Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
Curieuse Reise-Beschreibung. VII. Cap.

Ein guter Politicus muß Meister von seiner
Zunge seyn. Denn die Seele eines weisen
Mannes ruhet an der Wurtzel seiner Zunge. Die
Seele aber eines Narren tantzt auf der Spitze
derselben herum.

Ein Mensch, der geschwind im Reden ist, ste-
het allzeit in Gefahr, daß er verliehret, und über-
zeuget wird. Man kan offt mehr sagen, als
andre hören wollen. Daher muß man eben so
sprechen, als wie bey Testamenten bräuchlich ist;
das ist; Je weniger Worte, desto weniger
Streit.

Verschwiegenheit ist die Seele von allen
grossen Unternehmungen, und man muß den
guten Erfolg eines Dinges in wichtigen Hand-
lungen suchen heimlich zu halten. Wenn ihr
also wichtige Sachen vorhabt, so sprecht nicht,
und antwortet nicht mehr, als was ihr gefragt
werdet; hört aber genau zu, und belauscht die-
jenigen, so gerne viel plaudern.

Wer sich halten kan, der ist Herr über sich
selbst.

Die Klugen halten sich allezeit verschlossen.
Und noch mehr, wenn sie die Leute nicht kennen,
mit denen sie reden.

Wenn man redet, muß man nicht zu deutlich
sprechen; denn Geheimnisse erwecken Ehrerbie-
tigkeit, und man passirt vor einen geschickten
Mann, wenn man nicht verstanden wird.

Ein Hertz ohne Geheimniß ist als ein offener
Brief, und ein geöffnet Schloß, ja als ein offen
Karten-Spiel, so nicht geachtet wird.

Daher
Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VII. Cap.

Ein guter Politicus muß Meiſter von ſeiner
Zunge ſeyn. Denn die Seele eines weiſen
Mannes ruhet an der Wurtzel ſeiner Zunge. Die
Seele aber eines Narren tantzt auf der Spitze
derſelben herum.

Ein Menſch, der geſchwind im Reden iſt, ſte-
het allzeit in Gefahr, daß er verliehret, und uͤber-
zeuget wird. Man kan offt mehr ſagen, als
andre hoͤren wollen. Daher muß man eben ſo
ſprechen, als wie bey Teſtamenten braͤuchlich iſt;
das iſt; Je weniger Worte, deſto weniger
Streit.

Verſchwiegenheit iſt die Seele von allen
groſſen Unternehmungen, und man muß den
guten Erfolg eines Dinges in wichtigen Hand-
lungen ſuchen heimlich zu halten. Wenn ihr
alſo wichtige Sachen vorhabt, ſo ſprecht nicht,
und antwortet nicht mehr, als was ihr gefragt
werdet; hoͤrt aber genau zu, und belauſcht die-
jenigen, ſo gerne viel plaudern.

Wer ſich halten kan, der iſt Herr uͤber ſich
ſelbſt.

Die Klugen halten ſich allezeit verſchloſſen.
Und noch mehr, wenn ſie die Leute nicht kennen,
mit denen ſie reden.

Wenn man redet, muß man nicht zu deutlich
ſprechen; denn Geheimniſſe erwecken Ehrerbie-
tigkeit, und man paſſirt vor einen geſchickten
Mann, wenn man nicht verſtanden wird.

Ein Hertz ohne Geheimniß iſt als ein offener
Brief, und ein geoͤffnet Schloß, ja als ein offen
Karten-Spiel, ſo nicht geachtet wird.

