Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.Curieuse Reise-Beschreibung. VI. Cap. GOtr hilff mir. Jch wünschte tausend mal,daß ich einen Berg antreffen möchte, davon ich in die See sehen könte, oder einen Fluß, der mich zur See leiten solte; Je mehr ich aber mich dar- nach bemühete, desto mehr verirrete ich mich im- mer weiter, und dachte weder an Essen noch an Trincken. Jch beschloß nunmehr, gerades We- ges, vor mich zu gehen, es möchte mich nun GOTT hinführen, wo er wolte. Als ich dis that, kam ich gegen Abend kurtz vor der Sonnen Untergang bey eine morastige See: Als ich Wasser sah, wolte ich davon trincken. Wie ich es aber kostete, befand ich daß solches etwas faul schmeckte. Jch grub ein wenig abwärts mit mei- nen Händen ein Loch, darinn frisch Wasser her- vor kam. Jch tranck davon, und erquickte mich überaus daran. Das Wasser in der See war trübe, braun Jch armer Junge, was soll ich machen? blosse H 2
Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VI. Cap. GOtr hilff mir. Jch wuͤnſchte tauſend mal,daß ich einen Berg antreffen moͤchte, davon ich in die See ſehen koͤnte, oder einen Fluß, der mich zur See leiten ſolte; Je mehr ich aber mich dar- nach bemuͤhete, deſto mehr verirrete ich mich im- mer weiter, und dachte weder an Eſſen noch an Trincken. Jch beſchloß nunmehr, gerades We- ges, vor mich zu gehen, es moͤchte mich nun GOTT hinfuͤhren, wo er wolte. Als ich dis that, kam ich gegen Abend kurtz vor der Sonnen Untergang bey eine moraſtige See: Als ich Waſſer ſah, wolte ich davon trincken. Wie ich es aber koſtete, befand ich daß ſolches etwas faul ſchmeckte. Jch grub ein wenig abwaͤrts mit mei- nen Haͤnden ein Loch, darinn friſch Waſſer her- vor kam. Jch tranck davon, und erquickte mich uͤberaus daran. Das Waſſer in der See war truͤbe, braun Jch armer Junge, was ſoll ich machen? bloſſe H 2
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VI. Cap.
GOtr hilff mir. Jch wuͤnſchte tauſend mal,
daß ich einen Berg antreffen moͤchte, davon ich
in die See ſehen koͤnte, oder einen Fluß, der mich
zur See leiten ſolte; Je mehr ich aber mich dar-
nach bemuͤhete, deſto mehr verirrete ich mich im-
mer weiter, und dachte weder an Eſſen noch an
Trincken. Jch beſchloß nunmehr, gerades We-
ges, vor mich zu gehen, es moͤchte mich nun
GOTT hinfuͤhren, wo er wolte. Als ich dis
that, kam ich gegen Abend kurtz vor der Sonnen
Untergang bey eine moraſtige See: Als ich
Waſſer ſah, wolte ich davon trincken. Wie ich
es aber koſtete, befand ich daß ſolches etwas faul
ſchmeckte. Jch grub ein wenig abwaͤrts mit mei-
nen Haͤnden ein Loch, darinn friſch Waſſer her-
vor kam. Jch tranck davon, und erquickte mich
uͤberaus daran.
Das Waſſer in der See war truͤbe, braun
und roͤthlich, als ſolche ſumpffigte Waſſer, da
verfaulte Blaͤtter in liegen, ſeyn. Hier fieng ich
ſchon wieder zu ſeufftzen und heulen an. Mein
elendes Weinen hatte kein Ende. Jch ſeufftzete
ſtets, und ſagte zu mir ſelbſt:
Jch armer Junge, was ſoll ich machen?
Wo ſoll ich hin? Ach GOtt hilff mir doch.
Jch aß meinen halben Zwieback auf, rauchte ei-
ne halbe Pfeiffe Toback, und tranck aus meiner
Grube; das erfriſchte mich uͤberaus. Jch be-
dachte nun, was ich in ſolcher aͤuſſerſten Noth
thun ſolte. Menſchen konten mir nicht helffen,
daher gieng ich aus Noth zu GOTT. Jch
machte meine Struͤmpffe loß, und fiel auf meine
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