Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

mit diesen aus dem Evangelio entlehnten Aus-
drücken verbinde. -- Die Wunder welche er
Christo beylegt, sind fast alle aus dem apocry-
phischen Evangelio von seiner Kindheit genom-
men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo-
cryphischen Schriften, als das neue Testament.
Sich selbst erklärte er, bekanntermaßen, für
den letzten und größesten Propheten, und legt
sich Vorzüge bey, die man unmöglich für Vor-
züge eines Gesandten Gottes halten kann, wenn
man dagegen die Stimme einer auch nur etwas
gereinigten Vernunft hört. So war er, zum
Beyspiel, von allen Auflagen und Allmosen
frey, durfte sich selbst an Fasttagen der Wollust
überlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, seine
Verläumder tödten u. d. gl. m. Er hatte die
Freyheit, alle Laster zu begehen, und wenn er
sie begieng -- wurden sie Tugenden. Wahrlich
es gehört viel dazu, einen Gott zu gedenken, der
seinen Gesandten solche Vorrechte ertheilt.

Mohammeds Lehre von der Auferstehung
und dem allgemeinen Weltgericht,
ist mit
vielen jüdischen Fabeln vermischt. Die Seelen
begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit
ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe
wird von zween Engeln Moeker und Nakir
eine Untersuchung der Handlungen der Verstor-
benen angestellt. Können sie eine solche Unter-
suchung aushalten; so dürfen sie sich niederle-
gen und ruhen, und Engel leisten ihnen Gesell-
schaft. Bestehen sie aber bey einer solchen Un-

tersu-

mit dieſen aus dem Evangelio entlehnten Aus-
druͤcken verbinde. — Die Wunder welche er
Chriſto beylegt, ſind faſt alle aus dem apocry-
phiſchen Evangelio von ſeiner Kindheit genom-
men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo-
cryphiſchen Schriften, als das neue Teſtament.
Sich ſelbſt erklaͤrte er, bekanntermaßen, fuͤr
den letzten und groͤßeſten Propheten, und legt
ſich Vorzuͤge bey, die man unmoͤglich fuͤr Vor-
zuͤge eines Geſandten Gottes halten kann, wenn
man dagegen die Stimme einer auch nur etwas
gereinigten Vernunft hoͤrt. So war er, zum
Beyſpiel, von allen Auflagen und Allmoſen
frey, durfte ſich ſelbſt an Faſttagen der Wolluſt
uͤberlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, ſeine
Verlaͤumder toͤdten u. d. gl. m. Er hatte die
Freyheit, alle Laſter zu begehen, und wenn er
ſie begieng — wurden ſie Tugenden. Wahrlich
es gehoͤrt viel dazu, einen Gott zu gedenken, der
ſeinen Geſandten ſolche Vorrechte ertheilt.

Mohammeds Lehre von der Auferſtehung
und dem allgemeinen Weltgericht,
iſt mit
vielen juͤdiſchen Fabeln vermiſcht. Die Seelen
begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit
ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe
wird von zween Engeln Moeker und Nakir
eine Unterſuchung der Handlungen der Verſtor-
benen angeſtellt. Koͤnnen ſie eine ſolche Unter-
ſuchung aushalten; ſo duͤrfen ſie ſich niederle-
gen und ruhen, und Engel leiſten ihnen Geſell-
ſchaft. Beſtehen ſie aber bey einer ſolchen Un-

