut erhaltner und schön gearbeiteter Bet-
altar, so wie ein prachtvolles Orielwindow bewundert.
Auch in der Stadt befinden sich sehr merkwürdige
alte Gebäude, mit wunderbaren, phantastischen Holz-
hieroglyphen. Das eine dieser Häuser wurde, wie ein
Grabstein in der Kirche besagt, von einem gewissen Hoo-
kes in 14ten Jahrhundert erbaut, welcher der einundvier-

eine der reizendſten iſt. Hier befindet ſich das größte
jener feſten Schlöſſer, die alle Eduard gebaut und
Cromwell zerſtört hat. Es iſt zugleich das, welches
durch Umgebung wie eigne Schönheit, am romanti-
ſcheſten erſcheint.

Die Umfangsmauern, obwohl verfallen, ſtehen noch
ſämmtlich, mit allen ihren Thürmen, deren man bis
32 zählt. Die ganze neuere Stadt, ein ſeltſames
aber nicht unmaleriſches Gemiſch von Altem und
Neuem, findet Platz im Bezirk dieſer Mauern. Seit
kurzem hat man über den Fluß Conway, an deſſen
Felſenufern das Schloß ſteht, eine Kettenbrücke, mit
Pfeilern in Geſtalt gothiſcher Thürme, gebaut, die
das Grandioſe und Fremde des Anblicks noch ver-
mehrt. Die Umgegend iſt herrlich, bewaldete Berge
ſtehen den Ruinen gegenüber, und noch höhere ragen
über ſie hervor. Mehrere Landhäuſer zieren die Ab-
hänge, unter andern eine allerliebſte Villa, die eben
zum Verkauf ausgeboten iſt, und den verführeriſchen
Namen „Zufriedenheit“ (Contentement) führt. In
dem Schloß ſieht man noch die impoſanten Rudera
der Banquethalle mit zwei haushohen Caminen, und
die königlichen Zimmer. Im Cloſet der Königin wird
ein ziemlich gut erhaltner und ſchön gearbeiteter Bet-
altar, ſo wie ein prachtvolles Orielwindow bewundert.
Auch in der Stadt befinden ſich ſehr merkwürdige
alte Gebäude, mit wunderbaren, phantaſtiſchen Holz-
hieroglyphen. Das eine dieſer Häuſer wurde, wie ein
Grabſtein in der Kirche beſagt, von einem gewiſſen Hoo-
kes in 14ten Jahrhundert erbaut, welcher der einundvier-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0158" n="134"/>
eine der reizend&#x017F;ten i&#x017F;t. Hier befindet &#x017F;ich das größte<lb/>
jener fe&#x017F;ten Schlö&#x017F;&#x017F;er, die alle Eduard gebaut und<lb/>
Cromwell zer&#x017F;tört hat. Es i&#x017F;t zugleich das, welches<lb/>
durch Umgebung wie eigne <choice><sic>Scho&#x0307;nheit</sic><corr>Schönheit</corr></choice>, am romanti-<lb/>
&#x017F;che&#x017F;ten er&#x017F;cheint.</p><lb/>
          <p>Die Umfangsmauern, obwohl verfallen, &#x017F;tehen noch<lb/>
&#x017F;ämmtlich, mit allen ihren Thürmen, deren man bis<lb/>
32 zählt. Die ganze neuere Stadt, ein &#x017F;elt&#x017F;ames<lb/>
aber nicht unmaleri&#x017F;ches Gemi&#x017F;ch von Altem und<lb/>
Neuem, findet Platz im Bezirk die&#x017F;er Mauern. Seit<lb/>
kurzem hat man über den Fluß Conway, an de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Fel&#x017F;enufern das Schloß &#x017F;teht, eine Kettenbrücke, mit<lb/>
Pfeilern in Ge&#x017F;talt gothi&#x017F;cher Thürme, gebaut, die<lb/>
das Grandio&#x017F;e und Fremde des Anblicks noch ver-<lb/>
mehrt. Die Umgegend i&#x017F;t herrlich, bewaldete Berge<lb/>
&#x017F;tehen den Ruinen gegenüber, und noch höhere ragen<lb/>
über &#x017F;ie hervor. Mehrere Landhäu&#x017F;er zieren die Ab-<lb/>
hänge, unter andern eine allerlieb&#x017F;te Villa, die eben<lb/>
zum Verkauf ausgeboten i&#x017F;t, und den verführeri&#x017F;chen<lb/>
Namen &#x201E;Zufriedenheit&#x201C; (<hi rendition="#aq">Contentement</hi>) führt. In<lb/>
dem Schloß &#x017F;ieht man noch die impo&#x017F;anten Rudera<lb/>
der Banquethalle mit zwei haushohen Caminen, und<lb/>
die königlichen Zimmer. Im Clo&#x017F;et der Königin wird<lb/>
ein ziemlich gut erhaltner und &#x017F;chön gearbeiteter Bet-<lb/>
altar, &#x017F;o wie ein prachtvolles Orielwindow bewundert.<lb/>
Auch in der Stadt befinden &#x017F;ich &#x017F;ehr merkwürdige<lb/>
alte Gebäude, mit wunderbaren, phanta&#x017F;ti&#x017F;chen Holz-<lb/>
hieroglyphen. Das eine die&#x017F;er Häu&#x017F;er wurde, wie ein<lb/>
Grab&#x017F;tein in der Kirche be&#x017F;agt, von einem gewi&#x017F;&#x017F;en Hoo-<lb/>
kes in 14ten Jahrhundert erbaut, welcher der einundvier-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0158] eine der reizendſten iſt. Hier befindet ſich das größte jener feſten Schlöſſer, die alle Eduard gebaut und Cromwell zerſtört hat. Es iſt zugleich das, welches durch Umgebung wie eigne Schönheit, am romanti- ſcheſten erſcheint. Die Umfangsmauern, obwohl verfallen, ſtehen noch ſämmtlich, mit allen ihren Thürmen, deren man bis 32 zählt. Die ganze neuere Stadt, ein ſeltſames aber nicht unmaleriſches Gemiſch von Altem und Neuem, findet Platz im Bezirk dieſer Mauern. Seit kurzem hat man über den Fluß Conway, an deſſen Felſenufern das Schloß ſteht, eine Kettenbrücke, mit Pfeilern in Geſtalt gothiſcher Thürme, gebaut, die das Grandioſe und Fremde des Anblicks noch ver- mehrt. Die Umgegend iſt herrlich, bewaldete Berge ſtehen den Ruinen gegenüber, und noch höhere ragen über ſie hervor. Mehrere Landhäuſer zieren die Ab- hänge, unter andern eine allerliebſte Villa, die eben zum Verkauf ausgeboten iſt, und den verführeriſchen Namen „Zufriedenheit“ (Contentement) führt. In dem Schloß ſieht man noch die impoſanten Rudera der Banquethalle mit zwei haushohen Caminen, und die königlichen Zimmer. Im Cloſet der Königin wird ein ziemlich gut erhaltner und ſchön gearbeiteter Bet- altar, ſo wie ein prachtvolles Orielwindow bewundert. Auch in der Stadt befinden ſich ſehr merkwürdige alte Gebäude, mit wunderbaren, phantaſtiſchen Holz- hieroglyphen. Das eine dieſer Häuſer wurde, wie ein Grabſtein in der Kirche beſagt, von einem gewiſſen Hoo- kes in 14ten Jahrhundert erbaut, welcher der einundvier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/158
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/158>, abgerufen am 24.11.2024.