Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn sie sich betrügen, mit Stockschlägen be-
straft.

Diejenigen, welche sich in Siam auf die
Sterndeuterey legen, stammen meistentheils
aus Pegu, oder aus dem Lande der Bramas,
her. Ohne deren Rath pflegt man nichts zu
unternehmen. Der Vornehmste von ihnen
macht jährlich einen Kalender, in welchem er
fleißig die glücklichen und unglücklichen Tage
anmerkt, wornach sich das Volk auch aufs
pünktlichste richtet. Der glücklichste Tag unter
allen ist bey ihnen der Sonntag -- der abneh-
mende Mond ist ungünstiger als der zunehmen-
de. -- Das Geheul wilder Thiere, das Ge-
schrey der Affen und Hirsche, die Begegnung
einer Schlange mitten im Wege, der Fall eines
Dinges, das von sich selber, ohne einige an-
scheinende Ursache, fällt -- sind den Siamern
unglückliche Vorbedeutungen. Das sind nun
alles Umstände, die die armen Leute ganz in
Schrecken setzen, und vermögend sind, daß sie
die wichtigsten Sachen entweder ganz aufgeben,
oder von einem Tage zum andern verschieben. --
Wir werden an einem andern Orte Gelegenheit
haben, vom Aberglauben der Siamer weiter
zu reden.

Im Handel und Wandel zeigen die Siamer
viele Offenherzigkeit und Redlichkeit; außer den-
selben aber sind sie geizig, wucherisch, und sogar
diebisch. La Loubere führt viele Beyspiele an,
woraus man (wenn er auch die Sache zuweilen

zu

wenn ſie ſich betruͤgen, mit Stockſchlaͤgen be-
ſtraft.

Diejenigen, welche ſich in Siam auf die
Sterndeuterey legen, ſtammen meiſtentheils
aus Pegu, oder aus dem Lande der Bramas,
her. Ohne deren Rath pflegt man nichts zu
unternehmen. Der Vornehmſte von ihnen
macht jaͤhrlich einen Kalender, in welchem er
fleißig die gluͤcklichen und ungluͤcklichen Tage
anmerkt, wornach ſich das Volk auch aufs
puͤnktlichſte richtet. Der gluͤcklichſte Tag unter
allen iſt bey ihnen der Sonntag — der abneh-
mende Mond iſt unguͤnſtiger als der zunehmen-
de. — Das Geheul wilder Thiere, das Ge-
ſchrey der Affen und Hirſche, die Begegnung
einer Schlange mitten im Wege, der Fall eines
Dinges, das von ſich ſelber, ohne einige an-
ſcheinende Urſache, faͤllt — ſind den Siamern
ungluͤckliche Vorbedeutungen. Das ſind nun
alles Umſtaͤnde, die die armen Leute ganz in
Schrecken ſetzen, und vermoͤgend ſind, daß ſie
die wichtigſten Sachen entweder ganz aufgeben,
oder von einem Tage zum andern verſchieben. —
Wir werden an einem andern Orte Gelegenheit
haben, vom Aberglauben der Siamer weiter
zu reden.

Im Handel und Wandel zeigen die Siamer
viele Offenherzigkeit und Redlichkeit; außer den-
ſelben aber ſind ſie geizig, wucheriſch, und ſogar
diebiſch. La Loubere fuͤhrt viele Beyſpiele an,
woraus man (wenn er auch die Sache zuweilen

