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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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können, und den Mohammedanerinnen beson-
ders, wird von Jugend auf eingeprägt, daß
es für ein erwachsenes Mädchen oder für eine
junge Wittwe gleichsam eine Schande sey, kei-
nen Mann zu haben. Man findet daher bey
ihnen keine Klöster für unverheyrathete Frauens-
personen, sondern eine jede sucht sich einen Mann.
Auch alsdann, wenn sie vom Manne gestoßen
ist, bemüht sie sich, wieder einen andern zu be-
kommen und weil die Weiber der Mohamme-
daner, in Vergleichung mit den Europäerin-
nen fast unbemerkt leben; so wird es bey ihnen
nicht so leicht beobachtet, wenn sie unter ihren
Stand heyrathen.

Daß die Polygamie oder Vielweiberey der
Vermehrung der Menschen sehr schädlich sey,
ist gar keinem Zweifel unterworfen *). Man

findet
*) Man hat seit einigen Jahrhunderten so vieles
für und wider die Polygamie geschrieben, daß
man fast eine Bibliothek besitzen würde, wenn
man diese Schriften sammeln wollte. -- Viele
haben die Zulaßung der Vielweiberey, als eine
ernstliche und nothwendige Sache angesehen;
sonderlich bemüheten sich die münsterschen Wie-
dertäufer, dieselbe unter sich einzuführen. Der-
jenige, welcher sich am meisten für die Polyga-
mie erklärt hat, ist der bekannte Johann Lyser,
in dem Buche: discursus politicus de polyga-
mia.
Das Buch machte zu seiner Zeit sehr viel
Aufsehens. Er hat auch noch eine andre Bro-
chure geschrieben, unter dem Titel: das köni-
gliche Mark aller Landen,
worinn er auf das
frech-
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koͤnnen, und den Mohammedanerinnen beſon-
ders, wird von Jugend auf eingepraͤgt, daß
es fuͤr ein erwachſenes Maͤdchen oder fuͤr eine
junge Wittwe gleichſam eine Schande ſey, kei-
nen Mann zu haben. Man findet daher bey
ihnen keine Kloͤſter fuͤr unverheyrathete Frauens-
perſonen, ſondern eine jede ſucht ſich einen Mann.
Auch alsdann, wenn ſie vom Manne geſtoßen
iſt, bemuͤht ſie ſich, wieder einen andern zu be-
kommen und weil die Weiber der Mohamme-
daner, in Vergleichung mit den Europaͤerin-
nen faſt unbemerkt leben; ſo wird es bey ihnen
nicht ſo leicht beobachtet, wenn ſie unter ihren
Stand heyrathen.

Daß die Polygamie oder Vielweiberey der
Vermehrung der Menſchen ſehr ſchaͤdlich ſey,
iſt gar keinem Zweifel unterworfen *). Man

findet
*) Man hat ſeit einigen Jahrhunderten ſo vieles
fuͤr und wider die Polygamie geſchrieben, daß
man faſt eine Bibliothek beſitzen wuͤrde, wenn
man dieſe Schriften ſammeln wollte. — Viele
haben die Zulaßung der Vielweiberey, als eine
ernſtliche und nothwendige Sache angeſehen;
ſonderlich bemuͤheten ſich die muͤnſterſchen Wie-
dertaͤufer, dieſelbe unter ſich einzufuͤhren. Der-
jenige, welcher ſich am meiſten fuͤr die Polyga-
mie erklaͤrt hat, iſt der bekannte Johann Lyſer,
in dem Buche: diſcurſus politicus de polyga-
mia.
Das Buch machte zu ſeiner Zeit ſehr viel
Aufſehens. Er hat auch noch eine andre Bro-
chure geſchrieben, unter dem Titel: das koͤni-
gliche Mark aller Landen,
worinn er auf das
frech-
O 3
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[213/0239] koͤnnen, und den Mohammedanerinnen beſon- ders, wird von Jugend auf eingepraͤgt, daß es fuͤr ein erwachſenes Maͤdchen oder fuͤr eine junge Wittwe gleichſam eine Schande ſey, kei- nen Mann zu haben. Man findet daher bey ihnen keine Kloͤſter fuͤr unverheyrathete Frauens- perſonen, ſondern eine jede ſucht ſich einen Mann. Auch alsdann, wenn ſie vom Manne geſtoßen iſt, bemuͤht ſie ſich, wieder einen andern zu be- kommen und weil die Weiber der Mohamme- daner, in Vergleichung mit den Europaͤerin- nen faſt unbemerkt leben; ſo wird es bey ihnen nicht ſo leicht beobachtet, wenn ſie unter ihren Stand heyrathen. Daß die Polygamie oder Vielweiberey der Vermehrung der Menſchen ſehr ſchaͤdlich ſey, iſt gar keinem Zweifel unterworfen *). Man findet *) Man hat ſeit einigen Jahrhunderten ſo vieles fuͤr und wider die Polygamie geſchrieben, daß man faſt eine Bibliothek beſitzen wuͤrde, wenn man dieſe Schriften ſammeln wollte. — Viele haben die Zulaßung der Vielweiberey, als eine ernſtliche und nothwendige Sache angeſehen; ſonderlich bemuͤheten ſich die muͤnſterſchen Wie- dertaͤufer, dieſelbe unter ſich einzufuͤhren. Der- jenige, welcher ſich am meiſten fuͤr die Polyga- mie erklaͤrt hat, iſt der bekannte Johann Lyſer, in dem Buche: diſcurſus politicus de polyga- mia. Das Buch machte zu ſeiner Zeit ſehr viel Aufſehens. Er hat auch noch eine andre Bro- chure geſchrieben, unter dem Titel: das koͤni- gliche Mark aller Landen, worinn er auf das frech- O 3

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/239>, abgerufen am 18.05.2024.