terſu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0183" n="157"/>
mit die&#x017F;en aus dem Evangelio entlehnten Aus-<lb/>
dru&#x0364;cken verbinde. &#x2014; Die Wunder welche er<lb/>
Chri&#x017F;to beylegt, &#x017F;ind fa&#x017F;t alle aus dem apocry-<lb/>
phi&#x017F;chen Evangelio von &#x017F;einer Kindheit genom-<lb/>
men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo-<lb/>
cryphi&#x017F;chen Schriften, als das neue Te&#x017F;tament.<lb/>
Sich &#x017F;elb&#x017F;t erkla&#x0364;rte er, bekanntermaßen, fu&#x0364;r<lb/>
den letzten und gro&#x0364;ße&#x017F;ten Propheten, und legt<lb/>
&#x017F;ich Vorzu&#x0364;ge bey, die man unmo&#x0364;glich fu&#x0364;r Vor-<lb/>
zu&#x0364;ge eines Ge&#x017F;andten Gottes halten kann, wenn<lb/>
man dagegen die Stimme einer auch nur etwas<lb/>
gereinigten Vernunft ho&#x0364;rt. So war er, zum<lb/>
Bey&#x017F;piel, von allen Auflagen und Allmo&#x017F;en<lb/>
frey, durfte &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t an Fa&#x017F;ttagen der Wollu&#x017F;t<lb/>
u&#x0364;berlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, &#x017F;eine<lb/>
Verla&#x0364;umder to&#x0364;dten u. d. gl. m. Er hatte die<lb/>
Freyheit, alle La&#x017F;ter zu begehen, und wenn er<lb/>
&#x017F;ie begieng &#x2014; wurden &#x017F;ie Tugenden. Wahrlich<lb/>
es geho&#x0364;rt viel dazu, einen Gott zu gedenken, der<lb/>
&#x017F;einen Ge&#x017F;andten &#x017F;olche Vorrechte ertheilt.</p><lb/>
          <p>Mohammeds Lehre von der <hi rendition="#fr">Aufer&#x017F;tehung<lb/>
und dem allgemeinen Weltgericht,</hi> i&#x017F;t mit<lb/>
vielen ju&#x0364;di&#x017F;chen Fabeln vermi&#x017F;cht. Die Seelen<lb/>
begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit<lb/>
ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe<lb/>
wird von zween Engeln <hi rendition="#fr">Moeker</hi> und <hi rendition="#fr">Nakir</hi><lb/>
eine Unter&#x017F;uchung der Handlungen der Ver&#x017F;tor-<lb/>
benen ange&#x017F;tellt. Ko&#x0364;nnen &#x017F;ie eine &#x017F;olche Unter-<lb/>
&#x017F;uchung aushalten; &#x017F;o du&#x0364;rfen &#x017F;ie &#x017F;ich niederle-<lb/>
gen und ruhen, und Engel lei&#x017F;ten ihnen Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft. Be&#x017F;tehen &#x017F;ie aber bey einer &#x017F;olchen Un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ter&#x017F;u-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0183] mit dieſen aus dem Evangelio entlehnten Aus- druͤcken verbinde. — Die Wunder welche er Chriſto beylegt, ſind faſt alle aus dem apocry- phiſchen Evangelio von ſeiner Kindheit genom- men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo- cryphiſchen Schriften, als das neue Teſtament. Sich ſelbſt erklaͤrte er, bekanntermaßen, fuͤr den letzten und groͤßeſten Propheten, und legt ſich Vorzuͤge bey, die man unmoͤglich fuͤr Vor- zuͤge eines Geſandten Gottes halten kann, wenn man dagegen die Stimme einer auch nur etwas gereinigten Vernunft hoͤrt. So war er, zum Beyſpiel, von allen Auflagen und Allmoſen frey, durfte ſich ſelbſt an Faſttagen der Wolluſt uͤberlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, ſeine Verlaͤumder toͤdten u. d. gl. m. Er hatte die Freyheit, alle Laſter zu begehen, und wenn er ſie begieng — wurden ſie Tugenden. Wahrlich es gehoͤrt viel dazu, einen Gott zu gedenken, der ſeinen Geſandten ſolche Vorrechte ertheilt. Mohammeds Lehre von der Auferſtehung und dem allgemeinen Weltgericht, iſt mit vielen juͤdiſchen Fabeln vermiſcht. Die Seelen begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe wird von zween Engeln Moeker und Nakir eine Unterſuchung der Handlungen der Verſtor- benen angeſtellt. Koͤnnen ſie eine ſolche Unter- ſuchung aushalten; ſo duͤrfen ſie ſich niederle- gen und ruhen, und Engel leiſten ihnen Geſell- ſchaft. Beſtehen ſie aber bey einer ſolchen Un- terſu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/183
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/183>, abgerufen am 23.11.2024.