Sie können ein Stück zerrissenes Nesseltuch so geschickt zusammennähen, daß man die Nath gar nicht finden kann. Eben diese Geschicklich- keit äußern sie, wenn sie z. E. zerbrochenes Por- cellain wieder zusammensetzen. --
Im Dratharbeiten sind ihre Goldschmiede sehr geschickt, und man will für gewiß be- haupten, daß sie es hierinn den Europäern völ- lig gleich thäten.
Die Weber sitzen in ihren Höfen und weben die schöne Leinewand, welche so sehr in allen Welttheilen gesucht und mit vielem Gelde bezahlt wird. -- Ein Maurer kann den Boden des größesten Zimmers dergestalt mit einem aus Zie- gelstaub und Kalk bestehenden Mörtel belegen, daß alles wie ein einziger Stein aussieht, und viel härter als Sandstein ist.
Die hindistanischen Chymisten pulverisiren alle Arten von Metall mit weniger Mühe, und bedienen sich des ersten Gefäßes, das sie vorfin- den, dazu, daß sie Quecksilber aus Zinnober ziehen, und zu andern mercurialischen Zuberei- tungen, wobey sie, wie Papin berichtet, auf die einfachste Art verfahren.
Terry berichtet, daß sie fürtrefliche Mahler wären, und ein Gemählde so genau abcopirten, daß es sehr schwer sey, die Copie vom Gemähl- de zu unterscheiden. Er versichert aber auch zu- gleich, daß es der Mahlerkunst in dem Lande des Großmogols an hinlänglicher Aufmunte- rung fehle. -- Sie verstehen auch die Kunst,
auf
Sie koͤnnen ein Stuͤck zerriſſenes Neſſeltuch ſo geſchickt zuſammennaͤhen, daß man die Nath gar nicht finden kann. Eben dieſe Geſchicklich- keit aͤußern ſie, wenn ſie z. E. zerbrochenes Por- cellain wieder zuſammenſetzen. —
Im Dratharbeiten ſind ihre Goldſchmiede ſehr geſchickt, und man will fuͤr gewiß be- haupten, daß ſie es hierinn den Europaͤern voͤl- lig gleich thaͤten.
Die Weber ſitzen in ihren Hoͤfen und weben die ſchoͤne Leinewand, welche ſo ſehr in allen Welttheilen geſucht und mit vielem Gelde bezahlt wird. — Ein Maurer kann den Boden des groͤßeſten Zimmers dergeſtalt mit einem aus Zie- gelſtaub und Kalk beſtehenden Moͤrtel belegen, daß alles wie ein einziger Stein ausſieht, und viel haͤrter als Sandſtein iſt.
Die hindiſtaniſchen Chymiſten pulveriſiren alle Arten von Metall mit weniger Muͤhe, und bedienen ſich des erſten Gefaͤßes, das ſie vorfin- den, dazu, daß ſie Queckſilber aus Zinnober ziehen, und zu andern mercurialiſchen Zuberei- tungen, wobey ſie, wie Papin berichtet, auf die einfachſte Art verfahren.
