Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

wird, und das Recht hat mit ihrem Manne zu
speisen. Die andern aber, sind eigentlich wei-
ter nichts als Beyschläferinnen, die zugleich
gehalten sind, der rechtmäßigen Frau aufzu-
warten *). Ueber diese Eoncubinen hat der
Mann eine fast unumschränkte Herrschaft. Er
darf sie nach Belieben, wenn sie ihm nicht län-
ger anstehen, fortjagen, ohne die geringste Re-
chenschaft von seinem Verfahren ablegen zu
dürfen. Geben sie ihm auch nur die geringste
Ursache zur Eifersucht; so kann er sie hinrichten
laßen. Ohne alle Widerrede aber müssen sie
eines harten Todes sterben, wenn sie wirklich in
Untreue ergriffen werden.

Das Brautpaar holt man gewöhnlich des
Morgens ganz früh ab, und ein jedes von ihnen,
wird auf einen besondern Wagen gesetzt, wel-
cher von Pferden oder Ochsen gezogen wird.
Man führt sie aus der Stadt unter dem Klange
verschiedener Instrumente auf einen Hügel, auf
den die Cerimonie vor sich gehen soll. Der
Kutsche des Bräutigams folgen verschiedene
Wagen mit den Kleidern, dem Hausgeräth und
andern Sachen, die für die Braut bestimmt
sind. Sobald die Braut am Fuß des Hügels
angekommen ist; so steigt sie aus ihrem Wagen
heraus; dieß thut auch der Bräutigam: aber

beyde
*) Die Kinder, die mit den Beyschläferinnen ge-
zeugt werden, haben an der väterlichen Erb-
schaft einen kleinen Antheil.

wird, und das Recht hat mit ihrem Manne zu
ſpeiſen. Die andern aber, ſind eigentlich wei-
ter nichts als Beyſchlaͤferinnen, die zugleich
gehalten ſind, der rechtmaͤßigen Frau aufzu-
warten *). Ueber dieſe Eoncubinen hat der
Mann eine faſt unumſchraͤnkte Herrſchaft. Er
darf ſie nach Belieben, wenn ſie ihm nicht laͤn-
ger anſtehen, fortjagen, ohne die geringſte Re-
chenſchaft von ſeinem Verfahren ablegen zu
duͤrfen. Geben ſie ihm auch nur die geringſte
Urſache zur Eiferſucht; ſo kann er ſie hinrichten
laßen. Ohne alle Widerrede aber muͤſſen ſie
eines harten Todes ſterben, wenn ſie wirklich in
Untreue ergriffen werden.

Das Brautpaar holt man gewoͤhnlich des
Morgens ganz fruͤh ab, und ein jedes von ihnen,
wird auf einen beſondern Wagen geſetzt, wel-
cher von Pferden oder Ochſen gezogen wird.
Man fuͤhrt ſie aus der Stadt unter dem Klange
verſchiedener Inſtrumente auf einen Huͤgel, auf
den die Cerimonie vor ſich gehen ſoll. Der
Kutſche des Braͤutigams folgen verſchiedene
Wagen mit den Kleidern, dem Hausgeraͤth und
andern Sachen, die fuͤr die Braut beſtimmt
ſind. Sobald die Braut am Fuß des Huͤgels
angekommen iſt; ſo ſteigt ſie aus ihrem Wagen
heraus; dieß thut auch der Braͤutigam: aber

