Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

oder zwanzig junge Leute seines Hauses, beson-
ders diejenigen, welche er vorzüglich geliebt hat,
sich einfinden, und ihrem Leben da, wo der Ver-
storbene begraben oder verbrannt wird, frey-
willig ein Ende machen. -- Caron meint,
daß dieß unter den jungen Leuten etwas sehr ge-
wöhnliches sey, und daß sie sich bey ihrem Herrn
eidlich verbänden, im Fall er sterben sollte, ihm
in die andre Welt zu begleiten. -- Die jungen
Leute thun dieß bloß darum, um sich bey ihren
Herren einzuschmeicheln, und ihnen sagen zu
können, daß sie in allen Stücken und Gele-
genheiten bereit wären, ihr Leben für sie
aufzuopfern.
--

Die Japaner halten dafür, daß ihr Schick-
sal in der andern Welt von der Pracht abhan-
ge, die bey ihren Begräbnissen getrieben wird.
Und dieß ist denn Beweggrund genug für die
Hinterlaßenen, alle Kosten auf das Begräbniß
ihres Verstorbenen zu verwenden *). Unter den
Vornehmen wird der Leichnam, welcher unge-
mein prächtig gekleidet ist, in einer Staats-
sänfte getragen, die aus Cedernholz verfertigt
und sehr künstlich gearbeitet ist. Der Pater

Char-
*) Dieser Aberglaube hat seinen Grund in den
religiösen Ideen der Japaner. -- Es ist unglaub-
lich, wie sehr manche, besonders wenn in der
Familie häufige Todesfälle sich einflnden, ihren
Beutel erschöpfen, und bis an den Bettelstab ge-
bracht werden.

oder zwanzig junge Leute ſeines Hauſes, beſon-
ders diejenigen, welche er vorzuͤglich geliebt hat,
ſich einfinden, und ihrem Leben da, wo der Ver-
ſtorbene begraben oder verbrannt wird, frey-
willig ein Ende machen. — Caron meint,
daß dieß unter den jungen Leuten etwas ſehr ge-
woͤhnliches ſey, und daß ſie ſich bey ihrem Herrn
eidlich verbaͤnden, im Fall er ſterben ſollte, ihm
in die andre Welt zu begleiten. — Die jungen
Leute thun dieß bloß darum, um ſich bey ihren
Herren einzuſchmeicheln, und ihnen ſagen zu
koͤnnen, daß ſie in allen Stuͤcken und Gele-
genheiten bereit waͤren, ihr Leben fuͤr ſie
aufzuopfern.

Die Japaner halten dafuͤr, daß ihr Schick-
ſal in der andern Welt von der Pracht abhan-
ge, die bey ihren Begraͤbniſſen getrieben wird.
Und dieß iſt denn Beweggrund genug fuͤr die
Hinterlaßenen, alle Koſten auf das Begraͤbniß
ihres Verſtorbenen zu verwenden *). Unter den
Vornehmen wird der Leichnam, welcher unge-
mein praͤchtig gekleidet iſt, in einer Staats-
ſaͤnfte getragen, die aus Cedernholz verfertigt
und ſehr kuͤnſtlich gearbeitet iſt. Der Pater