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0310" n="284"/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;ich betru&#x0364;gen, mit Stock&#x017F;chla&#x0364;gen be-<lb/>
&#x017F;traft.</p><lb/>
          <p>Diejenigen, welche &#x017F;ich in Siam auf die<lb/>
Sterndeuterey legen, &#x017F;tammen mei&#x017F;tentheils<lb/>
aus Pegu, oder aus dem Lande der Bramas,<lb/>
her. Ohne deren Rath pflegt man nichts zu<lb/>
unternehmen. Der Vornehm&#x017F;te von ihnen<lb/>
macht ja&#x0364;hrlich einen Kalender, in welchem er<lb/>
fleißig die glu&#x0364;cklichen und unglu&#x0364;cklichen Tage<lb/>
anmerkt, wornach &#x017F;ich das Volk auch aufs<lb/>
pu&#x0364;nktlich&#x017F;te richtet. Der glu&#x0364;cklich&#x017F;te Tag unter<lb/>
allen i&#x017F;t bey ihnen der Sonntag &#x2014; der abneh-<lb/>
mende Mond i&#x017F;t ungu&#x0364;n&#x017F;tiger als der zunehmen-<lb/>
de. &#x2014; Das Geheul wilder Thiere, das Ge-<lb/>
&#x017F;chrey der Affen und Hir&#x017F;che, die Begegnung<lb/>
einer Schlange mitten im Wege, der Fall eines<lb/>
Dinges, das von &#x017F;ich &#x017F;elber, ohne einige an-<lb/>
&#x017F;cheinende Ur&#x017F;ache, fa&#x0364;llt &#x2014; &#x017F;ind den Siamern<lb/>
unglu&#x0364;ckliche Vorbedeutungen. Das &#x017F;ind nun<lb/>
alles Um&#x017F;ta&#x0364;nde, die die armen Leute ganz in<lb/>
Schrecken &#x017F;etzen, und vermo&#x0364;gend &#x017F;ind, daß &#x017F;ie<lb/>
die wichtig&#x017F;ten Sachen entweder ganz aufgeben,<lb/>
oder von einem Tage zum andern ver&#x017F;chieben. &#x2014;<lb/>
Wir werden an einem andern Orte Gelegenheit<lb/>
haben, vom Aberglauben der Siamer weiter<lb/>
zu reden.</p><lb/>
          <p>Im Handel und Wandel zeigen die Siamer<lb/>
viele Offenherzigkeit und Redlichkeit; außer den-<lb/>
&#x017F;elben aber &#x017F;ind &#x017F;ie geizig, wucheri&#x017F;ch, und &#x017F;ogar<lb/>
diebi&#x017F;ch. La Loubere fu&#x0364;hrt viele Bey&#x017F;piele an,<lb/>
woraus man (wenn er auch die Sache zuweilen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0310] wenn ſie ſich betruͤgen, mit Stockſchlaͤgen be- ſtraft. Diejenigen, welche ſich in Siam auf die Sterndeuterey legen, ſtammen meiſtentheils aus Pegu, oder aus dem Lande der Bramas, her. Ohne deren Rath pflegt man nichts zu unternehmen. Der Vornehmſte von ihnen macht jaͤhrlich einen Kalender, in welchem er fleißig die gluͤcklichen und ungluͤcklichen Tage anmerkt, wornach ſich das Volk auch aufs puͤnktlichſte richtet. Der gluͤcklichſte Tag unter allen iſt bey ihnen der Sonntag — der abneh- mende Mond iſt unguͤnſtiger als der zunehmen- de. — Das Geheul wilder Thiere, das Ge- ſchrey der Affen und Hirſche, die Begegnung einer Schlange mitten im Wege, der Fall eines Dinges, das von ſich ſelber, ohne einige an- ſcheinende Urſache, faͤllt — ſind den Siamern ungluͤckliche Vorbedeutungen. Das ſind nun alles Umſtaͤnde, die die armen Leute ganz in Schrecken ſetzen, und vermoͤgend ſind, daß ſie die wichtigſten Sachen entweder ganz aufgeben, oder von einem Tage zum andern verſchieben. — Wir werden an einem andern Orte Gelegenheit haben, vom Aberglauben der Siamer weiter zu reden. Im Handel und Wandel zeigen die Siamer viele Offenherzigkeit und Redlichkeit; außer den- ſelben aber ſind ſie geizig, wucheriſch, und ſogar diebiſch. La Loubere fuͤhrt viele Beyſpiele an, woraus man (wenn er auch die Sache zuweilen zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/310
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/310>, abgerufen am 16.06.2024.