Daher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <div n="2">
                <pb facs="#f0221" n="187"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Curieu&#x017F;e</hi> Rei&#x017F;e-Be&#x017F;chreibung. <hi rendition="#aq">VII. Cap.</hi></hi> </fw><lb/>
                <p>Ein <hi rendition="#fr">guter</hi> <hi rendition="#aq">Politicus</hi> muß <hi rendition="#fr">Mei&#x017F;ter</hi> von &#x017F;einer<lb/><hi rendition="#fr">Zunge</hi> &#x017F;eyn. Denn die Seele eines <hi rendition="#fr">wei&#x017F;en</hi><lb/>
Mannes ruhet an der Wurtzel &#x017F;einer <hi rendition="#fr">Zunge.</hi> Die<lb/>
Seele aber eines <hi rendition="#fr">Narren</hi> tantzt auf der Spitze<lb/>
der&#x017F;elben herum.</p><lb/>
                <p>Ein Men&#x017F;ch, der ge&#x017F;chwind im Reden i&#x017F;t, &#x017F;te-<lb/>
het allzeit in Gefahr, daß er verliehret, und u&#x0364;ber-<lb/>
zeuget wird. Man kan offt <hi rendition="#fr">mehr</hi> &#x017F;agen, als<lb/>
andre ho&#x0364;ren wollen. Daher muß man eben &#x017F;o<lb/>
&#x017F;prechen, als wie bey Te&#x017F;tamenten bra&#x0364;uchlich i&#x017F;t;<lb/>
das i&#x017F;t; <hi rendition="#fr">Je weniger Worte, de&#x017F;to weniger<lb/>
Streit.</hi></p><lb/>
                <p><hi rendition="#fr">Ver&#x017F;chwiegenheit</hi> i&#x017F;t die Seele von allen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Unternehmungen, und man muß den<lb/>
guten Erfolg eines Dinges in wichtigen Hand-<lb/>
lungen &#x017F;uchen heimlich zu halten. Wenn ihr<lb/>
al&#x017F;o wichtige Sachen vorhabt, &#x017F;o &#x017F;precht nicht,<lb/>
und antwortet nicht mehr, als was ihr gefragt<lb/>
werdet; ho&#x0364;rt aber genau zu, und belau&#x017F;cht die-<lb/>
jenigen, &#x017F;o gerne viel plaudern.</p><lb/>
                <p>Wer &#x017F;ich halten kan, der i&#x017F;t Herr u&#x0364;ber &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Die Klugen halten &#x017F;ich allezeit ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Und noch mehr, wenn &#x017F;ie die Leute nicht kennen,<lb/>
mit denen &#x017F;ie reden.</p><lb/>
                <p>Wenn man redet, muß man nicht zu deutlich<lb/>
&#x017F;prechen; denn Geheimni&#x017F;&#x017F;e erwecken Ehrerbie-<lb/>
tigkeit, und man <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>t vor einen ge&#x017F;chickten<lb/>
Mann, wenn man nicht ver&#x017F;tanden wird.</p><lb/>
                <p>Ein Hertz ohne Geheimniß i&#x017F;t als ein offener<lb/>
Brief, und ein geo&#x0364;ffnet Schloß, ja als ein offen<lb/>
Karten-Spiel, &#x017F;o nicht geachtet wird.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Daher</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0221] Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VII. Cap. Ein guter Politicus muß Meiſter von ſeiner Zunge ſeyn. Denn die Seele eines weiſen Mannes ruhet an der Wurtzel ſeiner Zunge. Die Seele aber eines Narren tantzt auf der Spitze derſelben herum. Ein Menſch, der geſchwind im Reden iſt, ſte- het allzeit in Gefahr, daß er verliehret, und uͤber- zeuget wird. Man kan offt mehr ſagen, als andre hoͤren wollen. Daher muß man eben ſo ſprechen, als wie bey Teſtamenten braͤuchlich iſt; das iſt; Je weniger Worte, deſto weniger Streit. Verſchwiegenheit iſt die Seele von allen groſſen Unternehmungen, und man muß den guten Erfolg eines Dinges in wichtigen Hand- lungen ſuchen heimlich zu halten. Wenn ihr alſo wichtige Sachen vorhabt, ſo ſprecht nicht, und antwortet nicht mehr, als was ihr gefragt werdet; hoͤrt aber genau zu, und belauſcht die- jenigen, ſo gerne viel plaudern. Wer ſich halten kan, der iſt Herr uͤber ſich ſelbſt. Die Klugen halten ſich allezeit verſchloſſen. Und noch mehr, wenn ſie die Leute nicht kennen, mit denen ſie reden. Wenn man redet, muß man nicht zu deutlich ſprechen; denn Geheimniſſe erwecken Ehrerbie- tigkeit, und man paſſirt vor einen geſchickten Mann, wenn man nicht verſtanden wird. Ein Hertz ohne Geheimniß iſt als ein offener Brief, und ein geoͤffnet Schloß, ja als ein offen Karten-Spiel, ſo nicht geachtet wird. Daher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/221
Zitationshilfe: Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/221>, abgerufen am 19.05.2024.