Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Indessen werden sie oftmals mit Entzün-
dungen oder mit einer Pest geplagt, welche ent-
setzliche Niederlagen verursachen, wenn sie in
große Städte kommen. Wer von diesen Krank-
heiten befallen wird muß höchstens in zwanzig
Stunden seinen Geist aufgeben. Der Körper
ist über und über in Feuer gesetzt, so daß man
nach dem Absterben des Kranken kaum die Hand
auf den Körper legen kann. Diejenigen, welche
ihr Leben von dieser Krankheit retten, bekom-
men große und mit einer dicken, gelben, wässrig-
ten Materie angefüllte Blasen an ihren Leibern,
welche von der Materie durchfressen werden und
aufgehen. Die Engländer, welche nach Indien
kommen, werden fast alle mit einer heftigen
Krankheit befallen, und bekommen eine dauer-
hafte Gesundheit, wenn sie glücklich von der-
selben geheilt werden.

Die Hindistaner bedienen sich bey diesen ge-
fährlichen Krankheiten der Aerzte sehr wenig,
ob sie gleich an solchen Leuten keinen Mangel
haben. Sie haben kein Vertrauen zu ihnen,
und das einzige, was sie noch zugeben, ist, daß
sie sich von ihnen die Adern öfnen laßen. Die
möglichste Enthaltung der Speisen halten sie
für das einzige Mittel, die zum Theil verlohrne
Gesundheit wieder zu erhalten.

Unter andern Krankheiten trift man auch
bey ihnen die von den Portugiesen sogenannte
Krankheit Mordechin an, welche in einem
Erbrechen und Durchlauf besteht, und größe-

stentheils
C c 4

Indeſſen werden ſie oftmals mit Entzuͤn-
dungen oder mit einer Peſt geplagt, welche ent-
ſetzliche Niederlagen verurſachen, wenn ſie in
große Staͤdte kommen. Wer von dieſen Krank-
heiten befallen wird muß hoͤchſtens in zwanzig
Stunden ſeinen Geiſt aufgeben. Der Koͤrper
iſt uͤber und uͤber in Feuer geſetzt, ſo daß man
nach dem Abſterben des Kranken kaum die Hand
auf den Koͤrper legen kann. Diejenigen, welche
ihr Leben von dieſer Krankheit retten, bekom-
men große und mit einer dicken, gelben, waͤſſrig-
ten Materie angefuͤllte Blaſen an ihren Leibern,
welche von der Materie durchfreſſen werden und
aufgehen. Die Englaͤnder, welche nach Indien
kommen, werden faſt alle mit einer heftigen
Krankheit befallen, und bekommen eine dauer-
hafte Geſundheit, wenn ſie gluͤcklich von der-
ſelben geheilt werden.

Die Hindiſtaner bedienen ſich bey dieſen ge-
faͤhrlichen Krankheiten der Aerzte ſehr wenig,
ob ſie gleich an ſolchen Leuten keinen Mangel
haben. Sie haben kein Vertrauen zu ihnen,
und das einzige, was ſie noch zugeben, iſt, daß
ſie ſich von ihnen die Adern oͤfnen laßen. Die
moͤglichſte Enthaltung der Speiſen halten ſie
fuͤr das einzige Mittel, die zum Theil verlohrne
Geſundheit wieder zu erhalten.

Unter andern Krankheiten trift man auch
bey ihnen die von den Portugieſen ſogenannte
Krankheit Mordechin an, welche in einem
Erbrechen und Durchlauf beſteht, und groͤße-

