Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil zu nchmen. Und wenn gleich die meisten
höflich danken, so theilen sie doch mit freudiger
Mine das Wenige, was sie an Brod und Dat-
teln haben, demjenigen mit, der es annehmen
will *). Es ist deswegen sehr befremdend,

wenn
*) Die Gastfreyheit, welche die Araber mit dem
beßten Herzen, mit Begierde und Zärtlichkeit
gegen Fremde, die zu ihnen kommen, ausüben:
kann mit Nichts verglichen werden.
Wenn ein Fremder in ihr Lager kommt, insonder-
heit, wenn ihn jemand von ihrer Nation dahin
bringt, wird er unter einem Zelte empfangen,
wo er eine Decke findet, sich niederzusetzen und
auszuruhen: denn beßre und beguemere Meub-
len haben sie nicht. Nach einer Menge Freu-
densbezeugungen über seine Ankunft, fragen sie
ihn von Zeit zu Zeit, wie er sich befinde, reichen
ihm Taback und Kaffee, und unterhalten ihn so
gut, als sie können. Indessen fertigen die Wei-
ber das Essen an, um ihn zu tractiren. Andre be-
schäftigen sich mit der Wartung der Pferde, mit
Verwahrung des Gepäcks, und mit Herbeischaf-
fung alles dessen, was der Fremde, seine Ge-
sellschaft und seine Bedienten gebrauchen. Wenn
das Essen aufgetragen ist, nimmt jeder seinen
Platz, und die mit Reis, Suppe und Fleisch,
nach ihrer Art zugerichteten Schüsseln werden
aufgetragen: während dem Essen aber redet
Niemand. Nach der Mahlzeit bringt man
Kaffee und Taback, und die Unterredung dauert
so lange, bis sie anfangen schläfrig zu werden.
Alsdann geht jeder weg, und man läßt dem
Fremden völlige Freyheit. -- Wenn der Frem-
de wieder fortreisen will, bedankt er sich, ohne
viele
J 3

Theil zu nchmen. Und wenn gleich die meiſten
hoͤflich danken, ſo theilen ſie doch mit freudiger
Mine das Wenige, was ſie an Brod und Dat-
teln haben, demjenigen mit, der es annehmen
will *). Es iſt deswegen ſehr befremdend,

