wie ihre Religionsverwandten anreden. Er hat sie selbst einigemal mit den Worten: Sa- lam aleikum gegrüßt, und erhielt bisweilen dieselbige Antwort. Endlich bemerkte er in Na- tolien, daß die Christen selbst vielleicht mit Ur- sache davon sind, warum die Mohammedaner ihnen nicht eben so, wie ihren eignen Glaubens- genossen, danken. Denn die griechischen Kauf- leute scheinen es nicht gerne zu sehen, daß man die Mohammedaner als einen Mohammedaner grüßt.
Wenn sich bekannte Araber in der Wüste des Berges Sinai, oder auf dem Wege in Egypten antreffen; so geben sie sich wohl sechs bis zehn mal die Hände. Jeder küßet seine eigne Hand, und wiederholt immer die Fragen: Wie befindest du dich? u. s. w. Die Ara- ber in Jemen, welche für Leute, die Lebensart haben, wollen gehalten seyn, machen bey ihren Zusammenkünften nicht weniger Komplimente. Ein jeder stellt sich nemlich, als wenn er dem andern die Hand küßen wollte, und jeder zieht die Hand zurück, als wenn er diese Ehrenbe- zeigungen von dem andern nicht annehmen will. Damit nun aber der Streit nicht zu lange dau- re; so erlaubt die vornehmste oder älteste Person gemeiniglich, nach einigen Zucken mit der Schulter und mit der Hand, daß die andre ihre Finger küssen möge. Vornehme Araber umarmen ih- res Gleichen bey den Zusammenkünften, und berühren sich mit den Backen. Kurz, die Ara-
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wie ihre Religionsverwandten anreden. Er hat ſie ſelbſt einigemal mit den Worten: Sa- lâm aleikum gegruͤßt, und erhielt bisweilen dieſelbige Antwort. Endlich bemerkte er in Na- tolien, daß die Chriſten ſelbſt vielleicht mit Ur- ſache davon ſind, warum die Mohammedaner ihnen nicht eben ſo, wie ihren eignen Glaubens- genoſſen, danken. Denn die griechiſchen Kauf- leute ſcheinen es nicht gerne zu ſehen, daß man die Mohammedaner als einen Mohammedaner gruͤßt.
Wenn ſich bekannte Araber in der Wuͤſte des Berges Sinai, oder auf dem Wege in Egypten antreffen; ſo geben ſie ſich wohl ſechs bis zehn mal die Haͤnde. Jeder kuͤßet ſeine eigne Hand, und wiederholt immer die Fragen: Wie befindeſt du dich? u. ſ. w. Die Ara- ber in Jemen, welche fuͤr Leute, die Lebensart haben, wollen gehalten ſeyn, machen bey ihren Zuſammenkuͤnften nicht weniger Komplimente. Ein jeder ſtellt ſich nemlich, als wenn er dem andern die Hand kuͤßen wollte, und jeder zieht die Hand zuruͤck, als wenn er dieſe Ehrenbe- zeigungen von dem andern nicht annehmen will. Damit nun aber der Streit nicht zu lange dau- re; ſo erlaubt die vornehmſte oder aͤlteſte Perſon gemeiniglich, nach einigen Zucken mit der Schulter und mit der Hand, daß die andre ihre Finger kuͤſſen moͤge. Vornehme Araber umarmen ih- res Gleichen bey den Zuſammenkuͤnften, und beruͤhren ſich mit den Backen. Kurz, die Ara-
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wie ihre Religionsverwandten anreden. Er
hat ſie ſelbſt einigemal mit den Worten: Sa-
lâm aleikum gegruͤßt, und erhielt bisweilen
dieſelbige Antwort. Endlich bemerkte er in Na-
tolien, daß die Chriſten ſelbſt vielleicht mit Ur-
ſache davon ſind, warum die Mohammedaner
ihnen nicht eben ſo, wie ihren eignen Glaubens-
genoſſen, danken. Denn die griechiſchen Kauf-
leute ſcheinen es nicht gerne zu ſehen, daß man
die Mohammedaner als einen Mohammedaner
gruͤßt.
Wenn ſich bekannte Araber in der Wuͤſte
des Berges Sinai, oder auf dem Wege in
Egypten antreffen; ſo geben ſie ſich wohl ſechs
bis zehn mal die Haͤnde. Jeder kuͤßet ſeine
eigne Hand, und wiederholt immer die Fragen:
Wie befindeſt du dich? u. ſ. w. Die Ara-
ber in Jemen, welche fuͤr Leute, die Lebensart
haben, wollen gehalten ſeyn, machen bey ihren
Zuſammenkuͤnften nicht weniger Komplimente.
Ein jeder ſtellt ſich nemlich, als wenn er dem
andern die Hand kuͤßen wollte, und jeder zieht
die Hand zuruͤck, als wenn er dieſe Ehrenbe-
zeigungen von dem andern nicht annehmen will.
Damit nun aber der Streit nicht zu lange dau-
re; ſo erlaubt die vornehmſte oder aͤlteſte Perſon
gemeiniglich, nach einigen Zucken mit der Schulter
und mit der Hand, daß die andre ihre Finger
kuͤſſen moͤge. Vornehme Araber umarmen ih-
res Gleichen bey den Zuſammenkuͤnften, und
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/161>, abgerufen am 23.11.2024.
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