seyn werden. Auch nehmen sie ein Fegefeuer an. Teufel, Hexen und Erscheinungen sind Dinge, woran sie eben so eifrig glauben, als die Europäer. Der Teufel sonderlich, und die Hexen richten, nach ihrer Meynung, viel Un- heil in der Welt an; sie bringen oftmals Men- schen um das Leben. An Teufelsbesitzungen glauben sie fest. Um nun den Teufel aus den Menschen zu treiben, führen sie den Besessenen in den Tempel, und bringen erst dem Gotte, dem der Tempel geweiht ist, Opfer dar. Dar- auf prügeln sie den Besessenen mit einem Knit- tel, um den Teufel schüchtern zu machen, der, weil er eines solchen Tractaments nicht gewohnt ist, im Zorn ausfährt, und sich über die Unge- rechtigkeit, die ihm durch die Austreibung wie- derfahren, laut beschwert.
Von der Seele hegen sie verschiedene Mey- nungen. Einige sind der Meynung, daß Gott selbst die Seele sey; andere aber halten sie für einen Theil von Gott. Endlich giebt es noch andere, welche glauben, daß Gott in der Schö- pfung alle die Seelen erschaffen habe, die für das menschliche Geschlecht bestimmt gewesen. Dem sey aber wie ihm wolle, so glauben doch fast alle, daß die Seelen ewig und unsterblich sind.
Die meisten Indianer glauben, daß ein je- der Mensch zwo Seelen, eine gute und eine bö-
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ſeyn werden. Auch nehmen ſie ein Fegefeuer an. Teufel, Hexen und Erſcheinungen ſind Dinge, woran ſie eben ſo eifrig glauben, als die Europaͤer. Der Teufel ſonderlich, und die Hexen richten, nach ihrer Meynung, viel Un- heil in der Welt an; ſie bringen oftmals Men- ſchen um das Leben. An Teufelsbeſitzungen glauben ſie feſt. Um nun den Teufel aus den Menſchen zu treiben, fuͤhren ſie den Beſeſſenen in den Tempel, und bringen erſt dem Gotte, dem der Tempel geweiht iſt, Opfer dar. Dar- auf pruͤgeln ſie den Beſeſſenen mit einem Knit- tel, um den Teufel ſchuͤchtern zu machen, der, weil er eines ſolchen Tractaments nicht gewohnt iſt, im Zorn ausfaͤhrt, und ſich uͤber die Unge- rechtigkeit, die ihm durch die Austreibung wie- derfahren, laut beſchwert.
Von der Seele hegen ſie verſchiedene Mey- nungen. Einige ſind der Meynung, daß Gott ſelbſt die Seele ſey; andere aber halten ſie fuͤr einen Theil von Gott. Endlich giebt es noch andere, welche glauben, daß Gott in der Schoͤ- pfung alle die Seelen erſchaffen habe, die fuͤr das menſchliche Geſchlecht beſtimmt geweſen. Dem ſey aber wie ihm wolle, ſo glauben doch faſt alle, daß die Seelen ewig und unſterblich ſind.
Die meiſten Indianer glauben, daß ein je- der Menſch zwo Seelen, eine gute und eine boͤ-
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ſeyn werden. Auch nehmen ſie ein Fegefeuer
an. Teufel, Hexen und Erſcheinungen ſind
Dinge, woran ſie eben ſo eifrig glauben, als
die Europaͤer. Der Teufel ſonderlich, und die
Hexen richten, nach ihrer Meynung, viel Un-
heil in der Welt an; ſie bringen oftmals Men-
ſchen um das Leben. An Teufelsbeſitzungen
glauben ſie feſt. Um nun den Teufel aus den
Menſchen zu treiben, fuͤhren ſie den Beſeſſenen
in den Tempel, und bringen erſt dem Gotte,
dem der Tempel geweiht iſt, Opfer dar. Dar-
auf pruͤgeln ſie den Beſeſſenen mit einem Knit-
tel, um den Teufel ſchuͤchtern zu machen, der,
weil er eines ſolchen Tractaments nicht gewohnt
iſt, im Zorn ausfaͤhrt, und ſich uͤber die Unge-
rechtigkeit, die ihm durch die Austreibung wie-
derfahren, laut beſchwert.
Von der Seele hegen ſie verſchiedene Mey-
nungen. Einige ſind der Meynung, daß Gott
ſelbſt die Seele ſey; andere aber halten ſie fuͤr
einen Theil von Gott. Endlich giebt es noch
andere, welche glauben, daß Gott in der Schoͤ-
pfung alle die Seelen erſchaffen habe, die fuͤr
das menſchliche Geſchlecht beſtimmt geweſen.
Dem ſey aber wie ihm wolle, ſo glauben doch
faſt alle, daß die Seelen ewig und unſterblich
ſind.
Die meiſten Indianer glauben, daß ein je-
der Menſch zwo Seelen, eine gute und eine boͤ-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/505>, abgerufen am 24.08.2024.
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