wenn
*) Die Gaſtfreyheit, welche die Araber mit dem
beßten Herzen, mit Begierde und Zaͤrtlichkeit
gegen Fremde, die zu ihnen kommen, ausuͤben:
kann mit Nichts verglichen werden.
Wenn ein Fremder in ihr Lager kommt, inſonder-
heit, wenn ihn jemand von ihrer Nation dahin
bringt, wird er unter einem Zelte empfangen,
wo er eine Decke findet, ſich niederzuſetzen und
auszuruhen: denn beßre und beguemere Meub-
len haben ſie nicht. Nach einer Menge Freu-
densbezeugungen uͤber ſeine Ankunft, fragen ſie
ihn von Zeit zu Zeit, wie er ſich befinde, reichen
ihm Taback und Kaffee, und unterhalten ihn ſo
gut, als ſie koͤnnen. Indeſſen fertigen die Wei-
ber das Eſſen an, um ihn zu tractiren. Andre be-
ſchaͤftigen ſich mit der Wartung der Pferde, mit
Verwahrung des Gepaͤcks, und mit Herbeiſchaf-
fung alles deſſen, was der Fremde, ſeine Ge-
ſellſchaft und ſeine Bedienten gebrauchen. Wenn
das Eſſen aufgetragen iſt, nimmt jeder ſeinen
Platz, und die mit Reis, Suppe und Fleiſch,
nach ihrer Art zugerichteten Schuͤſſeln werden
aufgetragen: waͤhrend dem Eſſen aber redet
Niemand. Nach der Mahlzeit bringt man
Kaffee und Taback, und die Unterredung dauert
ſo lange, bis ſie anfangen ſchlaͤfrig zu werden.
Alsdann geht jeder weg, und man laͤßt dem
Fremden voͤllige Freyheit. — Wenn der Frem-
de wieder fortreiſen will, bedankt er ſich, ohne
viele
J 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0159" n="133"/>
Theil zu nchmen. Und wenn gleich die mei&#x017F;ten<lb/>
ho&#x0364;flich danken, &#x017F;o theilen &#x017F;ie doch mit freudiger<lb/>
Mine das Wenige, was &#x017F;ie an Brod und Dat-<lb/>
teln haben, demjenigen mit, der es annehmen<lb/>
will <note xml:id="note-0159" next="note-0160" place="foot" n="*)">Die Ga&#x017F;tfreyheit, welche die Araber mit dem<lb/>
beßten Herzen, mit Begierde und Za&#x0364;rtlichkeit<lb/>
gegen Fremde, die zu ihnen kommen, ausu&#x0364;ben:<lb/>
kann mit Nichts verglichen werden.<lb/>
Wenn ein Fremder in ihr Lager kommt, in&#x017F;onder-<lb/>
heit, wenn ihn jemand von ihrer Nation dahin<lb/>
bringt, wird er unter einem Zelte empfangen,<lb/>
wo er eine Decke findet, &#x017F;ich niederzu&#x017F;etzen und<lb/>
auszuruhen: denn beßre und beguemere Meub-<lb/>
len haben &#x017F;ie nicht. Nach einer Menge Freu-<lb/>
densbezeugungen u&#x0364;ber &#x017F;eine Ankunft, fragen &#x017F;ie<lb/>
ihn von Zeit zu Zeit, wie er &#x017F;ich befinde, reichen<lb/>
ihm Taback und Kaffee, und unterhalten ihn &#x017F;o<lb/>
gut, als &#x017F;ie ko&#x0364;nnen. Inde&#x017F;&#x017F;en fertigen die Wei-<lb/>
ber das E&#x017F;&#x017F;en an, um ihn zu tractiren. Andre be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ftigen &#x017F;ich mit der Wartung der Pferde, mit<lb/>
Verwahrung des Gepa&#x0364;cks, und mit Herbei&#x017F;chaf-<lb/>
fung alles de&#x017F;&#x017F;en, was der Fremde, &#x017F;eine Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft und &#x017F;eine Bedienten gebrauchen. Wenn<lb/>
das E&#x017F;&#x017F;en aufgetragen i&#x017F;t, nimmt jeder &#x017F;einen<lb/>
Platz, und die mit Reis, Suppe und Flei&#x017F;ch,<lb/>
nach ihrer Art zugerichteten Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln werden<lb/>
aufgetragen: wa&#x0364;hrend dem E&#x017F;&#x017F;en aber redet<lb/>
Niemand. Nach der Mahlzeit bringt man<lb/>
Kaffee und Taback, und die Unterredung dauert<lb/>
&#x017F;o lange, bis &#x017F;ie anfangen &#x017F;chla&#x0364;frig zu werden.<lb/>
Alsdann geht jeder weg, und man la&#x0364;ßt dem<lb/>
Fremden vo&#x0364;llige Freyheit. &#x2014; Wenn der Frem-<lb/>
de wieder fortrei&#x017F;en will, bedankt er &#x017F;ich, ohne<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">viele</fw></note>. Es i&#x017F;t deswegen &#x017F;ehr befremdend,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0159] Theil zu nchmen. Und wenn gleich die meiſten hoͤflich danken, ſo theilen ſie doch mit freudiger Mine das Wenige, was ſie an Brod und Dat- teln haben, demjenigen mit, der es annehmen will *). Es iſt deswegen ſehr befremdend, wenn *) Die Gaſtfreyheit, welche die Araber mit dem beßten Herzen, mit Begierde und Zaͤrtlichkeit gegen Fremde, die zu ihnen kommen, ausuͤben: kann mit Nichts verglichen werden. Wenn ein Fremder in ihr Lager kommt, inſonder- heit, wenn ihn jemand von ihrer Nation dahin bringt, wird er unter einem Zelte empfangen, wo er eine Decke findet, ſich niederzuſetzen und auszuruhen: denn beßre und beguemere Meub- len haben ſie nicht. Nach einer Menge Freu- densbezeugungen uͤber ſeine Ankunft, fragen ſie ihn von Zeit zu Zeit, wie er ſich befinde, reichen ihm Taback und Kaffee, und unterhalten ihn ſo gut, als ſie koͤnnen. Indeſſen fertigen die Wei- ber das Eſſen an, um ihn zu tractiren. Andre be- ſchaͤftigen ſich mit der Wartung der Pferde, mit Verwahrung des Gepaͤcks, und mit Herbeiſchaf- fung alles deſſen, was der Fremde, ſeine Ge- ſellſchaft und ſeine Bedienten gebrauchen. Wenn das Eſſen aufgetragen iſt, nimmt jeder ſeinen Platz, und die mit Reis, Suppe und Fleiſch, nach ihrer Art zugerichteten Schuͤſſeln werden aufgetragen: waͤhrend dem Eſſen aber redet Niemand. Nach der Mahlzeit bringt man Kaffee und Taback, und die Unterredung dauert ſo lange, bis ſie anfangen ſchlaͤfrig zu werden. Alsdann geht jeder weg, und man laͤßt dem Fremden voͤllige Freyheit. — Wenn der Frem- de wieder fortreiſen will, bedankt er ſich, ohne viele J 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/159
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/159>, abgerufen am 18.05.2024.