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Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886.

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ein bedeutendes Kapital deutscher, wissenschaftlicher Bildung und geistigen Vermögens über den Ocean brachte, eine sehr freundliche Aufnahme und von Seiten hervorragender und bedeutender Amerikaner bereitwillige Förderung und Unterstützung fand. Seine Stellung in Boston war selbstverständlich nur ein Nothbehelf, und er gab sie bald auf, um sich litterarischen Arbeiten zu widmen. Sein erstes derartiges Unternehmen war ein überaus glücklicher Griff. Das Brockhaus'sche Konversationslexikon hatte damals begonnen in Deutschland Verbreitung zu finden. Auf Grundlage dieses Werkes gab Lieber, unterstützt von Männern wie Everett, Bancroft, Karl Jollen und vor Allem von Story, einem der ersten Staatsgelehrten Amerika's, Richter am obersten Bundesgericht, seine Encyclopaedia Amerikana, seit 1828 heraus. Es ist dies keine bloße englische Uebersetzung, sondern eine den Bedürfnissen des amerikanischen Publikums entsprechende Umarbeitung; Lieber selbst schrieb zahlreiche Artikel neu, und eignete sich dabei ein wahrhaft polyhistorisches Wissen an. Dieses Werk begann seinen Namen in den Vereinigten Staaten bekannt zu machen, und gewährte ihm auch die nothdürftigen Mittel, um seinen ersten Wunsch zu erfüllen; im Jahre 1829 führte er seine Mathilde als Gattin heim. Die nächsten Jahre waren erfüllt mit Studien und Arbeiten für die Encyclopädie, sowie auch andrer Art; so entwarf er ein Statut für eine Hochschule, welche aus dem Vermächtniß eines Millionärs, Namens Girard, errichtet werden sollte. Dies Statut des Girard-Kollege's ist in Amerika und Europa als eine organisatorische Arbeit allerersten Ranges anerkannt. Daneben ließ seine zunehmende Kenntniß der amerikanischen Staatszustände in ihm die Pläne größerer staatswissenschaftlicher Werke entstehen, welche diese Kenntniß für die neue wie für die alte Welt litterarisch verwerthen sollten. Und

ein bedeutendes Kapital deutscher, wissenschaftlicher Bildung und geistigen Vermögens über den Ocean brachte, eine sehr freundliche Aufnahme und von Seiten hervorragender und bedeutender Amerikaner bereitwillige Förderung und Unterstützung fand. Seine Stellung in Boston war selbstverständlich nur ein Nothbehelf, und er gab sie bald auf, um sich litterarischen Arbeiten zu widmen. Sein erstes derartiges Unternehmen war ein überaus glücklicher Griff. Das Brockhaus’sche Konversationslexikon hatte damals begonnen in Deutschland Verbreitung zu finden. Auf Grundlage dieses Werkes gab Lieber, unterstützt von Männern wie Everett, Bancroft, Karl Jollen und vor Allem von Story, einem der ersten Staatsgelehrten Amerika’s, Richter am obersten Bundesgericht, seine Encyclopaedia Amerikana, seit 1828 heraus. Es ist dies keine bloße englische Uebersetzung, sondern eine den Bedürfnissen des amerikanischen Publikums entsprechende Umarbeitung; Lieber selbst schrieb zahlreiche Artikel neu, und eignete sich dabei ein wahrhaft polyhistorisches Wissen an. Dieses Werk begann seinen Namen in den Vereinigten Staaten bekannt zu machen, und gewährte ihm auch die nothdürftigen Mittel, um seinen ersten Wunsch zu erfüllen; im Jahre 1829 führte er seine Mathilde als Gattin heim. Die nächsten Jahre waren erfüllt mit Studien und Arbeiten für die Encyclopädie, sowie auch andrer Art; so entwarf er ein Statut für eine Hochschule, welche aus dem Vermächtniß eines Millionärs, Namens Girard, errichtet werden sollte. Dies Statut des Girard-Kollege’s ist in Amerika und Europa als eine organisatorische Arbeit allerersten Ranges anerkannt. Daneben ließ seine zunehmende Kenntniß der amerikanischen Staatszustände in ihm die Pläne größerer staatswissenschaftlicher Werke entstehen, welche diese Kenntniß für die neue wie für die alte Welt litterarisch verwerthen sollten. Und

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[25/0025] ein bedeutendes Kapital deutscher, wissenschaftlicher Bildung und geistigen Vermögens über den Ocean brachte, eine sehr freundliche Aufnahme und von Seiten hervorragender und bedeutender Amerikaner bereitwillige Förderung und Unterstützung fand. Seine Stellung in Boston war selbstverständlich nur ein Nothbehelf, und er gab sie bald auf, um sich litterarischen Arbeiten zu widmen. Sein erstes derartiges Unternehmen war ein überaus glücklicher Griff. Das Brockhaus’sche Konversationslexikon hatte damals begonnen in Deutschland Verbreitung zu finden. Auf Grundlage dieses Werkes gab Lieber, unterstützt von Männern wie Everett, Bancroft, Karl Jollen und vor Allem von Story, einem der ersten Staatsgelehrten Amerika’s, Richter am obersten Bundesgericht, seine Encyclopaedia Amerikana, seit 1828 heraus. Es ist dies keine bloße englische Uebersetzung, sondern eine den Bedürfnissen des amerikanischen Publikums entsprechende Umarbeitung; Lieber selbst schrieb zahlreiche Artikel neu, und eignete sich dabei ein wahrhaft polyhistorisches Wissen an. Dieses Werk begann seinen Namen in den Vereinigten Staaten bekannt zu machen, und gewährte ihm auch die nothdürftigen Mittel, um seinen ersten Wunsch zu erfüllen; im Jahre 1829 führte er seine Mathilde als Gattin heim. Die nächsten Jahre waren erfüllt mit Studien und Arbeiten für die Encyclopädie, sowie auch andrer Art; so entwarf er ein Statut für eine Hochschule, welche aus dem Vermächtniß eines Millionärs, Namens Girard, errichtet werden sollte. Dies Statut des Girard-Kollege’s ist in Amerika und Europa als eine organisatorische Arbeit allerersten Ranges anerkannt. Daneben ließ seine zunehmende Kenntniß der amerikanischen Staatszustände in ihm die Pläne größerer staatswissenschaftlicher Werke entstehen, welche diese Kenntniß für die neue wie für die alte Welt litterarisch verwerthen sollten. Und

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Zitationshilfe: Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886/25>, abgerufen am 20.04.2024.