ſtentheils
C c 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0433" n="407"/>
          <p>Inde&#x017F;&#x017F;en werden &#x017F;ie oftmals mit Entzu&#x0364;n-<lb/>
dungen oder mit einer Pe&#x017F;t geplagt, welche ent-<lb/>
&#x017F;etzliche Niederlagen verur&#x017F;achen, wenn &#x017F;ie in<lb/>
große Sta&#x0364;dte kommen. Wer von die&#x017F;en Krank-<lb/>
heiten befallen wird muß ho&#x0364;ch&#x017F;tens in zwanzig<lb/>
Stunden &#x017F;einen Gei&#x017F;t aufgeben. Der Ko&#x0364;rper<lb/>
i&#x017F;t u&#x0364;ber und u&#x0364;ber in Feuer ge&#x017F;etzt, &#x017F;o daß man<lb/>
nach dem Ab&#x017F;terben des Kranken kaum die Hand<lb/>
auf den Ko&#x0364;rper legen kann. Diejenigen, welche<lb/>
ihr Leben von die&#x017F;er Krankheit retten, bekom-<lb/>
men große und mit einer dicken, gelben, wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;rig-<lb/>
ten Materie angefu&#x0364;llte Bla&#x017F;en an ihren Leibern,<lb/>
welche von der Materie durchfre&#x017F;&#x017F;en werden und<lb/>
aufgehen. Die Engla&#x0364;nder, welche nach Indien<lb/>
kommen, werden fa&#x017F;t alle mit einer heftigen<lb/>
Krankheit befallen, und bekommen eine dauer-<lb/>
hafte Ge&#x017F;undheit, wenn &#x017F;ie glu&#x0364;cklich von der-<lb/>
&#x017F;elben geheilt werden.</p><lb/>
          <p>Die Hindi&#x017F;taner bedienen &#x017F;ich bey die&#x017F;en ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlichen Krankheiten der Aerzte &#x017F;ehr wenig,<lb/>
ob &#x017F;ie gleich an &#x017F;olchen Leuten keinen Mangel<lb/>
haben. Sie haben kein Vertrauen zu ihnen,<lb/>
und das einzige, was &#x017F;ie noch zugeben, i&#x017F;t, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich von ihnen die Adern o&#x0364;fnen laßen. Die<lb/>
mo&#x0364;glich&#x017F;te Enthaltung der Spei&#x017F;en halten &#x017F;ie<lb/>
fu&#x0364;r das einzige Mittel, die zum Theil verlohrne<lb/>
Ge&#x017F;undheit wieder zu erhalten.</p><lb/>
          <p>Unter andern Krankheiten trift man auch<lb/>
bey ihnen die von den Portugie&#x017F;en &#x017F;ogenannte<lb/>
Krankheit <hi rendition="#fr">Mordechin an,</hi> welche in einem<lb/>
Erbrechen und Durchlauf be&#x017F;teht, und gro&#x0364;ße-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tentheils</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[407/0433] Indeſſen werden ſie oftmals mit Entzuͤn- dungen oder mit einer Peſt geplagt, welche ent- ſetzliche Niederlagen verurſachen, wenn ſie in große Staͤdte kommen. Wer von dieſen Krank- heiten befallen wird muß hoͤchſtens in zwanzig Stunden ſeinen Geiſt aufgeben. Der Koͤrper iſt uͤber und uͤber in Feuer geſetzt, ſo daß man nach dem Abſterben des Kranken kaum die Hand auf den Koͤrper legen kann. Diejenigen, welche ihr Leben von dieſer Krankheit retten, bekom- men große und mit einer dicken, gelben, waͤſſrig- ten Materie angefuͤllte Blaſen an ihren Leibern, welche von der Materie durchfreſſen werden und aufgehen. Die Englaͤnder, welche nach Indien kommen, werden faſt alle mit einer heftigen Krankheit befallen, und bekommen eine dauer- hafte Geſundheit, wenn ſie gluͤcklich von der- ſelben geheilt werden. Die Hindiſtaner bedienen ſich bey dieſen ge- faͤhrlichen Krankheiten der Aerzte ſehr wenig, ob ſie gleich an ſolchen Leuten keinen Mangel haben. Sie haben kein Vertrauen zu ihnen, und das einzige, was ſie noch zugeben, iſt, daß ſie ſich von ihnen die Adern oͤfnen laßen. Die moͤglichſte Enthaltung der Speiſen halten ſie fuͤr das einzige Mittel, die zum Theil verlohrne Geſundheit wieder zu erhalten. Unter andern Krankheiten trift man auch bey ihnen die von den Portugieſen ſogenannte Krankheit Mordechin an, welche in einem Erbrechen und Durchlauf beſteht, und groͤße- ſtentheils C c 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/433
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/433>, abgerufen am 25.11.2024.