beyde
*) Die Kinder, die mit den Beyſchlaͤferinnen ge-
zeugt werden, haben an der vaͤterlichen Erb-
ſchaft einen kleinen Antheil.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0071" n="45"/>
wird, und das Recht hat mit ihrem Manne zu<lb/>
&#x017F;pei&#x017F;en. Die andern aber, &#x017F;ind eigentlich wei-<lb/>
ter nichts als <hi rendition="#fr">Bey&#x017F;chla&#x0364;ferinnen,</hi> die zugleich<lb/>
gehalten &#x017F;ind, der <hi rendition="#fr">rechtma&#x0364;ßigen Frau</hi> aufzu-<lb/>
warten <note place="foot" n="*)">Die Kinder, die mit den Bey&#x017F;chla&#x0364;ferinnen ge-<lb/>
zeugt werden, haben an der va&#x0364;terlichen Erb-<lb/>
&#x017F;chaft einen kleinen Antheil.</note>. Ueber die&#x017F;e Eoncubinen hat der<lb/>
Mann eine fa&#x017F;t unum&#x017F;chra&#x0364;nkte Herr&#x017F;chaft. Er<lb/>
darf &#x017F;ie nach Belieben, wenn &#x017F;ie ihm nicht la&#x0364;n-<lb/>
ger an&#x017F;tehen, fortjagen, ohne die gering&#x017F;te Re-<lb/>
chen&#x017F;chaft von &#x017F;einem Verfahren ablegen zu<lb/>
du&#x0364;rfen. Geben &#x017F;ie ihm auch nur die gering&#x017F;te<lb/>
Ur&#x017F;ache zur Eifer&#x017F;ucht; &#x017F;o kann er &#x017F;ie hinrichten<lb/>
laßen. Ohne alle Widerrede aber mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
eines harten Todes &#x017F;terben, wenn &#x017F;ie wirklich in<lb/>
Untreue ergriffen werden.</p><lb/>
          <p>Das Brautpaar holt man gewo&#x0364;hnlich des<lb/>
Morgens ganz fru&#x0364;h ab, und ein jedes von ihnen,<lb/>
wird auf einen be&#x017F;ondern Wagen ge&#x017F;etzt, wel-<lb/>
cher von Pferden oder Och&#x017F;en gezogen wird.<lb/>
Man fu&#x0364;hrt &#x017F;ie aus der Stadt unter dem Klange<lb/>
ver&#x017F;chiedener In&#x017F;trumente auf einen Hu&#x0364;gel, auf<lb/>
den die Cerimonie vor &#x017F;ich gehen &#x017F;oll. Der<lb/>
Kut&#x017F;che des Bra&#x0364;utigams folgen ver&#x017F;chiedene<lb/>
Wagen mit den Kleidern, dem Hausgera&#x0364;th und<lb/>
andern Sachen, die fu&#x0364;r die Braut be&#x017F;timmt<lb/>
&#x017F;ind. Sobald die Braut am Fuß des Hu&#x0364;gels<lb/>
angekommen i&#x017F;t; &#x017F;o &#x017F;teigt &#x017F;ie aus ihrem Wagen<lb/>
heraus; dieß thut auch der Bra&#x0364;utigam: aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">beyde</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0071] wird, und das Recht hat mit ihrem Manne zu ſpeiſen. Die andern aber, ſind eigentlich wei- ter nichts als Beyſchlaͤferinnen, die zugleich gehalten ſind, der rechtmaͤßigen Frau aufzu- warten *). Ueber dieſe Eoncubinen hat der Mann eine faſt unumſchraͤnkte Herrſchaft. Er darf ſie nach Belieben, wenn ſie ihm nicht laͤn- ger anſtehen, fortjagen, ohne die geringſte Re- chenſchaft von ſeinem Verfahren ablegen zu duͤrfen. Geben ſie ihm auch nur die geringſte Urſache zur Eiferſucht; ſo kann er ſie hinrichten laßen. Ohne alle Widerrede aber muͤſſen ſie eines harten Todes ſterben, wenn ſie wirklich in Untreue ergriffen werden. Das Brautpaar holt man gewoͤhnlich des Morgens ganz fruͤh ab, und ein jedes von ihnen, wird auf einen beſondern Wagen geſetzt, wel- cher von Pferden oder Ochſen gezogen wird. Man fuͤhrt ſie aus der Stadt unter dem Klange verſchiedener Inſtrumente auf einen Huͤgel, auf den die Cerimonie vor ſich gehen ſoll. Der Kutſche des Braͤutigams folgen verſchiedene Wagen mit den Kleidern, dem Hausgeraͤth und andern Sachen, die fuͤr die Braut beſtimmt ſind. Sobald die Braut am Fuß des Huͤgels angekommen iſt; ſo ſteigt ſie aus ihrem Wagen heraus; dieß thut auch der Braͤutigam: aber beyde *) Die Kinder, die mit den Beyſchlaͤferinnen ge- zeugt werden, haben an der vaͤterlichen Erb- ſchaft einen kleinen Antheil.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/71
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/71>, abgerufen am 23.11.2024.