von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.wissender, einsichtsvoller? Nein, sie brauchte vor niemand die Augen niederzuschlagen. Noch nicht, aber nachher in Yokohama, in Number nine, wo sie sich der allgemeinen Ordnung wohl einfügen mußte und jedem Mann gehören, der zufällig ein Auge auf sie würfe? Ihr grauste nun doch. Aber -- was bliebe ihr denn hier auf die Dauer anderes übrig? Das nämliche unter einer "Madame", die sie haßte. Hatte Boris nicht gesagt, daß dort alles ganz anders, schöner, besser sei? Daß sie dort als Japanerin behandelt und gekleidet würde? Dann wollte sie also dort den ganzen europäischen Tiefstand vergessen und sich als Japanerin in einem allgemein geachteten Beruf fühlen. Wenn sie nun doch einmal zum Hetärentum verurteilt war! Wenn keine Hilfe vom Himmel noch von der Erde kam, sie davor zu retten. Und so vergingen die Tage. Man war schon Ende Februar. Für Indra kam keine Kunde. Aber nun mußte Boris bald zurückkommen. Madame hatte sich ausgerechnet, daß Indra ihr doch mehr einbrächte, wenn sie sie in den großen wissender, einsichtsvoller? Nein, sie brauchte vor niemand die Augen niederzuschlagen. Noch nicht, aber nachher in Yokohama, in Number nine, wo sie sich der allgemeinen Ordnung wohl einfügen mußte und jedem Mann gehören, der zufällig ein Auge auf sie würfe? Ihr grauste nun doch. Aber — was bliebe ihr denn hier auf die Dauer anderes übrig? Das nämliche unter einer „Madame“, die sie haßte. Hatte Boris nicht gesagt, daß dort alles ganz anders, schöner, besser sei? Daß sie dort als Japanerin behandelt und gekleidet würde? Dann wollte sie also dort den ganzen europäischen Tiefstand vergessen und sich als Japanerin in einem allgemein geachteten Beruf fühlen. Wenn sie nun doch einmal zum Hetärentum verurteilt war! Wenn keine Hilfe vom Himmel noch von der Erde kam, sie davor zu retten. Und so vergingen die Tage. Man war schon Ende Februar. Für Indra kam keine Kunde. Aber nun mußte Boris bald zurückkommen. Madame hatte sich ausgerechnet, daß Indra ihr doch mehr einbrächte, wenn sie sie in den großen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="89"/> wissender, einsichtsvoller? Nein, sie brauchte vor niemand die Augen niederzuschlagen. Noch nicht, aber nachher in Yokohama, in <hi rendition="#aq">Number nine</hi>, wo sie sich der allgemeinen Ordnung wohl einfügen mußte und jedem Mann gehören, der zufällig ein Auge auf sie würfe? Ihr grauste nun doch. Aber — was bliebe ihr denn hier auf die Dauer anderes übrig? Das nämliche unter einer „Madame“, die sie haßte. Hatte Boris nicht gesagt, daß dort alles ganz anders, schöner, besser sei? Daß sie dort als Japanerin behandelt und gekleidet würde? Dann wollte sie also dort den ganzen europäischen Tiefstand vergessen und sich als Japanerin in einem allgemein geachteten Beruf fühlen. Wenn sie nun doch einmal zum Hetärentum verurteilt war! Wenn keine Hilfe vom Himmel noch von der Erde kam, sie davor zu retten.</p> <p>Und so vergingen die Tage. Man war schon Ende Februar. Für Indra kam keine Kunde. Aber nun mußte Boris bald zurückkommen. Madame hatte sich ausgerechnet, daß Indra ihr doch mehr einbrächte, wenn sie sie in den großen </p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0088]
wissender, einsichtsvoller? Nein, sie brauchte vor niemand die Augen niederzuschlagen. Noch nicht, aber nachher in Yokohama, in Number nine, wo sie sich der allgemeinen Ordnung wohl einfügen mußte und jedem Mann gehören, der zufällig ein Auge auf sie würfe? Ihr grauste nun doch. Aber — was bliebe ihr denn hier auf die Dauer anderes übrig? Das nämliche unter einer „Madame“, die sie haßte. Hatte Boris nicht gesagt, daß dort alles ganz anders, schöner, besser sei? Daß sie dort als Japanerin behandelt und gekleidet würde? Dann wollte sie also dort den ganzen europäischen Tiefstand vergessen und sich als Japanerin in einem allgemein geachteten Beruf fühlen. Wenn sie nun doch einmal zum Hetärentum verurteilt war! Wenn keine Hilfe vom Himmel noch von der Erde kam, sie davor zu retten.
Und so vergingen die Tage. Man war schon Ende Februar. Für Indra kam keine Kunde. Aber nun mußte Boris bald zurückkommen. Madame hatte sich ausgerechnet, daß Indra ihr doch mehr einbrächte, wenn sie sie in den großen
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