Terry berichtet, daß ſie fuͤrtrefliche Mahler waͤren, und ein Gemaͤhlde ſo genau abcopirten, daß es ſehr ſchwer ſey, die Copie vom Gemaͤhl- de zu unterſcheiden. Er verſichert aber auch zu- gleich, daß es der Mahlerkunſt in dem Lande des Großmogols an hinlaͤnglicher Aufmunte- rung fehle. — Sie verſtehen auch die Kunſt,
auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0421"n="395"/>
Sie koͤnnen ein Stuͤck zerriſſenes Neſſeltuch ſo<lb/>
geſchickt zuſammennaͤhen, daß man die Nath<lb/>
gar nicht finden kann. Eben dieſe Geſchicklich-<lb/>
keit aͤußern ſie, wenn ſie z. E. zerbrochenes Por-<lb/>
cellain wieder zuſammenſetzen. —</p><lb/><p>Im Dratharbeiten ſind ihre Goldſchmiede<lb/>ſehr geſchickt, und man will fuͤr gewiß be-<lb/>
haupten, daß ſie es hierinn den Europaͤern voͤl-<lb/>
lig gleich thaͤten.</p><lb/><p>Die Weber ſitzen in ihren Hoͤfen und weben<lb/>
die ſchoͤne Leinewand, welche ſo ſehr in allen<lb/>
Welttheilen geſucht und mit vielem Gelde bezahlt<lb/>
wird. — Ein Maurer kann den Boden des<lb/>
groͤßeſten Zimmers dergeſtalt mit einem aus Zie-<lb/>
gelſtaub und Kalk beſtehenden Moͤrtel belegen,<lb/>
daß alles wie ein einziger Stein ausſieht, und<lb/>
viel haͤrter als Sandſtein iſt.</p><lb/><p>Die hindiſtaniſchen Chymiſten pulveriſiren<lb/>
alle Arten von Metall mit weniger Muͤhe, und<lb/>
bedienen ſich des erſten Gefaͤßes, das ſie vorfin-<lb/>
den, dazu, daß ſie Queckſilber aus Zinnober<lb/>
ziehen, und zu andern mercurialiſchen Zuberei-<lb/>
tungen, wobey ſie, wie Papin berichtet, auf<lb/>
die einfachſte Art verfahren.</p><lb/><p>Terry berichtet, daß ſie fuͤrtrefliche Mahler<lb/>
waͤren, und ein Gemaͤhlde ſo genau abcopirten,<lb/>
daß es ſehr ſchwer ſey, die Copie vom Gemaͤhl-<lb/>
de zu unterſcheiden. Er verſichert aber auch zu-<lb/>
gleich, daß es der Mahlerkunſt in dem Lande<lb/>
des Großmogols an hinlaͤnglicher Aufmunte-<lb/>
rung fehle. — Sie verſtehen auch die Kunſt,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[395/0421]
Sie koͤnnen ein Stuͤck zerriſſenes Neſſeltuch ſo
geſchickt zuſammennaͤhen, daß man die Nath
gar nicht finden kann. Eben dieſe Geſchicklich-
keit aͤußern ſie, wenn ſie z. E. zerbrochenes Por-
cellain wieder zuſammenſetzen. —
Im Dratharbeiten ſind ihre Goldſchmiede
ſehr geſchickt, und man will fuͤr gewiß be-
haupten, daß ſie es hierinn den Europaͤern voͤl-
lig gleich thaͤten.
Die Weber ſitzen in ihren Hoͤfen und weben
die ſchoͤne Leinewand, welche ſo ſehr in allen
Welttheilen geſucht und mit vielem Gelde bezahlt
wird. — Ein Maurer kann den Boden des
groͤßeſten Zimmers dergeſtalt mit einem aus Zie-
gelſtaub und Kalk beſtehenden Moͤrtel belegen,
daß alles wie ein einziger Stein ausſieht, und
viel haͤrter als Sandſtein iſt.
Die hindiſtaniſchen Chymiſten pulveriſiren
alle Arten von Metall mit weniger Muͤhe, und
bedienen ſich des erſten Gefaͤßes, das ſie vorfin-
den, dazu, daß ſie Queckſilber aus Zinnober
ziehen, und zu andern mercurialiſchen Zuberei-
tungen, wobey ſie, wie Papin berichtet, auf
die einfachſte Art verfahren.
Terry berichtet, daß ſie fuͤrtrefliche Mahler
waͤren, und ein Gemaͤhlde ſo genau abcopirten,
daß es ſehr ſchwer ſey, die Copie vom Gemaͤhl-
de zu unterſcheiden. Er verſichert aber auch zu-
gleich, daß es der Mahlerkunſt in dem Lande
des Großmogols an hinlaͤnglicher Aufmunte-
rung fehle. — Sie verſtehen auch die Kunſt,
auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/421>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.