Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

"Indra," sprach dann Boris plötzlich, "morgen ist der letzte Tag, ich halte es nicht mehr aus. Wir gehen morgen zu dieser kleinen Meeresbucht, wo die vielen Palmen stehen. Das ist ein beliebter Badeort, dort wollen wir die Sonne untergehen sehen -- und Abschied nehmen." -- "Und ich soll ganz allein bei Madame Vais bleiben, deren Person, deren Gewerbe, deren Haus ich verabscheue?" -- "Wir haben heut' den zwanzigsten November, Anfang März hab' ich Geschäfte in Yokohama, ich weiß dort ein besseres Haus für Sie und werde Sie dorthin auf meine Rechnung und Gefahr mitnehmen, wenn Sie bis dahin Madame Vais scheinbar zu Gefallen leben, so daß, was Sie ihr in der Gegenwart versagen, sie von der Zukunft hoffen lassen, wollen Sie? Das ist für Sie der einzige Weg, sich vor ihr zu retten, denn sonst gibt sie Sie nimmer frei. Sie hat teuer genug für Sie bezahlt, von Ale... von Tunis bis Singapore, Reisegeld für Sie und Madame Toussaint." -- Indra starrte ins Leere. "Warum kommt noch immer keine Antwort von meiner Mutter", fragte sie plötzlich. "Wenn sie nichts

„Indra,“ sprach dann Boris plötzlich, „morgen ist der letzte Tag, ich halte es nicht mehr aus. Wir gehen morgen zu dieser kleinen Meeresbucht, wo die vielen Palmen stehen. Das ist ein beliebter Badeort, dort wollen wir die Sonne untergehen sehen — und Abschied nehmen.“ — „Und ich soll ganz allein bei Madame Vais bleiben, deren Person, deren Gewerbe, deren Haus ich verabscheue?“ — „Wir haben heut’ den zwanzigsten November, Anfang März hab’ ich Geschäfte in Yokohama, ich weiß dort ein besseres Haus für Sie und werde Sie dorthin auf meine Rechnung und Gefahr mitnehmen, wenn Sie bis dahin Madame Vais scheinbar zu Gefallen leben, so daß, was Sie ihr in der Gegenwart versagen, sie von der Zukunft hoffen lassen, wollen Sie? Das ist für Sie der einzige Weg, sich vor ihr zu retten, denn sonst gibt sie Sie nimmer frei. Sie hat teuer genug für Sie bezahlt, von Ale… von Tunis bis Singapore, Reisegeld für Sie und Madame Toussaint.“ — Indra starrte ins Leere. „Warum kommt noch immer keine Antwort von meiner Mutter“, fragte sie plötzlich. „Wenn sie nichts

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0070" n="71"/>
        <p>&#x201E;Indra,&#x201C; sprach dann Boris plötzlich, &#x201E;morgen ist der letzte Tag, ich halte es nicht mehr aus. Wir gehen morgen zu dieser kleinen Meeresbucht, wo die vielen Palmen stehen. Das ist ein beliebter Badeort, dort wollen wir die Sonne untergehen sehen &#x2014; und Abschied nehmen.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Und ich soll ganz allein bei Madame Vais bleiben, deren Person, deren Gewerbe, deren Haus ich verabscheue?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Wir haben heut&#x2019; den zwanzigsten November, Anfang März hab&#x2019; ich Geschäfte in Yokohama, ich weiß dort ein besseres Haus für Sie und werde Sie dorthin auf meine Rechnung und Gefahr mitnehmen, wenn Sie bis dahin Madame Vais scheinbar zu Gefallen leben, so daß, was Sie ihr in der Gegenwart versagen, sie von der Zukunft hoffen lassen, wollen Sie? Das ist für Sie der einzige Weg, sich vor ihr zu retten, denn sonst gibt sie Sie nimmer frei. Sie hat teuer genug für Sie bezahlt, von Ale&#x2026; von Tunis bis Singapore, Reisegeld für Sie und Madame Toussaint.&#x201C; &#x2014; Indra starrte ins Leere. &#x201E;Warum kommt noch immer keine Antwort von meiner Mutter&#x201C;, fragte sie plötzlich. &#x201E;Wenn sie nichts
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0070] „Indra,“ sprach dann Boris plötzlich, „morgen ist der letzte Tag, ich halte es nicht mehr aus. Wir gehen morgen zu dieser kleinen Meeresbucht, wo die vielen Palmen stehen. Das ist ein beliebter Badeort, dort wollen wir die Sonne untergehen sehen — und Abschied nehmen.“ — „Und ich soll ganz allein bei Madame Vais bleiben, deren Person, deren Gewerbe, deren Haus ich verabscheue?“ — „Wir haben heut’ den zwanzigsten November, Anfang März hab’ ich Geschäfte in Yokohama, ich weiß dort ein besseres Haus für Sie und werde Sie dorthin auf meine Rechnung und Gefahr mitnehmen, wenn Sie bis dahin Madame Vais scheinbar zu Gefallen leben, so daß, was Sie ihr in der Gegenwart versagen, sie von der Zukunft hoffen lassen, wollen Sie? Das ist für Sie der einzige Weg, sich vor ihr zu retten, denn sonst gibt sie Sie nimmer frei. Sie hat teuer genug für Sie bezahlt, von Ale… von Tunis bis Singapore, Reisegeld für Sie und Madame Toussaint.“ — Indra starrte ins Leere. „Warum kommt noch immer keine Antwort von meiner Mutter“, fragte sie plötzlich. „Wenn sie nichts

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/70
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/70>, abgerufen am 24.11.2024.