Char-
*) Dieſer Aberglaube hat ſeinen Grund in den
religioͤſen Ideen der Japaner. — Es iſt unglaub-
lich, wie ſehr manche, beſonders wenn in der
Familie haͤufige Todesfaͤlle ſich einflnden, ihren
Beutel erſchoͤpfen, und bis an den Bettelſtab ge-
bracht werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="50"/>
oder zwanzig junge Leute &#x017F;eines Hau&#x017F;es, be&#x017F;on-<lb/>
ders diejenigen, welche er vorzu&#x0364;glich geliebt hat,<lb/>
&#x017F;ich einfinden, und ihrem Leben da, wo der Ver-<lb/>
&#x017F;torbene begraben oder verbrannt wird, frey-<lb/>
willig ein Ende machen. &#x2014; Caron meint,<lb/>
daß dieß unter den jungen Leuten etwas &#x017F;ehr ge-<lb/>
wo&#x0364;hnliches &#x017F;ey, und daß &#x017F;ie &#x017F;ich bey ihrem Herrn<lb/>
eidlich verba&#x0364;nden, im Fall er &#x017F;terben &#x017F;ollte, ihm<lb/>
in die andre Welt zu begleiten. &#x2014; Die jungen<lb/>
Leute thun dieß bloß darum, um &#x017F;ich bey ihren<lb/>
Herren einzu&#x017F;chmeicheln, und ihnen &#x017F;agen zu<lb/>
ko&#x0364;nnen, <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie in allen Stu&#x0364;cken und Gele-<lb/>
genheiten bereit wa&#x0364;ren, ihr Leben fu&#x0364;r &#x017F;ie<lb/>
aufzuopfern.</hi> &#x2014;</p><lb/>
          <p>Die Japaner halten dafu&#x0364;r, daß ihr Schick-<lb/>
&#x017F;al in der andern Welt von der Pracht abhan-<lb/>
ge, die bey ihren Begra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;en getrieben wird.<lb/>
Und dieß i&#x017F;t denn Beweggrund genug fu&#x0364;r die<lb/>
Hinterlaßenen, alle Ko&#x017F;ten auf das Begra&#x0364;bniß<lb/>
ihres Ver&#x017F;torbenen zu verwenden <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;er Aberglaube hat &#x017F;einen Grund in den<lb/>
religio&#x0364;&#x017F;en Ideen der Japaner. &#x2014; Es i&#x017F;t unglaub-<lb/>
lich, wie &#x017F;ehr manche, be&#x017F;onders wenn in der<lb/>
Familie ha&#x0364;ufige Todesfa&#x0364;lle &#x017F;ich einflnden, ihren<lb/>
Beutel er&#x017F;cho&#x0364;pfen, und bis an den Bettel&#x017F;tab ge-<lb/>
bracht werden.</note>. Unter den<lb/>
Vornehmen wird der Leichnam, welcher unge-<lb/>
mein pra&#x0364;chtig gekleidet i&#x017F;t, in einer Staats-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;nfte getragen, die aus Cedernholz verfertigt<lb/>
und &#x017F;ehr ku&#x0364;n&#x017F;tlich gearbeitet i&#x017F;t. Der Pater<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Char-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0076] oder zwanzig junge Leute ſeines Hauſes, beſon- ders diejenigen, welche er vorzuͤglich geliebt hat, ſich einfinden, und ihrem Leben da, wo der Ver- ſtorbene begraben oder verbrannt wird, frey- willig ein Ende machen. — Caron meint, daß dieß unter den jungen Leuten etwas ſehr ge- woͤhnliches ſey, und daß ſie ſich bey ihrem Herrn eidlich verbaͤnden, im Fall er ſterben ſollte, ihm in die andre Welt zu begleiten. — Die jungen Leute thun dieß bloß darum, um ſich bey ihren Herren einzuſchmeicheln, und ihnen ſagen zu koͤnnen, daß ſie in allen Stuͤcken und Gele- genheiten bereit waͤren, ihr Leben fuͤr ſie aufzuopfern. — Die Japaner halten dafuͤr, daß ihr Schick- ſal in der andern Welt von der Pracht abhan- ge, die bey ihren Begraͤbniſſen getrieben wird. Und dieß iſt denn Beweggrund genug fuͤr die Hinterlaßenen, alle Koſten auf das Begraͤbniß ihres Verſtorbenen zu verwenden *). Unter den Vornehmen wird der Leichnam, welcher unge- mein praͤchtig gekleidet iſt, in einer Staats- ſaͤnfte getragen, die aus Cedernholz verfertigt und ſehr kuͤnſtlich gearbeitet iſt. Der Pater Char- *) Dieſer Aberglaube hat ſeinen Grund in den religioͤſen Ideen der Japaner. — Es iſt unglaub- lich, wie ſehr manche, beſonders wenn in der Familie haͤufige Todesfaͤlle ſich einflnden, ihren Beutel erſchoͤpfen, und bis an den Bettelſtab ge- bracht werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/76
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/76>, abgerufen am 18.05.2024.